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Gründung während Wohlverhaltensperiode

Frage

Ich bin zurzeit angestellter Tischlermeister und würde mich gerne vorerst im Nebenerwerb selbstständig machen und es sukzessive aufbauen.

Ich befinde mich momentan noch in der Wohlverhaltensphase der Privatinsolvenz. Von daher würde ich an sich gern vorerst als Kleingewerbe nebenbei starten und meine eignen Möbel zu designen, zu fertigen und diese, wie auch Fremdprodukte zu vermarkten.

Allerdings müsste ich ja als Tischler meine Handwerkerrolle bei der HWK, sowie in der Handelskammer, eintragen lassen (was ich ja als Meister kann), und bin damit ja automatisch als Einzelunternehmer tätig, wodurch ja auch wieder mehr Kosten entstehen. (Notarkosten, Kammerbeiträge, doppelte Buchführung, etc.)

Nachdem ich auch in der Firma nebenbei arbeiten kann, in der ich Vollzeit angestellt bin, brauche ich auch kein Inventar oder Gerätschaften und würde meinen Firmensitz auch auf meine Privatadresse laufen lassen.

Haben Sie vielleicht einen Rat, wie ich am besten vorgehen kann?

Antwort

Ein Schuldner darf im Rahmen der Wohlverhaltensperiode jederzeit eine (nebenberufliche) selbständige Tätigkeit aufnehmen. Bevor auf die Fragestellung, wie man am besten vorgehen sollte, wenn man eine selbständige Tätigkeit plant, eingegangen wird, werden die rechtlichen Grundlagen aufgezeigt.

Während der Wohlverhaltensperiode, d. h. nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens, hat der Schuldner die Verpflichtung, diversen Obliegenheiten nachzukommen, damit er die Erteilung der Restschuldbefreiung nicht gefährdet. So muss er einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachgehen und bei Änderungen im Rahmen der Erwerbstätigkeit, diese dem Gericht und Treuhänder unverzüglich melden. Diese zeitnahe Mitteilungspflicht gilt auch bei Aufnahme einer nebenberuflichen selbständigen Tätigkeit.

Darüber hinaus hat der Schuldner bei Ausübung einer selbständigen Tätigkeit, auch wenn nur nebenberuflich, die Insolvenzgläubiger so zu stellen, als wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Damit ist auch bei einer Mischtätigkeit von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit zu prüfen, was dem Treuhänder zugeflossen wäre, wenn der Schuldner ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Ob nun aus der nebenberuflichen selbständigen Tätigkeit noch zusätzliche Beträge vom Schuldner selbst abzuführen sind, hängt daher maßgeblich davon ab, ob die Beträge aus der abhängigen Beschäftigung bereits als angemessenes Einkommen der Höhe und dem Umfang nach zu bewerten sind. Es ist nicht geklärt, ob eine über eine Vollzeittätigkeit hinausgehende selbständige Tätigkeit bei der Berechnung des pfändbaren Betrages mit zu berücksichtigen ist oder nicht.

Im Fall eines Rentners, welcher zusätzlich zu seiner Rente noch aus selbständiger Tätigkeit Einnahmen generierte, entschied der BGH, dass dieses Mehreinkommen zur Hälfte pfändbar war (BGH 12.4.2018, IX ZB 60/16). Ob diese Rechtsprechung auch in dem vorgestellten Fall anwendbar ist, ist fraglich, da es grundsätzlich darum geht, ob der Schuldner ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen ist oder nicht. Hier ist der Umfang (Vollzeit) und Höhe des Gehaltes (z. B. branchenüblich) maßgeblich. Ob die an den Treuhänder abgeführten Beträge einem angemessenen Dienstverhältnis entsprechen, kann der Schuldner durch das Gericht prüfen lassen. Für den Nachweis ist der Schuldner zuständig.

Die Kosten, die sich aus einer selbständigen Tätigkeit ergeben, sind aus den vorhandenen Eigenmitteln oder neu aufgenommenen Darlehen zu entnehmen. Mit Beginn der Wohlverhaltensperiode kann der Schuldner wieder Vermögen, d. h. Rücklagen bilden, oder ein Darlehen aufnehmen.

Dies bedeutet also konkret für die zu beantwortende Fragestellung: Wenn man plant, in der Wohlverhaltensperiode eine (nebenberuflich) selbständige Tätigkeit aufzunehmen, sollte frühzeitig mit dem Treuhänder Kontakt aufgenommen werden. Es ist dann abzuklären, ob zu dem vom Arbeitgeber abgeführten pfändbaren Betrag noch zusätzliche Zahlungen durch den Schuldner zu leisten sind. Entscheidend wird sein, ob das ausgeübte Dienstverhältnis im Sinne der InsO als angemessen zu bewerten ist oder nicht. Die Angemessenheit orientiert sich an der beruflichen Qualifikation, dem Umfang der Tätigkeit und der Höhe der Bezahlung.

Neben der Kontaktaufnahme zum Treuhänder empfehlen wir, sich zusätzlich von einer anerkannten Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle bzw. einem Rechtsanwalt, der mit dem Insolvenzrecht vertraut ist, beraten zu lassen.

Quelle:
Michael Weinhold
I S K A - Nürnberg
Institut für Soziale und Kulturelle Arbeit (ISKA) gemeinnützige GmbH
Schuldner- und Insolvenzberatung im Auftrag der Stadt Nürnberg und Landkreis
www.iska-nuernberg.de

Stand:
November 2022

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