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Expansion nach UK und USA: Unternehmen vor Ort gründen?

Frage

Wir sind eine deutsche GmbH. Unser Ziel ist es, in UK und USA weitere Geschäftsfelder zu entwickeln. Aus Marketinggesichtspunkten soll nicht erkennbar sein, dass der „echte" Firmensitz in Deutschland ist. Nun ergeben sich folgende Fragen: 1. Müssen wir in USA und UK ein Unternehmen gründen, um dort „inländische" Aufträge erhalten zu können? 2. Können wir Rechnungen von „Max Muster, NY" an die Auftraggeber stellen, ohne dort einen gemeldeten Wohnsitz, Steuernummer etc. zu haben? 3. Ist es möglich mit unserer deutschen GmbH Rechnungen nach USA und UK zu stellen? 4. Unter Berücksichtigung welcher Gesichtspunkte? 5. Was müssen wir sonst noch beachten?

Antwort

zur Frage 1:
USA:
Um im B2B-Bereich und B2C-Bereich Aufträge aus den USA zu erhalten bzw. um in den USA eine Geschäftstätigkeit auszuüben ist die Gründung einer US-Gesellschaftsform nicht erforderlich. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu beachten, dass der Schritt ins Ausland und die Firmengründung vor Ort einem Unternehmen jedoch viele Chancen und Möglichkeiten eröffnen. Eigene Vertriebsstrukturen in den USA bieten erfahrungsgemäß eine höhere Gewähr für die Etablierung am wettbewerbsintensiven US-Markt, als die Exporttätigkeit mittels eines unabhängigen Importeurs oder Handelsvertreters. Ein Sitz in den USA signalisiert dortigen Kunden und Geschäftspartnern die Beständigkeit sowie Ernsthaftigkeit der unternehmerischen Tätigkeit. Daher wird durch die Firmengründung die Vertrauensbasis gestärkt und das Image der Produkte bzw. Dienstleistungen verbessert. Gebräuchliche Rechtsformen für Unternehmen in den Vereinigten Staaten sind die General Partnership, Limited Partnership, die Corporation und Limited Liability Company. Ein bundeseinheitliches Handels- oder Gesellschaftsrecht existiert in den USA nicht. Jeder Bundesstaat hat hiernach gesonderte Regelungen für Personen- und Kapitalgesellschaften.

Da Markt- und Kundennähe für den US-Markteinstieg unerlässlich sind. Stellt unter anderem die AHK New York im Rahmen ihres Geschäftspräsenz-Services deutschen Unternehmen daher "virtuelle Büros" (Virtuelle Geschäftsadresse USA) in New York City zur Verfügung. Weitere Informationen hierzu finden Sie auf der Webseite der German American Chambers of Commerce.

UK:
Nein, Auftragsakquise ist auch aus dem Ausland möglich, und natürlich auch im Inland, aber durch eine ausländische Firma. Vom Grundsatz her wird sich daran auch nach dem Brexit nichts ändern. Häufig wird es allerdings unternehmerisch die bessere Entscheidung sein, eine Tochtergesellschaft zu gründen. Dies wird in aller Regel dann eine Private Company Limited by Shares (Ltd.) sein. Weitere Informationen zu dieser Gesellschaftsform finden Sie im Länderbericht Großbritannien aus der Reihe „Recht kompakt“ von Germany Trade & Invest.

Zur Frage 2:
Die Rechnungstellung durch - wenn wir Ihre Anfrage richtig verstehen - einen Strohmann im Zielland begegnet einer Reihe von Bedenken und ist daher nicht empfehlenswert.

Fragen 3 und 4:

USA:
In Bezug auf die etwaige Rechnungsstellung an einen US-Auftraggeber sind insbesondere steuerliche Aspekte zu berücksichtigen. Eine bundeseinheitliche Umsatzsteuer existiert in den USA nicht. Stattdessen erheben die einzelnen Bundesstaaten eine sogenannte Sales and Use Tax, deren Höhe zwischen den Bundesstaaten erheblich variiert. Normalerweise betrifft die Sales Tax den Verkauf von materiellen Gütern. In vielen Bundesstaaten unterliegt auch die Erbringung von Dienstleistungen und der Verkauf von Software dieser Steuer. Die Steuer wird in der Regel dem Endverbraucher der steuerpflichtigen Güter oder Dienstleistungen auferlegt. Allerdings muss ein Verkäufer, dessen Präsenz im Bundesstaat zu einer Steuerpflicht führt beziehungsweise für den ein Nexus vorliegt, in dem jeweiligen Bundesstaat die Steuer beim Verkauf einbehalten und diese an die US-Finanzbehörde abführen.

Vor dem Urteil des Obersten Gerichtshofs der USA im Fall South Dakota vs. Wayfair (Urteil vom 21. Juni 2018) musste ein Unternehmen eine physische Präsenz, beispielsweise durch die Unterhaltung von Büros oder eines Mitarbeiters in dem jeweiligen Bundesstaat, aufweisen, um einen Nexus zu begründen, um von der Sales Tax-Steuerpflicht betroffen zu sein. Der Rechtsstreit Wayfair hat die physische Präsenz als Kriterium für das Vorliegen eines Nexus beseitigt. In seiner Entscheidung kam der US Supreme Court zum dem Schluss, dass es für einen Bundesstaat angebracht sei, die „wirtschaftliche Präsenz“ (Economic Nexus) als neuen Maßstab für einen Nexus einzuführen, wie zum Beispiel der Bundesstaat South Dakota, der Tätigkeiten von Unternehmen, die eine jährliche Verkaufsschwelle von 100.000 US-Dollar oder 200 separate Transaktionen pro Jahr in einem Bundesstaat überschreiten, als Nexus einstufte.

Die Großzahl der Bundesstaaten sind diesem Urteil in ihrer steuerlichen Gesetzgebung bereits gefolgt, wobei die Umsatzkriterien beziehungsweise das Geschäftsvolumen von Staat zu Staat unterschiedlich sind. Jedes ausländische Unternehmen, das Güter in die USA verkauft oder Dienstleistungen in den USA erbringt, kann hiervon betroffen sein.

Weitere allgemeine Informationen zum Steuerrecht in den USA finden Sie in den GTAI-Rechtsberichten: (1) Grundlagen des US-amerikanischen Steuerrechts, (2) Besteuerung auf US-Bundesebene, (3) Besteuerung in den US-Bundesstaaten.

UK:
Es ist möglich, als deutsche Firma eine Rechnung an einen britischen Auftraggeber zu stellen. Wegen der zu beachtenden Formalitäten kommt es insbesondere auf die Umsatzsteuerthematik an. Das Vereinigte Königreich ist noch Mitglied der EU. Dadurch gelten Vereinfachungen. So ist es zum Beispiel vorgesehen, dass die Umsatzsteuerschuld bei Dienstleistungen im Regelfall beim Leistungsempfänger liegt. Die Rechnung muss dann einen entsprechenden Vermerk enthalten, außerdem die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern beider Vertragsparteien, also des Erbringers der Dienstleistung sowie des Leistungsempfängers. Dass diese Regelung nach dem Brexit fortgilt, ist äußerst unwahrscheinlich. Über die Folgeregelungen ist noch nichts Belastbares bekannt. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es aber vom Grundsatz her auch künftig möglich sein, als deutsche Firma eine Rechnung an einen britischen Vertragspartner zu stellen.

Frage 5:
Hinsichtlich dessen möchten wir Sie gerne auf die GTAI-Länderberichte „Recht kompakt USA und „Dienstleistungen erbringen in den USA aufmerksam machen, diese bieten Ihnen einen Überblick über relevante Rechtsthemen bei einem Auslandsengagement. Für das Vereinigte Königreich gibt es zusätzlich zu dem bereits weiter oben verlinkten „Recht kompakt“ ebenfalls eine Publikation aus der Reihe „Dienstleistungen erbringen in ...“.

Quelle: Germany Trade and Invest
Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH
www.gtai.de
August 2020

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