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IT-Beratung und -Schulungen: Schulungsraum vermieten?

Frage

Ich möchte mich als Freiberufler selbständig machen. Angenommen, ich arbeite nun als IT-Berater und biete IT-Schulungen an. Nun möchte ich aber auch meinen Schulungsraum zur Vermietung anbieten. Darf ich das ohne Gewerbe? Was ist, wenn die Einnahmen aus Vermietung nun mehr werden als die aus der freiberuflichen Schulung? Und muss mein Vermieter zuerst zustimmen, wenn ich mein Büro an andere tagesweise als Schulungsraum anbiete, oder kann ich das ohne dessen Zustimmung machen?

Antwort

1. Die Rechtsprechung stellt fest: Ein Diplom-Informatiker kann auch dann einkommensteuerlich einen Freien Beruf ausüben, wenn er beratend und schulend tätig ist.
(Zitat) BFH erweitert den Kreis der Freiberufler im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung
Urteil vom 22.09.09 VIII R 31/07
Urteil vom 22.09.09 VIII R 63/06
Urteil vom 22.09.09 VIII R 79/06

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 22. September 2009 VIII R 31/07 entschieden, dass ein Diplom-Ingenieur (Studienrichtung technische Informatik), der als Netz- oder Systemadministrator eine Vielzahl von Servern betreut, den Beruf des Ingenieurs ausübt und mithin freiberufliche, nicht der Gewerbesteuer unterliegende Einkünfte erzielt.
In zwei weiteren Revisionsverfahren hat der BFH mit Urteilen vom selben Tag (VIII R 63/06 und VIII R 79/06) weitere technische Dienstleistungen, die ausgewiesene Computerfachleute erbracht hatten, als ingenieurähnlich eingestuft.
In der bisherigen Rechtsprechung des BFH war geklärt, dass die Entwicklung von anspruchsvoller Software durch Diplom-Informatiker oder vergleichbar qualifizierte Autodidakten eine ingenieurähnliche und damit freie Berufstätigkeit darstellt. Für den technischen Bereich der elektronischen Datenverarbeitung hat der BFH nunmehr den Kreis der ingenieurähnlichen Tätigkeiten erweitert. Danach kann neben dem sogenannten software-engineering auch die Administratorentätigkeit, die Betreuung, individuelle Anpassung und Überwachung von Betriebssystemen oder die Tätigkeit als leitender Manager von großen IT-Projekten als freiberuflich zu qualifizieren sein. (Zitatende)
Quelle: Bundesfinanzhof, Pressemitteilung Nr. 9 vom 03. Februar 2010

(Zitat) Typisch für den Beruf des Ingenieurs sind aber auch überwachende, kontrollierende und rein beratende Tätigkeiten, soweit sie nicht auf bloße Absatzförderung gerichtet sind (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 1270). Kernbereiche des Ingenieurberufs sind danach Forschung und Lehre, Entwicklung, Konstruktion, Planung, Fertigung, Montage, Inbetriebnahme und Instandhaltung, Vertrieb, Beratung, Versuchs- und Prüfungswesen, technische Verwaltung und Betriebsführung, Produktions- und Prozesssteuerung, Sicherheit, Patent- und Normenwesen (vgl. BFH-Urteile vom 11. Juni 1985 VIII R 254/80, BFHE 144, 62, BStBl II 1985, 584; vom 7. September 1989 IV R 156/86, BFH/NV 1991, 359).

Auf dem Gebiet der EDV und der Informationstechnik gehören zu den Tätigkeiten von Ingenieuren nicht nur die Entwicklung und Konstruktion von Hard- und Software. Die Tätigkeit eines Ingenieurs umfasst auch die Entwicklung von Betriebssystemen und ihre Anpassung an die Bedürfnisse des Kunden, die rechnergestützte Steuerung, Überwachung und Optimierung industrieller Abläufe, den Aufbau, die Betreuung und Verwaltung von Firmennetzwerken und -servern, die Anpassung vorhandener Systeme an spezielle Produktionsbedingungen und Organisationsstrukturen sowie die Bereitstellung qualifizierter Dienstleistungen, wie etwa Benutzerservice und Schulung. Informatik-Ingenieure arbeiten u.a. auch in der Netz- und Systemadministration, sie beurteilen die Leistungsfähigkeit von Rechnernetzen oder bewerten die Energieeffizienz bestehender Systeme (zum Ganzen: Berufsinformationen der Bundesagentur für Arbeit, abrufbar unter www.berufenet.arbeitsagentur.de, Berufe "Ingenieur - Elektrotechnik/technische Informatik" und "Ingenieurinformatik"). (Zitatende)
Quelle: Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.09.2009, Aktenzeichen VIII R 79/06

Nach der Rechtsprechung kann ein Informatiker eine dem Ingenieur ähnliche Tätigkeit ausüben. Dafür bedarf es der entsprechenden Ausbildung. Auf eine dem Ingenieurberuf ähnliche Tätigkeit kann sich also nur berufen, wer über einen entsprechenden Fachhochschul- oder Hochschulabschluss verfügt oder Kenntnisse nachweist, die in Tiefe und Breite mit dem Wissen der entsprechenden Studiengänge vergleichbar sind (Urteil vom 30.08.2011, Az.: 13 K 856/09 G).
Das Berufsbild des Diplom-Informatikers ist also in seiner Gesamtheit zu berücksichtigen. Der Stand der Rechtsprechung macht es nicht erforderlich, eine weitere Begründung der Freiberuflichkeit über die unterrichtende Tätigkeit zu erschließen. Weiterhin wird empfohlen, den Vertrieb von Software-Lizenzen als gewerbliche Tätigkeit anzuzeigen. Damit wäre eine trennbar-gemischte Tätigkeit als gegeben anzunehmen.

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Sie können aber unabhängig davon eine unterrichtende Tätigkeit ausüben, die als so genannter "Tätigkeitsberuf" ebenfalls freiberuflich sein kann. Beachten Sie dabei bitte die steuerlichen Anforderungen an die unterrichtende Tätigkeit: Nach der Rechtsprechung ist Unterricht im Sinne des Einkommensteuergesetzes die planmäßige Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen in organisierter und institutionalisierter Form. Auch die nebenberufliche Lehrtätigkeit wird hier zugeordnet, wenn sie sich ohne Schwierigkeiten von der Haupttätigkeit trennen lässt. Der Unterricht kann der Rechtsprechung zufolge auch - wie beim Nachhilfeunterricht - individuell erteilt werden. Die Wissensvermittlung muss aber auch dann abstrakt und nicht konkret auf persönliche Probleme des Unterrichteten hin erfolgen. Werden die Kenntnisse oder Erkenntnisse nicht auf Grund eines allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lernprogramms vermittelt, sondern erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten Programms, handelt es sich nicht mehr um eine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form, sondern um eine beratende Tätigkeit. Beachten Sie bitte auch die Pflichtversicherung von selbstständig Lehrenden in der gesetzlichen Rentenversicherung.

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Nun gibt es aber die sogenannte "gemischte Tätigkeit" (also freiberuflich/gewerblich). Das Ganze funktioniert so: Die Rechtsprechung ermöglicht der Freiberuflerin neben ihrer freiberuflichen Tätigkeit auch gewerblich tätig zu werden. Demnach können Einkünfte aus selbstständiger Arbeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG als auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 EStG erzielt werden. Sind die gemischten Tätigkeiten nicht trennbar, so ist entscheidend, welche der Tätigkeiten für das Erscheinungsbild der Gesamtbetätigung eindeutig prägend im Vordergrund ist. Diese "Geprägetheorie" ist aber nur bei Tätigkeiten anwendbar, die als einheitlich anzusehen sind. Dies ist i. d. R. nur dann geboten, wenn die Tätigkeiten sich gegenseitig bedingen und derart miteinander verflochten sind, dass sie nach der Verkehrsauffassung als Einheit anzusehen sind. In diesen Fällen spricht man von nicht trennbar gemischten Tätigkeiten. Eine trennbar gemischte Tätigkeit liegt vor, wenn zwischen Tätigkeiten kein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Trennbar bedeutete vor allem eine getrennte Rechnungsstellung und separierte Erfassung in Ihrer Gewinnermittlung. Betriebsausgaben, die Sie nicht eindeutig zuordnen können, sind durch Schätzung aufzuteilen.

Wenn Ihre gewerblichen und freiberuflichen Tätigkeiten getrennt in Rechnung gestellt und verbucht werden können, haben Sie auch getrennte Erfassungen bei der Steuer. Für die Einkommensteuererklärung bedeutet das: Zu den insgesamt sieben Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes gehören auch zu versteuernde Einkünfte aus einer unternehmerischen Tätigkeit. Dies können Gewinne aus einer freiberuflichen oder gewerblichen Unternehmertätigkeit sowie Gewinnanteile von Gesellschaftern sein. Sie geben also Ihre Einkünfte in den jeweiligen Formularen an sowie die damit verbundenen Kosten. Die Erklärung beinhaltet auch Angaben des Steuerpflichtigen zur Eigenermittlung des Gewinns durch Betriebsvermögensvergleich (Regelfall) bzw. der erleichterten Ermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung (Freiberufler, Kleinunternehmer). Der entsprechende Jahresabschluss ist der Einkommensteuererklärung beizufügen.

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Wer Räume seiner selbstgenutzten Wohnung oder seines selbstgenutzten Hauses an fremde Personen vermietet, erzielt daraus regelmäßig Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG (BFH, Urteil v. 4.3.2008, Az. IX R 11/07). Gewerbliche Einkünfte können jedoch anzunehmen sein, wenn der Wohnungsvermieter neben der eigentlichen Vermietung noch gewichtige und unübliche Sonderleistungen erbringt oder die Vermietungstätigkeit eine unternehmerische Organisation erfordert, die mit gewerblichen Beherbergungsbetrieben (z.B. Hotels) vergleichbar ist. Wer Räume seiner selbstgenutzten Wohnung oder seines selbstgenutzten Hauses an fremde Personen vermietet, erzielt daraus regelmäßig Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG (BFH, Urteil v. 4.3.2008, Az. IX R 11/07).

Die Räumlichkeit befindet sich weder in Ihrem Privat- noch in Ihrem Betriebsvermögen. Sie müssen zunächst beachten, was in Ihrem Mietvertrag steht. Die Überlassung von Räumlichkeiten an Dritte zur gewerblichen Nutzung sollten Sie in jedem Fall durch den Vermieter schriftlich genehmigen lassen.

Quelle:
Dr. Willi Oberlander M.A.
Geschäftsführer
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
Juni 2015

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