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Reiki- und ThetaHealing-Ausbildung anbieten: freiberufliche Tätigkeit?

Frage

Ich bin Diplom Sozialpädagogin und seit kurzem ThetaHealing Ausbilderin/Lehrerin, d.h. ich kann Seminare für Personen anbieten und Zertifikate ausstellen, die sie berechtigen als ThetaHealer zu arbeiten. Zudem biete ich Reiki und ThetaHealing-Einzelsitzungen an. Wie muss ich diese Tätigkeit steuerlich angeben? Brauche ich ein Gewerbe, wenn ich Zertifikate ausstelle oder kann ich dies freiberuflich ausüben? Kann ich als Sozialpädagogin auch freiberuflich Sozialberatung anbieten?

Antwort

Bei Ihren Seminaren zu ThetaHealing ist zunächst zu fragen, ob eine unterrichtende Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes vorliegen kann. Unterricht ist nach der Rechtsprechung die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form. Ergänzend verweise ich auch die PRAXISHILFE: Lehrende, Trainer und Coaches – freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit? des BMWK zu unterrichtenden Tätigkeiten, für Sie insbesondere zum Coaching.

Ein freier Heilberuf liegt bei Ihnen nicht vor. Im Rahmen beratender Tätigkeiten kann Beratung bzw. Coaching insbesondere auch freiberuflich sein, sofern diese Tätigkeit zu psychologischen, soziologischen, pädagogischen, sozialpädagogischen, medizinischen, juristischen und theologischen Berufsbildern zählt auf der Grundlage einschlägiger Hochschulausbildungen (Ausnahme ohne Hochschulausbildung: Heilpraktiker für Psychotherapie). Es ist hier allerdings zu fragen, inwieweit die ausgeübten Tätigkeiten zu den jeweiligen Berufsbildern zählen. Da es sich bei ThetaHealing und Reiki nicht um wissenschaftlich anerkannte Methoden handelt, könnten hier Zweifel angemeldet werden. Somit würde eine Einstufung als Gewerbe denkbar.

So wird für Reiki festgestellt: „Das Gericht beurteilt die Maßnahmen als ‚wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden‘ im Sinne des § 64 Abs. 1 Nr. 2 f) EStDV“. Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 24.03.2013 – 1 K 781/11
Siehe hierzu auch: „Bei Reiki handelt es sich nicht um eine medizinische Therapiemethode, sondern um eine esoterische Heilslehre“. OFD Frankfurt am Main v. 20.07.2006 - S 0171 A - 157 - St 53

Sowohl ThetaHealing als auch Reiki sind also als gewerblich einzuordnen. Am Beispiel der Rechtsprechung und der Praxis der Finanzverwaltung zur Yogalehre kann ich den Sachverhalt verdeutlichen: Nach dem Einkommensteuerrecht kann Yogalehre freiberuflich sein. Das Gewerberecht jedoch steht dem entgegen, weil hier Hochschulausbildungen gefordert werden, die inhaltlich dem jeweiligen Unterrichtsgegenstand entsprechen. Die Sache ist jedoch keineswegs eindeutig: „Der Begriff der freiberuflichen Tätigkeit bedürfe der Auslegung. Hierzu könne die Vorschrift des § 18 EStG herangezogen werden, die unter anderem die selbstständig ausgeübte unterrichtende Tätigkeit als Beispielsfall anführe. Zudem müsse über das für freie Berufe typischermaßen erforderliche Mindestmaß an individueller Qualifikation vorhanden sein. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt. Die Yogalehrerin übe eine unterrichtende Tätigkeit aus; sie habe die Yoga Vidya Lehrerausbildung absolviert und sei berechtigt, den Titel Yogalehrerin (BYV) zu führen“.
VG Trier, Beschluss v. 17.9.2015, 5 L 2377/15.TR, zitiert nach Haufe.

In vielen Ratgebern wird darauf hingewiesen, dass eine gesetzliche geschützte Berufsbezeichnung nicht vorliegt, ebenso keine staatlich anerkannte Ausbildung und Kontrolle der Berufsausübung. Dies wiederum bezieht sich nur auf die heilberufliche Tätigkeit und nicht auf die unterrichtende Dienstleistung! Es gilt weiterhin die Anforderung der Einzelfallprüfung. Dies schließt nicht aus, dass Lehrende wie Sie von Finanzämtern als selbstständig (= freiberuflich) „geführt“ werden. Eine formelle Anerkennung ist jedoch damit nicht verbunden - diese erhalten Sie über eine so genannte „verbindliche Auskunft“, die mit hohen Anforderungen und auch mit Kosten verbunden ist. Ohne diese Festlegung der Finanzverwaltung ist ein Freiberuflerstatus nicht gesichert.

Es gilt der Grundsatz der Einzelfallprüfung, weshalb in Ihrer Sache eine abschließende Feststellung nicht möglich ist. Sie sollten hierzu ein Gespräch mit dem Finanzamt suchen, das auch eine beratende Funktion hat.

Zur Ausstellung von Zertifikaten: „Ein ‚Zertifikat‘ kann zunächst einmal jeder ausstellen. Der Begriff ist nicht geschützt. Ebenso offen ist, was für ein Weiterbildungsaufwand und für ein Anspruch an einen möglichen Abschlusstest damit verbunden ist. Mit dem Zertifikat bewegen wir uns im freien Markt der Weiterbildung. Hier zählen die Marke und deren Reputation.“
Quelle: Weiterbildungs-Informations-System (WIS) des DIHK - Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V.

Die Frage ist also, was ein Zertifikat „wert ist“. Zertifikate könnten Sie also sowohl als Freiberuflerin als auch als Gewerbetreibende ausstellen.
Falls Ihre unterrichtenden Tätigkeiten im Rahmen von ThetaHealing als gewerblich angesehen werden, könnten Sie diese Lehre und Ihre Dienstleistungen als Sozialpädagogin getrennt in Rechnung stellen. Das wäre dann ein so genannte „gemischte Tätigkeit“.

Quelle:
Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung

Stand:
August 2020

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