Antwort
Das Schulrecht kennt staatliche Schulen und Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulen). Letztere können Ersatzschulen sein (mit staatlicher Anerkennung und staatlich anerkannten Schulabschlüssen). In Baden-Württemberg gibt es genehmigte und anerkannte Ersatzschulen. Ergänzungsschulen hingegen erweitern das staatliche Bildungsangebot; sie können staatlich anerkannt werden und auf staatliche Abschlüsse vorbereiten. Ergänzungsschulen bieten also im Gegensatz zu Ersatzschulen Bildungsgänge und Abschlüsse an, die an öffentlichen Schulen nicht angeboten werden.
Wenn eine Privatschule auf einen staatlich anerkannten Abschluss vorbereitet, muss sie den Standards des jeweiligen Bundeslandes entsprechen. Dies gilt auch für die Qualifikation der Lehrer (erstes und zweites Staatsexamen) und die Ausstattung der Schule. Quereinsteiger werden in beschränktem Umfang zugelassen. Informationen zu Schulen in privater Trägerschaft in Baden-Württemberg erhalten Sie beim Regierungspräsidium Stuttgart unter https://rp.baden-wuerttemberg.de/rps/Abt7/PSchule/Seiten/default.aspx.
Dort werden auch die unterschiedlichen Schulformen erläutert.
Nun kommen wir zu Ihrer Ausgangslage, denn: Außerhalb des gesetzlichen Schulbegriffs befinden sich die Sprachschulen, weshalb die Gründung keiner staatlichen Anerkennung bedarf. Nähere Informationen bietet der Verband Deutscher Privatschulen Baden-Württemberg e.V. (www.vdp-bw.de).
Wollen Sie Sprachunterricht in einer Form anbieten, die nicht den oben genannten Anforderungen entspricht, also in Form einer freien Sprachschule, kontaktieren Sie bitte zunächst Ihre örtliche Baubehörde.
Die Genossenschaftsbanken bieten ein Muster-Gründungskonzept für Sprachschulen an: Branchenbrief 70 (Sprachenschule):
https://www.vr-bankmodul.de/branchenbriefe/BB_Stand_2017-04-26/GK070.pdf
Dort finden Sie viele ergänzende und vertiefende Informationen zur Gründung einer Sprachschule!
Sie können also eine freie Sprachschule gründen, auch ohne entsprechende formale Qualifikation. Wenn Sie nicht über eine einschlägige (Hochschul-)Ausbildung verfügen, gilt: Unterricht kann unabhängig von der Qualifikation der Unterrichtenden gewerbepflichtig sein. Im Einzelfall kann die Finanzverwaltung die Freiberuflichkeit akzeptieren, während das Gewerbeamt eine Gewerbeanmeldung fordert. Die Begründung aus der Sicht der Gewerbebehörden lautet: Eine Dienstleistung höherer Art liegt nur dann vor, wenn für die Ausübung der Tätigkeit ein einschlägiges Hochschul- oder Fachhochschulstudium erforderlich ist. Für den Nachhilfeunterricht wird dies nach vorherrschender Meinung verneint. Nachhilfe könne nach dieser Auffassung etwa auch von Studenten oder fortgeschrittenen Schülern erbracht werden: (Zitat) Ein solcher Unterricht ist aber weder inhaltlich noch vom Lehrpersonal als Dienstleistung „höherer Art“ anzusehen. Dies hat auch das von der Klägerin zitierte Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 7. Juni 1984 (1 K 2175/83) so entschieden. Selbst wenn auch ausgebildete Lehrer tätig seien, erfordere der Betrieb dies nicht; vielmehr könnte dieser Unterricht auch von Studenten und höherklassigen Mitschülern erbracht werden (Zitatende)
Quelle: Verwaltungsgericht Gelsenkirchen VG Gelsenkirchen, Urteil vom 18. März 2011, Aktenzeichen: 7 K 1531/10
Hier wird es in Ihrem Fall darauf ankommen, ob Ihr Bachelor aus der Ukraine in Deutschland anerkannt ist. Hier empfehle ich die Informationen der Kultusministerkonferenz unter https://www.kmk.org/service/anerkennung-auslaendischer-abschluesse.html.
Das Zwischenergebnis lautet: Auch wenn Ihr Abschluss in Deutschland nicht anerkannt ist, können Sie eine freie Sprachschule gründen. Sie können in dieser Schule auch selbst unterrichten. Sollten Sie mit Ihrem Studienabschluss ohne Anerkennung werben, müssen Sie immer angeben, dass es sich um einen ukrainischen Abschluss handelt. Bei der Frage, ob Sie steuerlich zu den freien Berufen gehören, wäre die Anerkennung von Vorteil - ein Gewerbeamt könnte ansonsten die Anmeldung eines Gewerbes fordern. Die Praxis ist hierzu sehr unterschiedlich, auch innerhalb einzelner Bundesländer.
Hier können Sie die Voraussetzungen für die steuerliche Freiberuflichkeit von Unterricht nachlesen: Eine wissenschaftliche Fachausbildung oder ein formaler Befähigungsnachweis ist für eine unterrichtende Tätigkeit im Allgemeinen nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass der Unterrichtende die sein Unterrichtsgebiet betreffenden Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, sowie die Fähigkeit, diese den Schülern zu vermitteln.
Die organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt u.a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm zur Vermittlung von Kenntnissen an den/die Lernwilligen voraus. Dies schließt einen Individualunterricht zwar nicht aus, wie sich auch aus den Urteilen des IV. Senats zum Fitness- und Bodybuilding-Studio ergibt. In diesen Fällen wird bei der Durchführung eines nach Lehrziel und Lehrmethode feststehenden Programms - Training des Körpers unter Zuhilfenahme von Geräten - der Unterricht auf die besonderen Bedürfnisse des einzelnen abgestellt. Lassen sich jedoch Kenntnisse nicht aufgrund eines für das bestimmte Fachgebiet allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lehrprogramms vermitteln, sondern erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Es handelt sich hierbei um eine beratende Tätigkeit. Sprachschulen erfüllen in der Regel die Anforderungen an eine freiberuflich unterrichtende Tätigkeit - bei den Lehrern kann es anders aussehen, wie oben gezeigt.
Sollten Sie sich entschließen, auf die Gewerbeanmeldung zu verzichten und lediglich dem Finanzamt einen freien Beruf anzuzeigen, so müssen Sie noch das Folgende beachten: Als Einzelunternehmerin wird Ihnen bei der Gewerbesteuer ein jährlicher Freibetrag von 24.500 Euro auf den Gewinn gewährt. Bleiben Ihre Einkünfte aus Gewerbebetrieb regelmäßig unterhalb dieser Grenze, müssen Sie keine Nachzahlungen der Gewerbesteuer erwarten.
Beachten sie bitte die Pflichtmitgliedschaft von Lehrenden in der gesetzlichen Rentenversicherung. Nähere Informationen finden Sie unter http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Navigation/1_Lebenslagen/02_Start_ins_Berufsleben/03_Existenzgruender/01_Selbststaendig_und_pflichtversichert/selbststaendig_und_pflichtversichert_node.html.
Die Stiftung Warentest bietet in Ihrem „Weiterbildungsguide“ einen Überblick über Sprachzertifikate: https://weiterbildungsguide.test.de/infothek/abschluesse/sprachkenntnisse-belegen
Dort finden sich auch Hinweise darauf, dass auch freie Sprachschulen ihren Absolventen aussagefähige Dokumente aushändigen sollten in Form von Teilnahmebestätigungen, Zertifikaten oder auch Zeugnissen. Darin sollten Dauer, Zeitpunkt und Inhalte des Kurses genannt sein ebenso wir Themen, Ablauf oder auch Prüfungsnoten (sofern vorhanden). Wollen Sie Zertifikate anbieten zu staatlich anerkannten Qualifizierungen, müssen Sie sich in den Anwendungsbereich des Schulgesetzes für Baden-Württemberg begeben (siehe oben).
Qualitätssiegel und Zertifizierungen für private Sprachschulen sind vor allem ein Werbeargument. Hierzu zählen Systeme zur Qualitätssicherung wie DIN EN ISO 9001, EFQM oder LQW. Darin kommt immerhin das Bemühen um Qualität zum Ausdruck, auch wenn sich Hinweise auf die Güte des Sprachunterrichts daraus kaum ableiten lassen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Feststellung, dass derartige Zertifizierungen von Sprachschulen verlangt werden, wenn staatliche Stellen wie die Arbeitsagentur deren Maßnahmen fördern sollen. Darüber hinaus ist Qualitätssicherung immer zu empfehlen, auch wenn sie aus Kostengründen „hausgemacht“ ist.
Quelle: Dr. Willi Oberlander M.A.
Unternehmensberatung
November 2017
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