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Übersetzerin und Coach: freiberufliche Tätigkeiten?

Frage

Ich bin Übersetzerin (Freiberuflerin, selbständig) und habe zusätzlich an einer amerikanischen Akademie eine Ausbildung zum Lifecoach gemacht. Ich möchte zunächst als Übersetzerin tätig bleiben und die Coachingtätigkeit vorerst zusätzlich aufnehmen. Am liebsten würde ich komplett Freiberuflerin bleiben - geht das? Und wenn nicht, welche Unternehmensform ist dann die richtige? Welche Rechtsform muss ich dafür wählen? Mein Angebot umfasst Einzel- und Gruppencoachingstunden sowie besagte Programme, die Arbeit erfolgt ausschließlich über das Internet (weltweit, englischsprachig). Ich arbeite allein und benötige kein Startkapital.

Antwort

Übersetzerin ist in Deutschland keine geschützte Berufsbezeichnung. Ein Abschluss als „staatlich geprüfter Dolmetscher/Übersetzer“ oder ein Hochschulabschluss ist hier für die Freiberuflichkeit unabdingbar. Wenn Sie wissenschaftliche Übersetzungen anbieten, müssen Sie nachweislich auch über ausreichende Kenntnisse in der jeweiligen Wissenschaft verfügen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, können Sie Ihre Übersetzertätigkeit beim zuständigen Finanzamt anzeigen als „selbstständige Tätigkeit“ im Gegensatz zur gewerblichen Selbstständigkeit. Da Sie als Übersetzerin bereits freiberuflich tätig sind, sollte diese Frage für Sie geklärt sein.

Kommen wir zum Coaching: Hier kann eine unterrichtende Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes vorliegen. Unterricht ist nach der Rechtsprechung die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form. Diese organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt unter anderem ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm voraus. Erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines speziell auf die Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Hierbei handelt es sich vielmehr um eine beratende Tätigkeit. Würden Sie als Lifecoach über einen Hochschulabschluss etwa in Psychologie oder Pädagogik verfügen, so könnte Ihr Einzelcoaching als freiberuflich angesehen werden. Für Gruppencoaching würden Sie für den Zugang zum freien Beruf einen Lehrplan benötigen, den Sie allerdings selbst erstellen können.

Über freiberufliche Tätigkeiten in Lehre, Training oder Coaching informiert das BMWi ausführlich in der PRAXISHILFE: Lehrende, Trainer und Coaches – freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit? (PDF, 101  KB).

Aus der von Ihnen beschriebenen Tätigkeit als Coach muss ich eine Tendenz zum Gewerbe annehmen. Da die Freiberuflichkeit im Besonderen dadurch charakterisiert ist, dass die Leistung persönlich und eigenverantwortlich erbracht wird, ist es zwingend erforderlich, dass im Rahmen von Online-Diensten ein deutlich interaktiver Austausch in individueller und spezifischer Form vorliegt. Wie dies insbesondere bei Gruppencoachings im Internet gewährleistet wird, erscheint fraglich.

Möglicherweise liegt bei Ihnen auch eine „trennbar gemischte Tätigkeit“ vor. Hierbei übt eine Einzelfreiberuflerin sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, wobei diese steuerlich getrennt zu behandeln sind. Dies ist aber nur der Fall, wenn zwischen den beiden Bereichen kein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Für eine getrennte Behandlung sind getrennte Rechnungsstellung und Buchführung erforderlich sowie separate Bank- und Kassenkonten. Betriebsausgaben sind durch Schätzung aufzuteilen. Wenn Ihre gewerblichen und freiberuflichen Tätigkeiten also getrennt in Rechnung gestellt und verbucht werden können, haben Sie auch getrennte Erfassungen bei der Steuer. Das können Sie unter einer Steuernummer machen. Sie benötigen in Ihrer Einkommensteuererklärung lediglich zwei getrennte Formulare, für selbstständige (= hier freiberufliche) und gewerbliche Tätigkeiten.

Nähere Informationen zu gemischten Tätigkeiten finden Sie im BMWi-Existenzgründungsportal.

Nach vorliegenden Erfahrungen kommt es häufig vor, dass selbstständig Lehrende und andere Dienstleister dem Finanzamt einen freien Beruf anzeigen und dabei von einer Freistellung vom Gewerbe ausgehen. Oft werden Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) beim Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und mit Kosten verbunden.

Übersetzerinnen und Coaches sind normalerweise in Form von Einzelunternehmen tätig. Dies gilt vor allem dann, wenn das Haftungsrisiko gering ist und/oder durch vertragliche Vereinbarungen sowie entsprechende Versicherungen gering gehalten werden kann. Detaillierte Informationen dazu bietet das BMWi in der Rubrik Rechtsformen.

Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Februar 2019

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