Antwort
Zur Einstufung von Grafikdesign als freiem Beruf nach dem Einkommensteuergesetz muss eine künstlerische Tätigkeit vorliegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs übt ein Steuerpflichtiger eine künstlerische Tätigkeit aus, wenn er eine eigenschöpferische Leistung vollbringt, in der seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt, und die über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus grundsätzlich eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe erreicht.” Vgl. BFH-Urteil vom 23.09.1998 XI R 71/97, BFH/NV 1999, 460
Sehen Sie hierzu ausführlich die PRAXISHILFE: Freiberufliche Künstlerinnen und Künstler.
Kommen wir zum Verkauf im Internet: Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte in einem Urteil vom 04.12.2008 (Az. I ZR 3/06) fest: „Ob ein Anbieter von Waren auf einer Internetplattform im geschäftlichen Verkehr oder im privaten Bereich handelt, ist auf Grund einer Gesamtschau der relevanten Umstände zu beurteilen. Dazu können wiederholte, gleichartige Angebote gegebenenfalls auch von neuen Gegenständen, Angebote erst kurz zuvor erworbener Waren, eine ansonsten gewerbliche Tätigkeit des Anbieters, häufige sog. Feedbacks und Verkaufsaktivitäten für Dritte rechnen.“
Das Landgericht Dessau-Rosslau (Urteil vom 11. Januar 2017, Az. 3 O 36/16) hat in der Sache eines eBay-Verkäufers entschieden, dass dieser gewerblich tätig war. Hierfür sprach schlichtweg der Umfang der Verkaufstätigkeit, da der Verkäufer mehrere gleichartige und neuwertige Schmuckstücke anbot. Die Grenze wurde mit 15 bis 25 monatlichen Verkäufen angegeben, sofern dies über eine längere Zeit erfolgte. Es spielte keine Rolle, woher die Artikel stammten. Die BWL spricht von einer Kleinserie bei unter 20 gleichartigen Produkten, aber diese Grenze wurde meines Wissens von der Steuerrechtsprechung so nicht übernommen.
Ihre Zuordnung zu den freien Berufen erscheint auf der Grundlage des von Ihnen geschilderten Sachverhalts möglich. Aus den genannten Vorbehalten heraus kann ich Ihnen hierfür jedoch keine Garantie geben, zumal Finanzverwaltungen in ihrer Meinungsfindung keine eindeutige Linie erkennen lassen. Dies betrifft weniger die Frage Ihrer künstlerischen Tätigkeit (Ihr Hochschulabschluss wirkt sich positiv aus) als den Verkauf im Internet. Wenn Sie bei Etsy einen eigenen Shop eröffnen, ist das schon grenzwertig. Werbebanner auf Webseiten wie Etsy werden als deutlicher Hinweis auf ein Gewerbe angesehen. Ein Verkauf über Dritte ohne derartige gewerbliche Zusätze wäre für Ihren Freiberuflerstatus unschädlich - siehe unten „gemischte Tätigkeiten“.
Beachten Sie: Häufig werden Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert. Betroffene Personen gehen dann ebenso oft wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) beim Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte „verbindliche Auskunft" des Finanzamtes. Es gilt der Grundsatz der Einzelfallprüfung. Eine Verständigung mit Ihrem Finanzamt erscheint unerlässlich, um einer unsicheren Geschäftsgrundlage vorzubeugen. Allerdings gibt es bei der Gewerbesteuer einen Freibetrag von 24.500 Euro jährlichem Gewinn.
Eine Zuständigkeit von Handwerkskammern kann ich nicht erkennen. Der Druck Ihrer Schöpfungen kann in die künstlerische Tätigkeit einbezogen werden, wenn Sie keine eigene Werkstatt hierfür betreiben und/oder Personal für die Herstellung beschäftigen. Sie dürfen nur Kleinserien anbieten. Allerdings müssten Sie bei gewerblichem Verkauf (siehe oben) von der Einbeziehung einer IHK ausgehen. Denn: Wenn ein Unternehmen eindeutig und überwiegend Aufgaben im nichthandwerklichen Bereich erfüllt, wie hier vor allem im Design, und ein Gewerk ausübt, das zulassungsfrei oder handwerksähnlich ist, ist alleine die IHK zuständig. Unterhalb eines jährlichen Gewinnes von 5.200 Euro fällt kein Beitrag an. Vielfach vernachlässigt wird die Mitgliedschaft in einer Berufsgenossenschaft. Hier können Sie sich befreien lassen, wenn Sie im weniger als 100 Arbeitstage bzw. 800 Stunden jährlich in Ihrem Nebenerwerb tätig sind.
Kommen wir zu den Workshops: Hier kann eine freiberuflich unterrichtende Tätigkeit vorliegen. Nähere Informationen hierzu finden Sie in der PRAXISHILFE: Lehrende, Trainer und Coaches – freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit?. Grundsätzlich jedoch ist Ihre unterrichtende Tätigkeit freiberuflich, wenn Sie wie in Ihrem Fall nebenberuflich ausgeübt wird!
Soll verhindert werden, dass ein gewerblicher Vertrieb den freien Beruf „infiziert" (Steuerdeutsch), so sind diese Tätigkeiten steuerlich getrennt zu behandeln. Zu „gemischten Tätigkeiten - gewerblich und freiberuflich“ informiert das BMWK-Existenzgründungsportal.
Tipps des BMWK für Künstler gibt es auch hier:
Alles, nur kein Unternehmer? Tipps für Gründerinnen, Gründer und Selbständige in der Kultur- und Kreativwirtschaft.
Quelle:
Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Stand:
November 2020
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