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(Online-)Marketing und Grafik-Design: freiberufliche Tätigkeiten und Phantasienamen verwenden?

Frage

Ich überlege, mich selbständig zu machen und als Einzelunternehmerin dann Leistungen im (Online-)Marketing und Grafik-Design anzubieten. Ich habe ein abgeschlossenes Studium zur Diplom-Betriebswirtin mit dem Schwerpunkt Marketing sowie diverse Weiterbildungen im Grafik-/Webdesign absolviert und bin seit mehreren Jahren in diesem Bereich als Festangestellte tätig. Ich möchte zukünftig mehrere Unternehmen sowohl im Web- als auch im Print-Bereich mit meinen kreativen Ideen unterstützen aber auch individuelle Wünsche der Kunden umsetzen. Nun bin ich mir unsicher, ob ich damit als Freiberufler eingeordnet werden kann oder ob ich ein Gewerbe anmelden muss. Damit stellt sich mir als nächstes die Frage, wie ich meinen Firmennamen wählen darf: Muss ich zusammen mit meinem bürgerlichen Namen die Tätigkeit kommunizieren oder darf ich einen kreativen Phantasienamen anhängen?

Antwort

Beginnen wir mit Ihrer beratenden Tätigkeit im Online-Marketing. Im Einkommensteuergesetz wird die beratende Volks- und Betriebswirtin als freier Beruf genannt. Um steuerlich dieser Gruppe zugeordnet zu werden, müssen Sie nach Qualifikation und Tätigkeit den Anforderungen genügen, die insbesondere in der einschlägigen Rechtsprechung gestellt werden. Dazu gehört vor allem auch die notwendige „Breite der Betätigung“. Diese ist dann vorhanden, wenn sich die Beratung wenigstens auf einen Hauptbereich der Betriebswirtschaft bezieht (BFH in BFHE 154, 327, BStBI 1989, 212). Schwerpunkte der BWL sind nach der Rechtsprechung des BFH: Unternehmensführung, Leistungserstellung (Fertigung von Gütern/Bereitstellung von Dienstleistungen), Materialwirtschaft, Finanzierung, Vertrieb, Verwaltungs- und Rechnungswesen sowie Personalwesen. Zur beratenden Betriebswirtin informiert das BMWK-Existenzgründungsportal.

Grafikdesign: Auch die Anforderungen an eine freiberufliche Tätigkeit von Grafikdesignerinnen können der Rechtsprechungen entnommen werden: Eine künstlerische Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG liegt vor, wenn die Steuerpflichtige eine eigenschöpferische Leistung vollbringt, in der ihre individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt und die über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus eine gewisse Gestaltungshöhe erreicht (BFH Urteil vom 15. Oktober 1998, IV R 1/97, BFH/NV 1999, 465). Dabei ist es unerheblich, aus welcher Zielsetzung heraus der Künstler sein Werk schafft und wozu das von ihm Geschaffene verwendet wird. Eine künstlerisch gestaltete Leistung verliert daher nicht allein dadurch die Eigenschaft einer künstlerischen Leistung, dass sie dem gewerblichen Zweck der Werbung dient (BFH Urteil vom 14. Dezember 1976, VIII R 76/75, BStBl. II 1977, 474; BFH Urteil vom 15. Oktober 1998, IV R 1/97, BFH/NV 1999, 465). Entscheidend ist, ob die Arbeiten ohne Rücksicht auf ihre Verwendung künstlerischen Charakter aufweisen. Dazu ist nach der Rechtsprechung erforderlich, dass die Arbeiten nicht das Produkt handwerksmäßig erlernter bzw. erlernbarer Tätigkeit darstellen, sondern darüber hinaus etwas Eigenschöpferisches enthalten und eine künstlerische Gestaltungshöhe aufweisen. Andererseits ist eine künstlerische Tätigkeit dann nicht gegeben, wenn sich der Steuerpflichtige an ins einzelne gehende Angaben und Weisungen seines Auftraggebers zu halten hat und ihm infolgedessen kein oder kein genügender Spielraum für eine eigenschöpferische Leistung bleibt (BFH Urteil vom 15. Oktober 1998, IV R 1/97, BFH/NV 1999, 465).

Einem Urteil des Finanzgerichts (FG) München vom 10.7.2014 (15 K 2275/11) zufolge liegt eine künstlerische Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes nicht vor, (Zitat) „wenn der zwar eine besondere Kreativität und hohe technische Fähigkeiten erkennen lassenden Gebrauchskunst der für eine gewisse Gestaltungshöhe erforderliche Abstraktionsgrad fehlt (Vorgabe der Materialien, Formen und des Zwecks durch Auftraggeber). Gibt die handwerkliche Leistung den Drucksachen das Gepräge, liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor.“ (Zitatende)

In einem Urteil des Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz wurde auf ein Gutachten zurückgegriffen. (Zitat) „Die Arbeiten - so der Gutachter - würden nicht die für eine künstlerische Leistung erforderliche sog. „Gestaltungshöhe“ aufweisen. Dazu müssten sich die Gestaltungsmittel (Farbe- und Formkontraste, Farbwirkung, Raum, Perspektive, verschiedene Gestaltungsebenen, Reduzieren, Überhöhen, Verfremdungen, Bildzitate u.ä.) auf etwas Nichtsichtbares wie Stimmung, Gefühl oder Empfindung verdichten (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Oktober 2013 (Az.: 6 K 1301/10).“ (Zitatende)

Fazit: Grafikdesign in der üblichen Form ist in der Regel freiberuflich! Ein einschlägiger Hochschulabschluss ist nicht zwingend erforderlich (aber natürlich von Vorteil). Häufig gehen Steuerpflichtige davon aus, als freiberuflich anerkannt zu sein, wenn sie vom Finanzamt entsprechend geführt werden. Eine rechtssichere Anerkennung gibt aber nur die so genannte „verbindliche Auskunft“. Sie sollten die Kombination von BWL-Studium und Fortbildungen im Grafikdesign als Voraussetzungen für Ihren Status als Freiberuflerin mit dem Finanzamt abstimmen. Es gilt der Grundsatz der Einzelfallprüfung!

Kommen wir zur Rechtsform: Als Einzelunternehmerin, die nicht im Handelsregister eingetragen und kein eingetragener Kaufmann ist, müssen Sie im Geschäftsverkehr mit den bürgerlichen Vor- und Zunamen auftreten. Geschäftsverkehr meint Korrespondenz, Rechnungen, Homepage usw. Bei Freiberuflern - also wohl auch bei Ihnen - entfällt die Verpflichtung zur Angabe eines Vornamens. Die Erfahrung lehrt jedoch, dass der Vorname genannt werden sollte, um etwa die Individualität Ihres Unternehmens zu verdeutlichen oder auch (potenzielle) Klienten persönlicher anzusprechen.

Hinzufügen dürfen Sie im Gewerbe wie im freien Beruf Branchenbezeichnungen und Tätigkeitsangaben. Phantasienamen sind ebenfalls zusätzlich erlaubt. Darüber hinaus können Sie ein Logo verwenden. Namenszusätze dürfen nicht irreführend sein. So dürfen Sie nicht den Namenszusatz eines anderen, branchengleichen Unternehmens führen. Recherchen zu bestehenden Unternehmen können Sie in Branchenverzeichnissen durchführen. Im Internet finden sich unterschiedliche Anbieter für Marken- und Firmenrecherchen, nicht nur für Unternehmensbezeichnungen, sondern auch für Logos.

Wenn Sie eine zusätzliche Berufs- oder Branchenbezeichnung angeben, sollten Sie darauf achten, dass diese Benennung einer freiberuflichen Tätigkeit entspricht. Damit vermeiden Sie zunächst unangenehme Frage des Finanzamtes. Entscheidend ist natürlich Ihre Dienstleistung, und dabei sollten Sie unbedingt auch an das Marketing denken: Sie sollten möglichst deutlich zum Zweck Ihrer Unternehmung hinführen. „Gänseblümchen Vorname Nachname“ wäre in Ordnung (soweit nicht anderweitig besetzt!).

Quelle:
Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung

Stand:
Oktober 2022

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