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Wohnsitz in Frankreich – Arbeitsstelle in Deutschland: nebenberuflich Onlinehandel betreiben?

Frage

Was muss ich tun, wenn ich über eine Internetplattform Anleitungen für z.B. gehäkelte Tücher verkaufen möchte. Steuerlich ansässig bin ich als anderweitig Angestellte in Frankreich (Grenzgängerin mit Arbeitsstelle in Deutschland). Ich bin bei der „VG Bild und Kunst" als Künstlerin angemeldet. Was muss ich wie und wo versteuern und muss ich mich noch irgendwo anmelden? Was man tun muss, wenn der Wohnsitz und Steuersitz in Frankreich ist und die künstlerische Tätigkeit auch von dort ausgeübt wird?

Antwort

Wenn Sie sich in Frankreich allein unternehmerisch betätigen möchten, können Sie ein Einzelunternehmen (entreprise individuelle) oder eine Ein-Mann-Gesellschaft gründen. Die Besteuerung ist abhängig von Ihrer Auswahl. Als Gesellschaftstypen kommen die folgenden Formen in Betracht:

  • Einmann-Gesellschaft mit beschränkter Haftung (entreprise unipersonnelle à responsabilité limitée, kurz: EURL); Das deutsche Gegenstück ist die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit nur einem Gesellschafter.
  • Einmann-Aktiengesellschaft mit vereinfachter Gründung (société par actions simplifiée unipersonnelle, kurz: SASU);

(Darüber hinaus existieren besondere Gesellschaftsformen für Freiberufler.)

Das Einzelunternehmen (entreprise individuelle) kann unterschiedlich ausgestaltet sein. Bei der klassischen Form des Einzelunternehmers (entrepreneur individuel), haftet der Unternehmer persönlich und unbeschränkt mit seinem gesamten privaten Vermögen für Verpflichtungen aus der Geschäftstätigkeit. Möchte er allein mit seinem Betriebsvermögen haften, steht ihm das Einzelunternehmers mit beschränkter Haftung (entreprise individuelle à responsabilité limitée, kurz: EIRL) zur Verfügung. Der Einzelunternehmer kann unter bestimmten Voraussetzungen den Status des Kleinstunternehmers annehmen und damit in den Genuss von steuerrechtlichen, sozialrechtlichen und administrativen Vereinfachungen kommen. Der Typ des Kleinunternehmers wurde 2008 im Rahmen eines Gesetzes zur Modernisierung unter dem Begriff „Auto-entrepreneur“ eingeführt und ist seit einer Gesetzesänderung in 2014 als „Micro-entrepreneur“ bekannt.

Der Kleinstunternehmer unterliegt als Einzelunternehmen der Einkommensteuer und muss in der jeweiligen Einkunftsart sein Einkommen deklarieren, z.B. Gewinne aus Handel und Gewerbe in der Kategorie „les bénéfices industriels et commerciaux (BIC) und nicht gewerbliche Gewinne in der Kategorie „les bénéfices non commerciaux“ (BNC). Die Einkünfte der Freiberufler und Selbstständigen gehören der Kategorie der nicht gewerblichen Gewinne („les bénéfices non-commerciaux“ - BNC) an. Das bedeutet, dass zwischen Umsatz des Kleinstunternehmens und Vergütung des freiberuflich tätigen Unternehmers nicht unterschieden wird. Der Jahresumsatz des Kleinstunternehmers darf bestimmte Schwellenwerte nicht überschreiten. Für 2019 lag dieser für den Verkauf von Waren bei 170.000 Euro.

Der Micro-entrepreneur kann eine pauschale Besteuerung wählen („versement libératoire de l’impôt sur le revenu“). Voraussetzung dafür ist, dass das Einkommen pro Haushalt eine bestimmte Einkommensgrenze nicht überschreitet. Für das Jahr 2019 lag diese z.B. für eine alleinstehende Person bei 27.086 Euro. Der Micro-entrepreneur („régime micro“ oder „prélèvement libératoire“) ist grundsätzlich von der Mehrwertsteuer befreit. Dies gilt, solange der Umsatz des Micro-entrepreneur 91.000 Euro (für Aktivität Verkauf oder Beherbergung) bzw. 35.200 Euro (für Dienstleistungen) nicht überschreitet. Der Kleinstunternehmer muss in der Rechnung zwingend angeben, dass er von der Mehrwertsteuer befreit ist.

In Frankreich besteht für alle Selbständigen Sozialversicherungspflicht. Der „Micro-entrepreneur“ unterliegt kraft Gesetzes dem „régime micro-social“ und ist zu Sozialabgaben verpflichtet. Der Kleinstunternehmer kann bei der Anmeldung entweder ein vereinfachtes sozialversicherungsrechtliches Regime („régime micro-social simplifié“) oder das allgemeine Regime wählen.

Der Unternehmer ist grundsätzlich verpflichtet, eine Kammergebühr (Handwerkskammer oder IHK) zu zahlen. Dieser Betrag ändert sich je nach Art der Tätigkeit und richtet sich nach dem Jahresumsatz. Zudem ist der Micro-entrepreneur verpflichtet, sich beim Handelsregister und/oder der Handwerksrolle eintragen zu lassen. Der Micro-entrepreneur muss dafür seine Tätigkeit am Centre des formalités des entreprises („CFE“) der zuständigen IHK, Handwerkskammer oder URSSAF anmelden.

Im Folgenden finden Sie Links zur Eigenrecherche:

  • Informationen zum Status des Micro-entrepreneurs auf der Internetseite der Agentur für Unternehmensgründung (Agence pour la création d'entreprises, kurz: APCE) und
  • APCE
  • Internetseite des Sozialversicherungsregimes für Selbständige (Régime social des indépendants, kurz: RSI)
  • Internetseite der berufsübergreifenden Kasse für Vorsorge und Rentenversicherung (Caisse interprofessionnelle de prévoyance et d'assurance vieillesse, kurz: Cipav)
  • Informationen zur Gründung eines Einzelunternehmens finden sie bei dem Einheitlichen Ansprechpartner (EA) in Frankreich.
  • Informationen und einen Leitfaden der französischen Industrie- und Handelskammer (Chambre de commerce et d’industrie) über Unternehmensgründungen finden Sie hier.
  • Informationen bezüglich eines Auslandsengagements in Frankreich finden Sie in unserem „Recht kompakt“.

Lesen Sie auch unsere Informationen zum Thema „Dienstleistungen erbringen in Frankreich“.

Unser Länderbericht Frankreich im Portal 21 liefert Ihnen nützliche Informationen zu französischen Vorschiften in Bezug auf Dienstleistungen.

Quelle: Germany Trade and Invest
Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH
www.gtai.de
September 2020

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