Navigation

Diplom-Psychologin: Praxis für systemische Beratung, Therapie und Coaching?

Frage

Ich bin Diplom-Psychologin, als solche im öffentlichen Dienst angestellt und würde nun nach abgeschlossenen Weiterbildungen zur Systemischen Beraterin und Therapeutin sowie zum Coach gerne psychologische Beratung, Therapie und Coaching nebenbei in freier Praxis anbieten (ca. 8-10 Stunden pro Woche). Kann ich einfach so eine Praxis eröffnen? Wie muss ich das steuerlich angeben? Was ist sonst zu beachten? Ich gehe davon aus, dass eine Heilpraktiker-Qualifikation aufgrund meines abgeschlossenen Psychologie-Studiums keine Voraussetzungen ist - oder?

Antwort

Neben psychologischen Psychotherapeutinnen und psychologischen Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten, entsprechend qualifizierten Ärztinnen und Ärzten und Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern können auch Diplom-Psychologinnen und Diplom-Psychologen mit Heilkunde-Erlaubnis heilkundlich tätig werden.

Grundsätzlich dürfen Sie als Diplom-Psychologin keine heilkundliche Behandlung von psychischen Krankheiten ausüben: „Zur Ausübung von Psychotherapie gehören nicht psychologische Tätigkeiten, die die Aufarbeitung und Überwindung sozialer Konflikte oder sonstige Zwecke außerhalb der Heilkunde zum Gegenstand haben.“ Quelle: § 1 (3) PsychThG

Gesetzliche Definition der Heilkunde: „Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.“ Quelle: § 1 (2) HeilprG

Erfahrungsgemäß arbeiten viele Diplom-Psychologinnen und Diplom-Psychologen als Therapeutinnen bzw. Therapeuten mit Erlaubnis nach HeilprG. Diplom-Psychologinnen und Diplom-Psychologen (oder Master) mit Heilkunde-Erlaubnis müssen für die „berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung“ folgende Voraussetzungen erfüllen - hier für Bayern zitiert: „Wird anhand eines Prüfungszeugnisses einer inländischen Universität oder ihr gleichgestellten Hochschule nachgewiesen, dass eine Diplom- oder Masterprüfung im Studiengang Psychologie erfolgreich abgeschlossen wurde und war das Fach „Klinische Psychologie“ Gegenstand dieser Prüfung, gelten die erforderlichen Kenntnisse als nachgewiesen“.
Quelle: Vollzug des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz - HeilprG) - Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit vom 27. Januar 2010, 5.2.1

War die Klinische Psychologie nicht nachweislich Prüfungsgegenstand, gibt es noch folgende Möglichkeit: „Steht nach Durchführung dieses Verfahrensschrittes nicht fest, ob die jeweiligen Antragstellerinnen bzw. Antragsteller über die Kenntnisse des Fachs „Klinische Psychologie“ verfügen, ist eine Kenntnisüberprüfung durch das Gesundheitsamt im Sinn der Nr. 5.2.3 durchzuführen.“
Quelle: ebd. 5.2.2

Auch ohne Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde können Sie eine psychologische Praxis gründen. Sie dürfen dabei die Grenzen zur Heilkunde nicht überschreiten (siehe oben).

Zur Freiberuflichkeit einer Diplom-Psychologin ohne Heilkundeerlaubnis: Als Psychologin und Psychologe mit einem Hochschulabschluss, der dem Diplom gleichgesetzt wird, werden Sie den freien Berufen zugeordnet. Hierzu stellte die OFD Frankfurt/Main fest: „Dagegen ist bei selbständig tätigen Diplom-Psychologen, die auf anderen Gebieten als der Psychotherapie tätig sind, eine der ärztlichen Tätigkeit ähnliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht gegeben; denn die Psychologie ist als solche keine spezifisch heilkundliche Wissenschaft. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Tätigkeit des Diplom-Psychologen als wissenschaftliche Tätigkeit darstellt. Der wissenschaftliche Charakter oder die Ähnlichkeit der Tätigkeit des Diplom-Psychologen mit einer oder mehreren der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG genannten Tätigkeiten außerhalb der Heilberufe kann jedoch nur aufgrund des Betätigungsfeldes und der Art der Tätigkeit im jeweiligen Einzelfall festgestellt werden.“ OFD Frankfurt/Main, v. 11.09.2002 - S 2246 A- 10 - St II 20

Darüber hinaus sind Psychologen mit Hochschulabschluss nicht im Einkommensteuergesetz, sondern im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) als freier Beruf genannt. Daraus folgt, dass Sie freiberuflich auch im einkommensteuerlichen Sinne tätig sind, wenn Sie im Rahmen dieses Berufsbildes arbeiten. Dies ist bei Ihnen offenbar der Fall.

Wenn Sie in der nichtklinischen Psychologie tätig sind, bestehen keine besonderen Regelungen über die Zulassung. Von einer Kostenübernahme durch die Krankenversicherung können Sie nicht ausgehen. Unter diesen Voraussetzungen können und dürfen Sie selbstständig tätig werden. Der Begriff der Therapie ist dabei nicht geschützt, im Gegensatz zur Psychotherapie. Zum Umgang mit der Berufsbezeichnung „Psychotherapie“ empfehle ich folgenden Beitrag der Universität Jena im Deutschen Ärzteblatt.

Sind Sie im Rahmen des Berufsbildes der Diplom-Psychologin tätig, können Sie dem Finanzamt eine freiberufliche (im Steuerdeutsch: selbstständige) Tätigkeit anzeigen, etwa unter der Bezeichnung „wissenschaftlich-therapeutische Tätigkeit als Diplom-Psychologin“. Auf die Verwendung des Begriffes „Coaching“ sollten Sie hier verzichten - siehe PRAXISHILFE: Lehrende, Trainer und Coaches – freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit?.

Quelle:
Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung

Stand:
August 2020

Tipps der Redaktion

Hotline 030-340 60 65 60 Für allgemeine Fragen
Montag bis Donnerstag: 8:00 - 18:00 Uhr
Freitag: 8:00 - 12:00 Uhr
nach oben