Antwort
Ihre Anfrage ist nachvollziehbar. Nach meiner Erfahrung ist die Praxis der Finanzämter im Umgang mit der Yogalehre nicht einheitlich. Hinzu kommt die neuere Rechtsprechung, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Tendenz zum freien Beruf zeigt:
(Zitat) Der Begriff der freiberuflichen Tätigkeit bedürfe der Auslegung. Hierzu könne die Vorschrift des § 18 EStG herangezogen werden, die unter anderem die selbstständig ausgeübte unterrichtende Tätigkeit als Beispielsfall anführe. Zudem müsse über das für freie Berufe typischermaßen erforderliche Mindestmaß an individueller Qualifikation vorhanden sein. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt. Die Yogalehrerin übe eine unterrichtende Tätigkeit aus; sie habe die Yoga Vidya Lehrerausbildung absolviert und sei berechtigt, den Titel Yogalehrerin (BYV) zu führen. (Zitatende)
VG Trier, Beschluss v. 17.9.2015, 5 L 2377/15.TR, zitiert nach HAUFE.
Dieses Urteil nimmt Bezug auf das Einkommensteuerrecht, nicht auf das Gewerberecht. Das gilt auch für die folgende Sache:
(Zitat) Die Klägerin übt eine lehrende Tätigkeit aus und erbringt damit persönliche Dienstleistungen, die vorwiegend auf ihren persönlichen Fertigkeiten als Yogalehrerin beruhen. … Eine Ausbildung als Yogalehrer/-in unterliegt in der Bundesrepublik Deutschland keinem einheitlichen (Qualitäts-)Standard. Es bestehen unterschiedliche Ausbildungsmöglichkeiten, Prüfungen und Abstufungen mit unterschiedlicher Ausbildungsdauer. Die Klägerin hat dem Gericht eine Kopie des Zertifikats einer Yogaschule vom 4. Februar 2007 vorgelegt, der eine erfolgreiche Teilnahme an der Ausbildung zur „Yogalehrerin“ bescheinigt. Aus einem dem Gericht vorliegenden Schreiben der Ausbilderin der Klägerin vom 26. Juni 2007 ergibt sich, dass die Klägerin an einer intensiven Yogaausbildung in dem Zeitraum vom 8. Dezember 2006 bis 4. Februar 2007 teilgenommen hat, die am 4. Februar 2007 mit einer zweitägigen Prüfung erfolgreich abgeschlossen wurde. Hinzu kommen eine langjährige Yoga-Praxis der Klägerin (seit 2005) sowie Weiterbildungen, die durch Vorlage von Zeugnissen und Zertifikaten belegt wurden. … Hiermit verfügt die Klägerin über ein Mindestmaß an individueller Qualifikation, das für die Annahme einer freiberuflichen bzw. gewerblichen Tätigkeit, die in ähnlicher Art ausgeübt wird, erforderlich ist. (Zitatende)
VG München, Urteil v. 09.05.2016 - M 8 K 15.733
Das Verwaltungsgericht München nimmt Bezug auf eine „freiberufliche bzw. gewerbliche Tätigkeit, die in ähnlicher Art ausgeübt wird“. Dies ist hier wenig hilfreich, da es in Steuersachen lediglich um die Abgrenzung zwischen freien Berufen und Gewerbe geht. Immerhin zeigt sich auch hier eine positive Veränderung in der Rechtsprechung in Ihrem Sinne. Dies bezieht sich jedoch lediglich auf das Einkommensteuerrecht.
Eine heilberufliche Tätigkeit ist weiterhin ausgeschlossen. Siehe hierzu etwa:
(Zitat) Da nach den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG i.S.v. § 118 Abs. 2 FGO die Leistungen der Klägerin, soweit sie überhaupt teilweise von den Krankenkassen erstattet wurden, von diesen zum Teil ausdrücklich als Leistungen lediglich zur Prävention und Selbsthilfe i.S. des § 20 SGB V eingeordnet wurden und im Übrigen auch keine ärztlich verordneten Leistungen vorliegen (vgl. z.B. zur Hippotherapie BFH-Urteil vom 30. Januar 2008 XI R 53/06, BFHE 221, 399 , BStBl II 2008, 647 , Leitsatz), handelt es sich bei den Yoga-Kursen entgegen der Auffassung der Klägerin unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BFH nicht um Heilbehandlungen i.S. von § 4 Nr. 14 UStG a.F. (Zitatende)
BFH, Beschluss vom 04.10.2012 - Aktenzeichen XI B 46/12
Nach wie vor besteht also das Hindernis im Gewerberecht. In der Sache eines Schachlehrers wurde hierzu entschieden:
(Zitat) „Diese Qualifizierung im Einkommensteuerrecht hat für die gewerberechtliche Bewertung einer Tätigkeit als freiberuflich oder gewerblich wegen der fehlenden Übertragbarkeit der steuerrechtlichen Regelung auf die Gewerbeordnung keine Bindungswirkung. Die Terminologie des Steuerrechts ist nicht mit derjenigen des Gewerberechts identisch. Dies folgt insbesondere daraus, dass sich die Regelungszwecke der beiden Rechtsmaterien unterscheiden. (Zitatende)
Quelle: Bayerisches Verwaltungsgericht München, M 16 K 14.5250, Urteil vom 22. September 2015
Ein Softwareentwickler wurde entsprechend mit folgender gerichtlichen Schlussfolgerung konfrontiert:
(Zitat) Entgegen der Ansicht des Klägers ist es für das Gewerberecht auch unerheblich, dass das zuständige Finanzamt ihn als Freiberufler nach § 18 Abs. 1 Einkommenssteuergesetz (EStG) entsprechend der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur ingenieurähnlichen Tätigkeit von Softwareentwicklern anerkennt. … Während die Gewerbeordnung vor allem eine ordnungsrechtliche Überwachung des Gewerbetreibenden gewährleisten soll und deshalb nur in besonderen Ausnahmefällen Freie Berufe anerkennt, enthält § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG eine Öffnungsklausel, nach der neben den aufgezählten Berufen auch „ähnliche Berufe“ als Freie Berufe anerkannt werden und berücksichtigt allein fiskalische Interessen. (Zitatende)
VG Lüneburg, Urteil vom 09.12.2009 - 5 A 27/08
Grundsätzlich hat sich an dem Sachverhalt nichts geändert. Nach dem Einkommensteuerrecht kann Yogalehre freiberuflich sein, das Gewerberecht steht dem entgegen, es sei denn, dieser Unterricht würde etwa von einer Ärztin oder Heilpraktikerin durchgeführt. In vielen Ratgebern wird darauf hingewiesen, dass eine gesetzliche geschützte Berufsbezeichnung nicht vorliegt, ebenso keine staatlich anerkannte Ausbildung und Kontrolle der Berufsausübung. Dies wiederum bezieht sich nur auf die heilberufliche Tätigkeit und nicht auf die unterrichtende Dienstleistung! Es gilt weiterhin die Anforderung der Einzelfallprüfung. Dies schließt nicht aus, dass Yogalehrerinnen von Finanzämtern als selbstständig (= freiberuflich) „geführt“ werden. Eine formelle Anerkennung ist jedoch damit nicht verbunden - diese erhalten Sie über eine so genannte „verbindliche Auskunft“, die mit hohen Anforderungen und auch mit Kosten verbunden ist. Ohne diese Festlegung der Finanzverwaltung ist eine Freiberuflerstatus nicht gesichert.
Sollten Sie mit dieser Konstruktion der Abgrenzung zwischen freiem Beruf und Gewerbe Probleme haben, so kann ich das gut nachvollziehen! Andere Rechtskulturen kommen gut ohne diese Trennung zurecht.
Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
September 2019
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