Antwort
Beginnen wir mit dem Freiberuflerstatus: Sofern Sie im klinisch-therapeutischen Bereich tätig sind (mit Zulassung zur Psychotherapie), werden Sie den freien Berufen zugordnet.
Diplom-Psychologinnen und Diplom-Psychologen – und damit vergleichbare Qualifikationen, natürlich auch der Master - sind nicht im Einkommensteuergesetz, sondern im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) als freier Beruf genannt. Daraus wird gefolgert, dass Sie freiberuflich auch im einkommensteuerlichen Sinne tätig sind, wenn Sie im Rahmen dieses Berufsbildes arbeiten.
„Unter Diplom-Psychologen sind die (heilkundlich tätigen) Psychotherapeuten und die beratenden Psychologen zu verstehen. Die beratenden Psychologen (Diplom-Psychologen) beraten Individuen und Organisationen der Wirtschaft und Verwaltung und unterstützen sie mit Methoden der angewandten wissenschaftlichen Psychologie.“
Deutscher Bundestag, 12. Wahlperiode, Drucksache 12/6152, 11.11.93, s. 10
Allerdings stellte etwa die OFD Frankfurt/Main fest: „Dagegen ist bei selbständig tätigen Diplom-Psychologen, die auf anderen Gebieten als der Psychotherapie tätig sind, eine der ärztlichen Tätigkeit ähnliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht gegeben; denn die Psychologie ist als solche keine spezifisch heilkundliche Wissenschaft. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Tätigkeit der Diplom-Psychologin und des Diplom-Psychologen als wissenschaftliche Tätigkeit darstellt. Der wissenschaftliche Charakter oder die Ähnlichkeit der Tätigkeit der Diplom-Psychologin und des Diplom-Psychologen mit einer oder mehreren der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG genannten Tätigkeiten außerhalb der Heilberufe kann jedoch nur aufgrund des Betätigungsfeldes und der Art der Tätigkeit im jeweiligen Einzelfall festgestellt werden.“
OFD Frankfurt/Main, v. 11.09.2002 - S. 2246 A- 10 - St II 20
Folglich gilt der Grundsatz der Einzelfallprüfung. So ist zum heutigen Stand in der Finanzverwaltung eine einheitliche Sicht- und Vorgehensweise nicht festzustellen. Allerdings ist in der Praxis eine deutliche Tendenz wahrzunehmen, Psychologinnen und Psychologen mit Hochschulabschluss (auch mit Bachelor-Abschluss) den freien Berufen zuzuordnen. Voraussetzung ist, dass die Berufsangehörigen im Rahmen psychologischer Berufsbilder tätig sind.
Zum Berufsbild der wirtschaftspsychologischen Beratung: „Wirtschaftspsychologische Beratung, Sozialberatung, Schulung für Beratungskunden, tatsächliches und potenzielles Verhalten und Erleben von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen oder Zielgruppen im Markt systematisch beschreiben, erklären, prognostizieren und die Wirkung von Interventionen bewerten, im Rahmen von Verbraucherberatungen über ökonomische und psychologische Wirkzusammenhänge aufklären, Veränderungen und Verbesserungen wirtschaftlich relevanter Parameter konzipieren und umsetzen“.
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, berufenet
Ergänzend zum Berufsbild des Finanzpsychologen: „Finanzpsychologie beschäftigt sich mit dem psychischen Erleben und dem Verhalten von Menschen im Zusammenhang mit Finanzentscheidungen. Dazu zählen insbesondere die Wahrnehmung und Verarbeitung von Informationen zum Geschehen an den Geldmärkten und der Ablauf und die Einflussgrößen der Entscheidungsprozesse. Zum Arbeitsgebiet dieser relativ jungen Teildisziplin der Psychologie gehören auch das Verhalten von Menschen in Veränderungsprozessen mit finanziellen Auswirkungen und das emotionale Erleben von Situation, in denen Finanzentscheidungen eine Rolle spielen.“
Beachten Sie in diesem Zusammenhang bitte: Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne oder die Umsatzsteuerpflicht für bestimmte Leistungen gibt nur die sogenannte „verbindliche Auskunft“ des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und auch mit Kosten verbunden.
So hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass eine unverbindliche Auskunft des Finanzamtes gegenüber einer Diplom-Psychologin nicht bindend war. Die Psychologin hatte auf der Grundlage eines Bescheides der Behörde fälschlich auf die Ausweisung von Umsatzsteuer verzichtet. Eine Betriebsprüfung führte zu einem anderen Ergebnis.
Bundesfinanzhof - BFH – Urteil vom 30. 3. 2011, XI R 30/09
Zur Umsatzsteuerpflicht von Psychologinnen und Psychologen im klinisch-therapeutischen Sektor ist festzustellen, dass Befreiungen möglich sind. Eine einheitliche Behandlung ist auch hier nicht festzustellen, insbesondere im Vergleich der Leistungserbringung zwischen Ärztinnen, Psychologinnen, Ärzten und Psychologen. Im Rahmen Ihrer Tätigkeit als Sachverständiger in der Rechtspsychologie müssen Sie grundsätzlich von einer Umsatzsteuerpflicht ausgehen.
Zur Rentenversicherung: Freiberufliche Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind auf der Grundlage landesrechtlicher Regelungen auch in Thüringen Pflichtmitglieder in einem Berufsversorgungswerk. In der gesetzlichen Rentenversicherung sind niedergelassene Psychologeninnen und niedergelassene Psychologen mit Lehrtätigkeiten pflichtversichert, wobei den unterrichtenden Dienstleistungen eine sehr ausgedehnte definitorische Reichweite zukommt. Die Abgrenzung zwischen beratenden und lehrenden Tätigkeiten gestaltet sich wegen fließender Übergänge schwierig. Im Zweifelsfall sollte die Clearingstelle der DRV kontaktiert werden.
Anmerkung: Auch niedergelassene Psychologeninnen und niedergelassene Psychologen, die auf Dauer und im Wesentlichen nur für eine Auftraggeberin oder einen Auftraggeber tätig sind und keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmerinnen und sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, unterliegen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Quelle:
Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Stand:
Januar 2022
Tipps der Redaktion: