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Industriemeister: nebenberufliche Dozententätigkeit um Beratungsleistungen erweitern?

Frage

Hauptberuflich bin ich Qualitätsmanager, Industriemeister Elektrotechnik und nebenfreiberuflich Dozent in einer öffentlichen Bildungseinrichtung. Ich habe eine Anfrage von einem Unternehmen, ob ich als freier Mitarbeiter Schulungen und evtl. Beratungen im Qualitätsmanagement durchführen könnte (Umfang ca. 300 Euro/monatlich) per Rechnungstellung. 1. Wenn ich neben meiner jetzigen freiberuflichen Nebentätigkeit als Dozent in einer öffentlichen Bildungseinrichtung noch diese lehrende Tätigkeit in einem Unternehmen ausführe, muss ich dann erneut ein Formular zur steuerlichen Erfassung ausfüllen? 2. Wenn ich zusätzlich die beratende Tätigkeit ausüben möchte, kann ich das ebenfalls freiberuflich tun? Wenn ja, über eine steuerliche Erfassung (Formular Kleinunternehmerregelung)? 3. Kann ich bei der Steuererklärung zwei Einnahmen-Überschussrechnungen erstellen - einmal als Dozent bzgl. der Übungsleiterpauschale und die zweite als „Berater"?

Antwort

Der Umgang der Finanzämter mit Meistern ist keineswegs einheitlich. So gilt der Grundsatz der Einzelfallprüfung. Im Folgenden wird dargelegt, wie Sie den Ihnen offenbar zustehenden Status als Freiberufler im Sinne des Einkommensteuergesetzes erlangen können.

Prinzipiell müssen Sie eine dem Ingenieur ähnliche Tätigkeit ausüben. Das niedersächsische Finanzgericht hat die Anforderungen bei einem Ingenieur in der Qualitätssicherung wie folgt zusammengefasst: „Wie der BFH in ständiger Rechtsprechung erkennt, liegt eine ähnliche Berufstätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG vor, wenn sie in ihren wesentlichen Punkten mit einem in dieser Vorschrift genannten Katalogberuf verglichen werden kann. Dazu gehört die Vergleichbarkeit der beruflichen Ausbildung und der beruflichen Tätigkeit (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 5. Oktober 1989 IV R 154/86, BFHE 158/409, BStBl II 1990, 73). Die Ausbildung muss nicht an einer Hoch- oder Fachhochschule erworben sein. Es müssen jedoch theoretische Kenntnisse vorhanden sein, die in ihrer Breite und Tiefe denen an einer Fachhochschule oder Hochschule Ausgebildeten entsprechen (BFH-Beschluss vom 14. November 2000 IV B 156/99, BFH/NV 2001, 593).“
Niedersächsisches FG, Urteil vom 13.12.2005 - 1 K 407/02

Im Rahmen der Einzelfallprüfung ist denkbar, dass insbesondere folgende Nachweise geführt werden müssen: berufliche Qualifikationen einschließlich Fort- und Weiterbildungen, beruflicher Werdegang/einschlägige Berufserfahrung und aktuelle Tätigkeit. Ein Argument für Sie: Nach dem Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) werden Meister auf dem gleichen Kompetenzniveau wie der Bachelor im Ingenieurwesen eingestuft. Ihre Lehrtätigkeit kann sich hier sehr positiv auswirken. Referenzen von (ehemaligen) Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern und Auftraggeberinnen und Auftraggebern können Hinweise auf besondere Qualifikationen geben. Hinzu kommen Nachweise wie Publikationen, die Mitgliedschaft in Berufsorganisationen, Tätigkeiten als Ausbilder usw.

Die genannten Vorbehalte schließen nicht aus, dass die Finanzverwaltung Ihre Tätigkeit als ingenieurähnlich akzeptiert. Aber: Es kommt immer wieder vor, dass die Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflerinnen und Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung angenommen werden. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberuflerin oder Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) bei Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte "verbindliche Auskunft" des Finanzamtes.

Ähnliches gilt für Ihre unterrichtende Tätigkeit. Nähere Informationen hierzu finden Sie in der PRAXISHILFE: Lehrende, Trainer und Coaches – freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit?. Grundsätzlich jedoch ist Ihre unterrichtende Tätigkeit freiberuflich, wenn Sie wie in Ihrem Fall nebenberuflich ausgeübt wird!

Im Normalfall haben Sie für Ihre beratende und Ihre lehrenden Tätigkeiten jeweils eine Steuernummer, unabhängig von der Zahl der jeweiligen Auftraggeberinnen und Auftraggebern. Haben Sie Kosten, die Sie zwischen beiden (elektronischen) Formularen nicht eindeutig trennen können (z.B. Büromaterial), so können Sie diese mittels Schätzung aufteilen. Für eine weitere unterrichtende Tätigkeit müssen Sie nicht ein neues Formular zur steuerlichen Erfassung ausfüllen, für eine neue beratende Dienstleistung sollten Sie dies tun.

Zur Kleinunternehmerregelung informiert das BMWK-Existenzgründungsportal.

Zur Inanspruchnahme nutzen Sie das Formular zur steuerlichen Erfassung. Umsatzsteuer müssen Sie dennoch erheben, aber keine Voranmeldungen leisten. Meine Empfehlung: Nutzen Sie für Buchungen und Steuererklärung (einschließlich Einnahmenüberschussrechnung) eine entsprechende Software. Gute Angebote gibt es schon für 20 bis 30 Euro (steuerlich absetzbar). Empfehlungen kann ich hier nicht abgeben.

Quelle:
Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung

Stand:
Oktober 2020

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