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Versicherungsbüro eröffnen: scheinselbständig?

Frage

Ich war in der Versicherungsbranche tätig im Außendienst und möchte jetzt über ein Versicherungsbüro weiterarbeiten. Ich habe ein Gewerbe und eine Steuernummer beim Finanzamt, ein eigenes Büro und eine Telefondame für meine Termine. Gelte ich als scheinselbständig?

Antwort

Bei der Beurteilung, ob es sich um eine selbständige Tätigkeit oder um eine „Scheinselbständigkeit", in Wirklichkeit also ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handelt, kommt es nicht primär auf die Vertragsgestaltung oder die für die Geschäftsbeziehung gewählte Bezeichnung an. Ausschlaggebend ist vielmehr deren Ausgestaltung, d.h. die tatsächlichen Verhältnisse, unter denen die Tätigkeit ausgeübt wird.

Kriterien zur Abgrenzung sind beispielsweise, ob und wie weit Ihnen gegenüber ein Weisungsrecht zu Art, Zeit und Ort der Arbeitsverrichtung Zeit besteht. Ferner kann es von Bedeutung sein, ob Sie selbst ein wirtschaftliches Risiko tragen, d.h. ob Sie eigenes Kapital oder Arbeitsmittel für die Tätigkeit einsetzen oder ob Ihnen diese vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden. Diese und weitere Informationen hierzu finden Sie in dieser Broschüre unter „Scheinselbständigkeit".

Diese klassischen Abgrenzungskriterien gelten z.B. auch für Handelsvertreter, die eine eigene Firma als Versicherungs- und Bausparkassenvertreter führen, beschrieben auch in der Anlage 2 des Rundschreibens der Sozialversicherungen vom 21. März 2019 (hier: Rundschreiben aus 2019 - Statusfeststellung von Erwerbstätigen Stand: 21.3.2019 - Datei: Anlage 2 auswählen).

Bestehen hiernach weiterhin Zweifel, besteht die Möglichkeit ein Statusfeststellungsverfahren bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund durchzuführen. Auf diese Weise können Sie, aber in erster Linie der für die Beitragszahlung haftende Auftraggeber, das Risiko einer nachträglichen Beitragsnachforderung als Ergebnis von Betriebsprüfungen u.ä. vermeiden. Die Antragvordrucke zum Statusfeststellungsverfahren finden Sie hier.

An dieser Stelle möchte ich Sie aber zusätzlich darauf hinweisen, dass auch für Selbständige, sofern sie die auf Dauer und im Wesentlichen nur für eine Auftraggeberin oder einen Auftraggeber tätig sind, grundsätzlich kraft Gesetzes eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Auch Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter, die im Rahmen von Vermittlungsmodellen tätig werden, fallen darunter. Eine Tätigkeit für eine Auftraggeberin und einen Auftraggeber liegt vor, wenn Sie mindestens fünf Sechstel der gesamten Betriebseinnahmen aus den zu beurteilenden Tätigkeiten allein aus der Tätigkeit für eine Auftraggeberin und einen Auftraggeber beziehen. Die Versicherungspflicht tritt hingegen nicht ein, wenn die selbständige Tätigkeit als geringfügig anzusehen ist, d.h. wenn der monatliche steuerrechtliche Gewinn nicht mehr als – seit Januar 2024 – 538 Euro beträgt oder Sie selbst im Zusammenhang mit Ihrer selbständigen Tätigkeit eine versicherungspflichtige Arbeitnehmerin oder einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Letzteres könnte durch die Beschäftigung der Telefondame gegeben sein. Sofern aufgrund dieser Vorschrift dem Grunde nach Versicherungspflicht besteht, kann eine Befreiung für Existenzgründerinnen und Existenzgründer für die Dauer von drei Jahren beantragt werden (verspätete Antragstellung führt zur Verkürzung des Befreiungszeitraumes). Nach Ablauf der drei Jahre tritt Versicherungspflicht ein, es sei denn es wird – wie bereits beschrieben – entweder eine versicherungspflichtige Arbeitnehmerin bzw. einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt oder die Betriebseinnahmen verteilen sich dann so auf verschiedene Aufraggeberinnen oder Auftraggeber, dass nicht mehr als fünf Sechstel von einer Auftraggeberin oder einem Auftraggeber kommen. Diese und weitere Informationen hierzu finden Sie in dieser Broschüre.

Sofern Sie weitere Fragen haben oder Unterstützung benötigen, wenden Sie sich bitte an das kostenfreie Servicetelefon der Deutschen Rentenversicherung unter 0800 1000 4800.

Quelle:
Carsten Schulz
Deutsche Rentenversicherung Bund

Stand:
Juli 2020

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