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Import von Handelsware aus Nicht-EU-Land?

Frage

Wenn ein Hersteller eine Handelsware bereits in Deutschland anbietet, ich jedoch diese Handelsware aus einem Nicht-EU-Land von diesem Hersteller nach Deutschland importiere - gelte ich dann auch als Hersteller des Produktes, da ich es aus einem Nicht-EU-Land eingeführt habe?

Antwort

Ihre Frage zu der von Ihnen überlegten internationalen Handelstätigkeit kann so abstrakt nicht beantwortet werden; es kommt immer auf den Einzelfall an. Daher kann ich nur erste allgemeine Orientierungen und Empfehlungen geben:
Eine Herstellerin oder ein Hersteller, der in verschiedene Wirtschaftsräume und Länder seine Produkte verkauft, passt die Produkte jeweils den Gesetzen im Absatzgebiet, für das die Ware bestimmt ist, an. Dies kann sowohl die Konstruktion der Ware betreffen als auch Materialen als auch Zubehör als auch die Verwendbarkeit im entsprechenden Absatzgebiet als auch die beigefügten Sicherheitsinformationen, Betriebsanleitungen und Gebrauchsanweisungen, um nur einige erste Aspekte zu benennen, die eine Rolle spielen können. Gesetzlich vorgeschriebene Produkt-Sondergenehmigungen und Sonderprüfungen im Absatzland, die gegebenenfalls je nach Produktart dazu kommen können, sind ebenfalls zu bedenken.

Wenn die Herstellerin oder wenn der Hersteller nun ein Produkt hergestellt hat und für ein Nicht-EU-Land bestimmt hat und Sie kaufen die Ware im Nicht-EU-Land, handelt es sich um ein Produkt, das möglicherweise nicht allen Sicherheitsvorschriften und gesetzlichen Bestimmungen des Landes, in dem Sie das Produkt an Endkunden verkaufen wollen, mutmaßlich z.B. Deutschland, entsprechen kann. Somit kann, wenn alle Voraussetzungen dafür vorliegen, was auf den Einzelfall ankommt, eine Importeur-Haftung im Sinne von § 4 Absatz 2 des Produkthaftungsgesetzes in Betracht kommen. Für das Einführen von nicht für den deutschen Markt bestimmter und dafür zugelassener Produkte kann der Hersteller dann nichts, weil er die Ware korrekt für das Absatzgebiet für den Verkauf hergestellt hat. Das Produkthaftungsgesetz enthält in § 5 des Produkthaftungsgesetzes die Bestimmung zum Verbraucherschutz, dass bei solchen Verhältnissen mehrere Verantwortliche gesamtschuldnerisch haften, also je nach der konkreten Einzelfallsituation dann beispielsweise die Importeurin oder beispielsweise der Importeur und die Herstellerin oder der Hersteller gemeinsam, wobei die Haftungsanteile im Innenverhältnis dann nach dem Umfang der Verantwortung für den konkreten Einzelschaden zu verteilen sind.

Für die Ware, die die Herstellerin oder die der Hersteller für Deutschland bestimmt und an die deutschen gesetzlichen Bestimmungen angepasst hat, und die Herstellerin oder die der Hersteller selbst per Direktabsatz oder über sein Händlernetz in Deutschland verkauft, ist die Herstellerin bzw. der Hersteller verantwortlich.

Wenn Sie nun gewerblich ein Produkt einer Herstellerin oder ein Produkt eines Herstellers als Händlerin oder als Händler in Deutschland verkaufen möchten, nehmen Sie am besten erst einmal mit der Herstellerin oder mit dem Hersteller Kontakt auf, um sicherzustellen, dass Sie nicht Ware nach Deutschland einführen wollen, die gar nicht für den deutschen Markt bestimmt und zugelassen ist, und sorgen Sie dafür, dass Sie berechtigt sind, seine Neuware in Deutschland zu verkaufen. Üblich ist der Abschluss einer Vertriebsvereinbarung, in der auch die Preise und das Marketing geregelt werden.

Wenn Sie zum Absatz von Neuware der Herstellerin oder zum Absatz von Neuware des Herstellers berechtigt sind, können Sie mit der Herstellerin oder mit dem Hersteller vertragliche Vereinbarungen treffen, wie mit Mängelgewährleistungsansprüchen, Lieferverzugsansprüchen und auch Schadensersatzansprüchen für Schäden an Leib und Leben umgegangen werden wird. Ideal ist es, wenn die Herstellerin bzw. der Hersteller Sie als reinen Händler von solchen Ansprüchen freistellt, also alle Tätigkeiten und Kosten übernimmt. Hierzu werden in der Praxis Händlerverträge und/oder Liefervereinbarungen abgeschlossen, in denen alle Einzelheiten genau geregelt werden.

Sofern Sie die Ware von einer Herstellerin oder einem Hersteller nicht unverändert weiterverkaufen, weil Sie dazu berechtigt sind, sondern sich selbst als Hersteller der Ware einer anderen Herstellerin oder eines anderen Herstellers ausgeben, indem Sie zum Beispiel die Ware umverpacken und mit Ihrem Logo und dem Namen Ihres Geschäftsbetriebs versehen, können schwere Rechtsverletzungen vorliegen. Auch wird dann die Quasi-Herstellerin-Haftung bzw. Quasi-Hersteller-Haftung im Sinne von § 4 Absatz 3 des Produkthaftungsgesetzes zum Tragen kommen.

Sowohl als Importeurin und auch als Importeur als auch als Quasi-Herstellerin und auch als Quasi-Hersteller ist eine Händlerin oder ein Händler für die Pflichten nach dem Produkthaftungsgesetz wie auch die Herstellerin und der Hersteller mitverantwortlich. Das bedeutet, dass Sie - wenn Sie Importeur oder Quasi-Hersteller im Sinne des Produkthaftungsgesetzes sind - sich damit befassen müssen, ob die Konstruktion sicher ist und keine Gefahr für die Erwerbenden von dem Produkt ausgeht, dass kein Fabrikationsfehler vorliegt, dass die Bedienungsanleitung richtig, vollständig und in allen erforderlichen Sprachen verfasst ist und dass auch bei naheliegendem Missbrauch oder Fehlgebrauch der Ware keine Gefahr für die Kundinnen und keine Gefahr für die Kunden ausgeht. Auch besteht die Pflicht zur Produktbeobachtung und zum Rückruf bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen.

Um sicherzugehen, dass Sie keine Rechte der Herstellerin und keine Rechte des Herstellers verletzen, dass die konkret im Nicht-EU-Raum eingekaufte Ware in der EU bzw. in Deutschland zugelassen ist und von Ihnen abgesetzt werden darf und um sicherzugehen, dass auch alle Pflichten nach dem Produkthaftungsgesetz und alle weiteren gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden, lassen Sie sich am besten in einer auf Handels- und Vertriebsrecht spezialisierten Kanzlei konkret zu den von Ihnen beabsichtigten internationalen Handelsgeschäften beraten.

Quelle:
Dr. Babette Gäbhard
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Mitglied der Rechtsanwaltskammer München

Stand:
Oktober 2020

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