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Games-Entwickler: Gewerbe oder Freier Beruf?

Frage

Ich habe Fragen zum Artikel „Künstler & Game Designer: Gewerbe oder Freier Beruf?“. Wir entwickeln in kompletter Eigenverantwortung als drei Freiberufler (Sound Designer, Grafik Designer und Programmierer, alle sind am Game-Design beteiligt) in einer GbR unabhängig Spiele und vertreiben diese nicht selbst, sondern haben einen Vertrag mit einem externen Verlag, der den Vertrieb vollständig übernimmt.

Dennoch stuft das Finanzamt uns als gewerblich ein, da es für Softwareentwickler scheinbar nach so vielen Jahren immer noch keine eindeutige Rechtsprechung gibt. Sind Computerspiele nun Kunst und die Entwickler Künstler oder nicht? Es scheint keine eindeutige Definition zu geben, wie Computerspiele überhaupt einzuordnen sind. Sind Computerspiele allesamt Trivialsoftware? Es gibt kein Computerspiel welches mehr als 80 Euro kostet; wären somit alle Computerspiele als Trivialsoftware einzustufen? Der deutsche Kulturrat hat am 25. August 2017 noch betont, dass Kunstfreiheit auch für Computerspiele gilt. Wenn Computerspiele laut FSK und deutschem Kulturrat jetzt von der Kunstfreiheit geschützt sind, müssten die Spieleentwickler nicht dementsprechend künstlerisch/publizistisch tätig sein und dementsprechend zu den Freiberuflern gehören?

Antwort

In Ratgebern ist immer wieder zu lesen, dass neben der Entwicklung von Systemsoftware auch die Projektierung von Anwendersoftware den freiberuflichen Tätigkeiten zugeordnet wurde. Der Bundesfinanzhof stellt fest, dass „nicht jede Tätigkeit im Bereich der Entwicklung von Anwendersoftware eine freiberufliche im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist“. Wer Anwendersoftware als Freiberufler entwickelt, muss eine „qualifizierte“ Tätigkeit ausüben in dem Sinne, dass er komplexe Aufgaben erfüllt, die den Anforderungen an eine ingenieurähnliche Dienstleistung entsprechen. Damit hat sich grundsätzlich an den Voraussetzungen für den freien Beruf im IT-Bereich nichts geändert. Entsprechende Nachweise sind erforderlich. Hier sind Argumente von Bedeutung wie der Ausschluss von Anwendungen, die nicht in kundenspezifischen Softwarelösungen zum Ausdruck kommen.

Nun könnte man auch argumentieren, der Schwerpunkt der Tätigkeit sei im künstlerischen Bereich angesiedelt, die Umsetzung der Ideen und Konzeptionen insbesondere in Form der Programmierung sei lediglich Instrument der Umsetzung schöpferischer Leistungen. An dieser Stelle sollte betont werden, dass es sich hierbei keineswegs um einen „Umweg“ in den freien Beruf handelt, sondern ein plausibler Nachweis möglich ist. Dies gilt vor allem dann, wenn in den Spielen ein künstlerischer Anspruch zum Ausdruck kommt. Positive wäre etwa auch eine pädagogische Zielsetzung. Lernspiele können auch unter schriftstellerischer Tätigkeit eingeordnet werden. Allerdings ist besonders zu betonen, dass allgemein bei Kunst der Verwendungszweck nachrangig ist, es kommt vielmehr auf Fähigkeiten und schöpferische Tätigkeit an!

Eine ebenso aktuelle wie ausführliche Darstellung zum Thema Kunst im Sinne des Einkommensteuergesetzes finden Sie beim BMWi in der PRAXISHILFE: Freiberufliche Künstlerinnen und Künstler (PDF, 111  KB).

Meine Darlegungen werden für Sie nur bedingt hilfreich sein. Zur Rechtsprechung ist festzustellen, dass nur bedingt ein Bezug auf die Realität der IT-Branche vorliegt oder diese Rechtsprechung schlichtweg fehlt, etwa im Zusammenhang zwischen Softwareentwicklung und digitaler Kunst. Was bleibt, ist das Führen entsprechender Nachweise durch die Steuerpflichtigen. Diesbezügliche Verhandlungen mit dem Finanzamt haben ohne Unterstützung durch Steuerberater und/oder Rechtsanwälte kaum Aussicht auf Erfolg. Der Beistand durch Sachverständige wird sich in der Praxis kaum vermeiden lassen. Dabei ist wichtig, dass diese Experten (Gutachter aus Hochschulen oder öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige, Gutachterausschüsse) von der Finanzverwaltung akzeptiert werden. Ihre Qualifikationen sollten gute Voraussetzungen bieten, eine komplexe Dienstleistung zu begründen.

Es bleibt festzuhalten: Urteile bieten lediglich einen Orientierungsrahmen, zumal sie sich teilweise widersprechen. Vergleicht man die Vorgehensweise der Finanzämter, so sind auch hier erhebliche Abweichungen festzustellen. An der Einzelfallprüfung führt jedoch kein Weg vorbei.

Ich bedaure, Ihnen nicht mehr Aussichten auf Erfolg geben zu können, zumal der Aufwand an Arbeit und Kosten erheblich wäre.

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
September 2018

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