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Beratung, Schulung, IT-Beratung: freiberufliche Tätigkeiten?

Frage

Ich bin Versicherungsfachmann BWV (kein Kaufmann), staatlich anerkannter Kommunikationsinformatiker und derzeitig ausschließlich privater Börsenhändler. Gewerbe ist abgemeldet. Nun möchte ich mich freiberuflich betätigen: Beratung und Schulung von Vermögensverwaltern, Handelsbüros, Family Offices & Banken im Bereich Risikomanagement mit eigener Konzeption/Methode. Kein Softwareverkauf. Beratung in weiteren Themen rund um Börsenhandel, Fachliteratur, Datenfeed und mehr. Ist eine freiberufliche Tätigkeit gegeben? Ist Börsenhandel im eigenen Namen und auf eigene Rechnung für mich selbst (steuerliche Betrachtung: Abgeltungssteuer) schädlich in der Einstufung als Freiberufler? Wäre eine Zusatzdienstleistung für meine Klienten wie ein Excel-Sheet zum Risikomanagement zu erstellen/optimieren oder einen Indikator zu programmieren schädlich für die Einstufung als Freiberufler?

Antwort

Im Folgenden werden die von Ihnen genannten Tätigkeiten im Hinblick auf die Zuordnung zu freien Berufen kommentiert. Diese Erläuterungen beziehen sich auf die einschlägige Rechtsprechung zum Einkommensteuergesetz.

Beratung
Der Bundesfinanzhof hat einen Finanz- und Kreditberater als gewerblich erklärt im Sinne des § 18 I Nr. 1 EStG (BFH, 13.04.1988 - I R 300/83). Käme noch der beratende Betriebswirt als Zugang zum freien Beruf für Sie in Betracht. Diesem Katalogberuf wäre Ihre Tätigkeit ähnlich, wenn sie in wesentlichen Punkten mit ihm verglichen werden kann oder wenn das typische Bild des Katalogberufs mit allen seinen Merkmalen dem Gesamtbild der zu beurteilenden Tätigkeit vergleichbar ist. Diese Ähnlichkeit besteht nur dann, wenn Ihre Dienstleistung auf einer entsprechenden breiten Vorbildung beruht und wenn sich die Beratungstätigkeit auf einen vergleichbaren breiten betrieblichen Bereich erstreckt. Die notwendige Breite der Betätigung ist schon dann vorhanden, wenn sich die Beratung wenigstens auf einen betrieblichen Hauptbereich der Betriebswirtschaft bezieht (BFH in BFHE 154, 327, BStBI 1989, 212). Schwerpunkte der BWL sind nach der Rechtsprechung des BFH: Unternehmensführung, Leistungserstellung (Fertigung von Gütern/Bereitstellung von Dienstleistungen), Materialwirtschaft, Finanzierung, Vertrieb, Verwaltungs- und Rechnungswesen sowie Personalwesen. Risikomanagement deckt keinen Hauptbereich der BWL ab, auch nicht das Segment Finanzierung. Hier müssen Sie davon ausgehen, als gewerblich eingeordnet zu werden.

Schulung
Werden in fachlich strukturierter, in institutionalisierter und organisierter Form Wissen, Fähigkeiten oder Fertigkeiten an Schüler vermittelt, so liegt eine unterrichtende Tätigkeit vor. Der Unterricht muss mittels eines schulmäßigen Programmes erfolgen. Kenntnisse müssen auf der Grundlage eines für das bestimmte Fachgebiet allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lehrprogramms vermittelt werden. Unterricht umfasst hier nicht nur die Vermittlung von Wissen, sondern auch von praktischen Fertigkeiten. Erfordert hingegen die Tätigkeit die Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Es handelt sich hierbei um eine beratende Tätigkeit (siehe oben). Hinzu kommt, dass nach dem Gewerberecht Unterricht als „Dienstleistung höherer Art“ zu erbringen ist. Hierzu wird in der Regel ein Hochschulstudium gefordert. Viele Finanzämter würden bei Ihnen eine freiberufliche Tätigkeit bestätigen, während Gewerbeämter andere Anforderungen stellen. Dies ist schwer verständlich, entspricht aber der Rechtslage.

Informatiker/EDV-Berater
Der Bundesfinanzhof hat zuletzt im Jahr 2017 zur Freiberuflichkeit von Informatikern ohne Hochschulabschluss das Folgende festgestellt zur „Wissensprüfung bei im EDV-Bereich tätigen Autodidakten.
„Leitsatz

  1. Ein Autodidakt, der wie ein Diplom-Informatiker oder Wirtschaftsinformatiker tätig ist, kann einen ingenieurähnlichen Beruf ausüben. Dies setzt aber voraus, dass er sich das Wissen eines Diplom-Informatikers/Wirtschaftsinformatikers in vergleichbarer Breite und Tiefe angeeignet hat. Der Nachweis dafür kann auch durch eine sog. Wissensprüfung geführt werden.
  2. Kenntnisse in den Bereichen Mathematik, Statistik und Operations Research gehören zu dem für Diplom-Informatiker erforderlichen Wissen („Hauptfächer“). Fehlende Kenntnisse eines Gebietes können nicht durch gute Kenntnisse in anderen Bereichen kompensiert werden.
  3. Stellt das FG fest, dass dem Kläger Kenntnisse in den Bereichen Mathematik, Statistik und Operations Research fehlen, braucht es keine Wissensprüfung durchzuführen (Anschluss an das BFH-Urteil vom 16. Dezember 2008 VIII R 27/07).“

Zum Nachweis der Ingenieurähnlichkeit wird in diesem Urteil festgestellt:
„Den Nachweis, dass er sich als Autodidakt das Wissen eines Diplom-Informatikers/Wirtschaftsinformatikers in vergleichbarer Breite und Tiefe angeeignet hat, kann ein Steuerpflichtiger auf verschiedene Weise führen. Als Beweismittel kommen dafür insbesondere erfolgreich abgeschlossene Fortbildungsmaßnahmen, das Selbststudium sowie eigene praktische Arbeiten in Betracht. Schließlich kann der Nachweis auch durch eine sog. Wissensprüfung geführt werden (BFH-Urteile in BFHE 206, 233, BStBl II 2004, 989; in BFH/NV 2016, 1275).“
BFH, Urteil vom 19.01.2017 - III R 3/14
Die Erstellung von Excelsheets zum Risikomanagement etwa würde den genannten Anforderungen wohl nicht entsprechen. Allgemein müssten Sie im Zweifelsfall die Entsprechung von Qualifikation und Tätigkeit mit dem Ingenieur nachweisen können.

Möglicherweise liegt bei Ihnen eine „trennbar gemischte Tätigkeit“ vor. Hierbei übt ein Einzelfreiberufler sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, wobei diese steuerlich getrennt zu behandeln sind. Dies ist aber nur der Fall, wenn zwischen den beiden Bereichen kein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Für eine getrennte Behandlung sind getrennte Rechnungsstellung und Buchführung erforderlich sowie separate Bank- und Kassenkonten. Betriebsausgaben sind durch Schätzung aufzuteilen. Wenn Ihre gewerblichen und freiberuflichen Tätigkeiten also getrennt in Rechnung gestellt und verbucht werden können, haben Sie auch getrennte Erfassungen bei der Steuer.

Beachten Sie bitte noch das Folgende: Nach vorliegenden Erfahrungen kommt es häufig vor, dass selbstständige Dienstleister dem Finanzamt einen freien Beruf anzeigen und dabei von einer Freistellung vom Gewerbe ausgehen. Oft werden Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) beim Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und mit Kosten verbunden. Sie sollten mit Ihrem Finanzamt sprechen, das auch eine beratende Funktion hat!

Beachten Sie bitte noch das Folgende: Lehrende Berufe unterliegen grundsätzlich der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Lehrbegriff der Rentenversicherung wird sehr weit ausgelegt: So gehört Nachhilfe, Sportunterricht, Training oder Coaching ebenso dazu wie Supervision. Nähere Informationen finden Sie bei der Deutschen Rentenversicherung unter: http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Navigation/1_Lebenslagen/02_Start_ins_Berufsleben/03_Existenzgruender/01_Selbststaendig_und_pflichtversichert/selbststaendig_und_pflichtversichert_node.html

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Mai 2018

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