Antwort
Als Trainer sind Sie nach Einkommensteuerrecht wohl unterrichtend tätig. Die Anforderungen, die hier im Zusammenhang mit der einschlägigen Rechtsprechung an unterrichtende Tätigkeiten bestehen, können Sie in der PRAXISHILFE: Lehrende, Trainer und Coaches – freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit? (PDF, 101 KB) nachlesen.
Wenn von einem „schulmäßigen Programm“ die Rede ist, so kann dies auch individuell gestaltet sein, es muss sich nicht um einen öffentlichen Lehrplan handeln.
Im Einzelfall kann es vorkommen, dass das Finanzamt die Freiberuflichkeit akzeptiert, während das Gewerbeamt eine Gewerbeanmeldung fordert. Denn: Eine freiberufliche unterrichtende Tätigkeit liegt aus der Sicht der Gewerbebehörden nur dann vor, wenn für die Ausübung der Tätigkeit ein Hochschul- oder Fachhochschulabschluss vorliegt. Als Fachinformatiker Anwendungsentwicklung haben Sie eine duale Ausbildung absolviert. Darüber hinaus verfügen Sie über mehr als zehn Jahre Berufserfahrung. Da Ihre formelle Qualifikation dennoch nicht den Anforderungen des Gewerberechts entspricht, sollten Sie mit Ihrem Finanzamt sprechen.
Ihr Coaching/Ihre Beratung
Wenn das von Ihnen angebotene Coaching die Erarbeitung und Entwicklung eines Programms erfordert, das auf die individuellen Bedürfnisse einzelner Personen abstellt und nicht auf einen Fachbereich beschränkt ist, handelt es sich nicht um eine Lehrtätigkeit, sondern um eine beratende Tätigkeit. Hier müssten Sie für den Zugang zu freien Berufen die Anforderungen an einen beratenden Betriebswirt erfüllen.
Die Rechtsprechung stellt hierzu fest: „Mit der Tätigkeit eines beratenden Betriebswirts ist kein festes Berufsbild verknüpft. Die Rechtsprechung hat als beratenden Betriebswirt denjenigen angesehen, der eine bestimmte Berufsausbildung auf dem Gebiet der Betriebswirtschaft erworben hat. Außer der Ausbildung an einer Universität oder technischen Hochschule mit Diplomabschluß kann diese Ausbildung auch an einer Fachhochschule mit dem Abschluß als graduierter Betriebswirt oder an einer Fachakademie mit dem Abschluß als staatlich geprüfter Betriebswirt erreicht werden. Beratender Volks- und Betriebswirt wird deshalb nur derjenige, der entweder über eine abgeschlossene Ausbildung als Betriebswirt verfügt oder der sich in Form eines vergleichbaren Selbststudiums, verbunden mit praktischer Erfahrung, Kenntnisse in allen hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaftslehre angeeignet hat, die denen vergleichbar sind, die in einem der genannten Ausbildungsgänge üblicherweise erworben werden. Er muß die fachliche Breite seines Wissens bei seiner praktischen Tätigkeit einsetzen können und auch einsetzen (vgl. BFH-Urteile vom 18. August 1988 - V R 73/83 BStB1 II 1989, 212; und vom 28. Juni 1989 - I R 114/85 BStB1 II 1989, 956).“ Eine Ausbildung auf einem Spezialgebiet der BWL - wie Marketing - genügt nicht.
Beratender Betriebswirt: Nachweis der Qualifikation bei Selbststudium/Autodidakten
Diesen Nachweis kann der Autodidakt durch Belege über eine erfolgreiche Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen oder ein Selbststudium, anhand praktischer Arbeiten oder durch eine Art Wissensprüfung führen (BFH-Urteil in BFHE 199, 367, BStBl II 2002, 768, unter 1.). Die Wissensprüfung erfolgt in der Regel über Sachverständigengutachten. Hilfreich zur Begründung der geforderten Qualifikation sind neben nachgewiesenen Berufserfahrungen auch Referenzen (insbesondere von Auftraggebern). Der Nachweis eines Selbststudiums kann auch über schriftliche Arbeiten oder Examina erfolgen. Ein abgebrochenes Studium reicht zum Nachweis einer autodidaktischen Ausbildung nicht aus. In der Praxis ist die Zuweisung des Freiberuflerstatus für Autodidakten die Ausnahme. Die Nachweise von Qualifikation und Tätigkeit sollten ein schlüssiges und gut dokumentiertes Gesamtbild ergeben.
Beratender Betriebswirt: Anforderungen an die Tätigkeit
Dem Berufsbild des beratenden Volks- und Betriebswirts ist ein Beruf also nur dann ähnlich, wenn er auf einer entsprechend breiten Vorbildung beruht und wenn sich die Beratungstätigkeit auf einen vergleichbar breiten betrieblichen Bereich erstreckt. Die notwendige Breite der Betätigung ist schon dann vorhanden, wenn sich die Beratung wenigstens auf einen betrieblichen Hauptbereich der Betriebswirtschaft bezieht (BFH in BFHE 154, 327, BStBI 1989, 212). Zu den Hauptbereichen bzw. Schwerpunkten der Betriebswirtschaftslehre gehören laut Rechtsprechung Unternehmensführung, Leistungserstellung (Fertigung von Gütern/Bereitstellung von Dienstleistungen), Materialwirtschaft, Finanzierung, Vertrieb, Verwaltungs- und Rechnungswesen sowie Personalwesen (BFH-Urteil vom 14.3.1991 (IV R 135/90) BStBl. 1991 II S. 769).
Wenn Sie Ihr Coaching für Gruppen anbieten und in der Form eher ein Seminar o.ä. vorliegt, kommt wiederum die unterrichtende Tätigkeit in Betracht (siehe oben).
Trainer und Coach/Berater als „gemischte Tätigkeit“
Möglicherweise liegt bei Ihnen eine gemischte Tätigkeit vor - freiberuflich und gewerblich. In diesem Fall müssten Sie eine steuerliche Trennung der jeweiligen Einkünfte vornehmen. Das ist gilt unabhängig von der Höhe der Umsätze. „Steuerlich trennen“ heißt: Entweder werden für die freiberuflichen und gewerblichen Tätigkeiten jeweils getrennte Rechnungen gestellt oder sie werden in einer Rechnung separat aufgeführt. In der Einkommensteuererklärung müssen die Einkünfte allerdings zwingend getrennt angegeben werden - in Anlage G (Gewerbe) und Anlage S (Freier Beruf). Kosten können durch Schätzung aufgeteilt werden.
Anerkennung als Freiberufler
Beachten Sie bitte noch das Folgende: Nach vorliegenden Erfahrungen kommt es häufig vor, dass selbstständige Dienstleister dem Finanzamt einen freien Beruf anzeigen und dabei von einer Freistellung vom Gewerbe ausgehen. Oft werden Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) beim Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und auch mit Kosten verbunden.
Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
August 2018
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