Antwort
Die Berufstätigkeit von Ingenieuren ist grundsätzlich als Katalogberuf den Freien Berufen im einkommensteuerlichen Sinne zuzuordnen (vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Hierbei muss die geplante/ausgeübte Tätigkeit zu den Kernbereichen des Ingenieurberufs gehören. Zu den Kernbereichen zählen im Besonderen die Hauptgebiete wie Forschung, Lehre, Entwicklung, Versuchs- und Prüfungswesen, Projektierung, Berechnung, Konstruktion, Gestaltung, Fertigung und Betrieb, Vertrieb, Montage, Instandhaltung, Kundendienst, technische Verwaltung und Betriebsführung (vgl. BFH, Urt. vom 26.06.2003; BFH-Urt. vom 11. Juni 1985 VIII R 254/80, BFHE 144, 62, BStBl II 1985, 584, Nr. 2 b, dd der Gründe).
Die Ingenieurtätigkeit kann hierbei auch die beratende Tätigkeit umfassen, wobei die Ingenieurausbildung nicht beziehungslos neben der beratenden Tätigkeit stehen darf. Vielmehr muss die Ingenieurausbildung eine wesentliche Voraussetzung dafür bilden, die beratende Tätigkeit in diesem Bereich ausüben zu können (vgl. BFH, Urt. vom 09.02.2006 – IV R 27/05).
Keine dem Ingenieurberuf typische Tätigkeit wäre etwa eine beratende Tätigkeit, die auf eine bloße Absatzförderung gerichtet ist sowie (v.a. erfolgsabhängige) Vermittlertätigkeiten zwischen Auftraggeber und deren Kunden.
Insoweit müssen Sie also prüfen, ob Ihre Tätigkeit „Beratung und Betreuung für Auftraggeber für Kunden in der Automobilindustrie“ dem Berufsbild des Ingenieurs entspricht.
Handelt es sich hingegen um eine rein betriebswirtschaftliche Beratung, so könnte Ansatzpunkt für die Freiberuflichkeit (zudem) die Tätigkeit des sog. beratenden Betriebswirts sein. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung übt allerdings nur derjenige den Beruf eines beratenden Betriebswirts aus, der nach einem entsprechenden Studium, verbunden mit praktischer Erfahrung, mit den hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaft vertraut ist und diese fachliche Breite seines Wissens auch bei seinen praktischen Tätigkeiten einsetzen kann und tatsächlich einsetzt (vgl. BFH, Beschl. vom 30.06.2008 - VIII B 182/07 (NV), BFH IV R 51/99 v. 4.5.00). Beratender Betriebswirt wird deshalb nur derjenige, der entweder über eine abgeschlossene Ausbildung als Betriebswirt verfügt oder sich in Form eines vergleichbaren Selbststudiums, verbunden mit praktischer Erfahrung, Kenntnisse in allen hauptsächliche Bereichen der Betriebswirtschaftslehre angeeignet hat, die denen vergleichbar sind, die in einem der genannten Ausbildungsgänge üblicherweise erworben werden können. Hieran werden hohe Anforderungen gestellt.
Da Sie kein betriebswirtschaftliches Studium absolviert haben, könnte die Einstufung als „beratender Betriebswirt“ tatsächlich zweifelhaft sein.
Die Einstufung eines Vorhabens als Freier Beruf - Gewerbe ist stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Die abschließende Entscheidung obliegt allein dem zuständigen Finanz- bzw. Gewerbeamt.
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Quelle:
Chanell Eidmüller
Rechtsanwältin
Leiterin der Gründungsberatung
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
Juli 2017
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