Antwort
Wenn Sie als Betriebswirtin in freiberuflicher Form Beratungsdienstleistungen anbieten möchten, wäre zunächst zu prüfen, ob es für Ihre geplante Berufsausübung eine gesetzliche Verpflichtung für den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung gibt wie beispielsweise für Betriebswirtinnen, die sich als Steuerberaterinnen betätigen oder Betriebswirte, die sich als Steuerberater betätigen, siehe § 67 Absatz 1 Steuerberatergesetz und § 51 DVStBerG.
Abgesehen davon gilt: Da jegliche Beratung zur Folge haben kann, dass Ihre Auftraggeberinnen und Auftraggeber Ihren Empfehlungen folgen und dann durch aktives Tun oder durch Unterlassen einen Schaden erleiden, sollte zum Schutz Ihres Privatvermögens auf jeden Fall eine Berufshaftpflichtversicherung als Vermögenshaftpflichtversicherung abgeschlossen werden. Am besten teilen Sie verschiedenen Anbietern von Berufshaftpflichtversicherungen mit, in welchem Bereich Sie welche Beratungsdienstleistungen erbringen möchten und welche typischen Risiken sich dabei verwirklichen könnten und in welcher Höhe in welcher Anzahl pro Kalenderjahr Schadensfälle denkbar sein könnten. Die Anbieter von Berufshaftpflichtversicherungen machen Ihnen dann Angebote und Sie können einen passenden Vertrag abschließen.
Ihre Frage als Betriebswirtin an mich als Rechtsanwältin, welche „realen Gefahren“ aus Ihrer Beratung folgen können, können Sie selbst wahrscheinlich am besten beantworten, weil Sie wissen, welchen Personenkreis mit welchem Vorwissen Sie zu welchen Themen mit welchem Anspruchsgrad und welcher Tragweite beraten wollen. Wenn Sie z.B. ein mittelständisches Unternehmen beraten, ob dieses einen wichtigen Vertrag mit einem anderen Unternehmen unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten abschließen soll, kann es beispielsweise theoretisch sein, dass dann, wenn Sie zuraten, ein schwerer Schaden entstehen kann, weil die unternehmerische Entscheidung Ihr Auftraggeberinnen-Unternehmen bzw. Auftraggeber-Unternehmen finanziell und/oder leistungsmäßig überfordert und dann hohe Vertragsstrafen im Zusammenhang mit dem Abbruch der Geschäftsbeziehung anfallen, die Ihr Auftraggeber-Unternehmen in die Insolvenz führen. Sie werden dann bei schuldhaften Pflichtverletzungen bei der Erbringung Ihrer Beratungsdienstleistungen möglicherweise vom Insolvenzverwalter Ihres Auftraggeberinnen-Unternehmens bzw. Ihres Auftraggeber-Unternehmens in die volle Haftung genommen. Umgekehrt kann auch ein Abraten fehlerhaft sein. Wenn Sie beispielsweise theoretisch einem Unternehmensvorstand abraten, eine Mehrheitsbeteiligung an einem anderen Unternehmen zu erwerben, weil Sie die betriebswirtschaftlichen Analysen im Rahmen der Due Diligence fachlich fehlerhaft durchgeführt haben, kann es sein, dass ein großer Schaden wegen einer entgangenen Verbesserung der strategischen Marktposition Ihres Auftraggeberinnen-Unternehmens bzw. Ihres Auftraggeber-Unternehmens entstanden ist und/oder dass man Ihnen später entgangene hohe Gewinne als Haftpflichtschaden vorwerfen könnte. Ob die Forderungen dann berechtigt und durchsetzbar sind, sei dahingestellt, auf jeden Fall ist es wichtig, dass Sie vorsorglich für solche nicht ausschließbaren Berufsausübungsfolgen einen umfassenden Versicherungsschutz haben.
Wichtig ist zu wissen, dass es auch beim Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung keinen vollständigen Schutz gibt, denn oft ist die Anzahl der Fälle, die pro Jahr bezahlt werden, begrenzt, die Höhe der einzelnen Schadensersatzzahlung kann begrenzt sein, es gibt vielfach Ausschlüsse, unter anderem z.B., wenn vorsätzlich oder wissentlich ein Schaden herbeigeführt worden ist oder Auslandsbezüge nicht versichert sind oder wenn ein Serienschaden vorliegt, um nur einige Beispiele zu nennen.
Der Abschluss von Einzelpolicen auf Kosten einer Auftraggeberin oder eines Auftraggebers ist in der Praxis dafür vorgesehen, dass Einzelfälle ein sehr hohes Schadensvolumen erzeugen könnten, das durch die bereits bestehende Berufshaftpflichtversicherung von der Art her und/oder der Höhe nach nicht vollständig abgedeckt wäre. Die Beschaffung einer solchen Einzelpolice ist in der Praxis aufwändig und zeitintensiv, weil die Versicherungsgesellschaft dann, um ihr Versicherungsrisiko einschätzen und mittels Versicherungsprämie bewerten zu können, sehr viele Detailfragen haben kann. Auch sind solche Einzelpolicen meist recht teuer und nicht jeder Auftraggeber ist bereit, die hohen Einzelpolicenkosten selbst zu tragen, so dass Sie dann auch einen Wettbewerbsnachteil bei der Akquisition von neuen Aufträgen haben würden.
Ihre Frage, ob Sie „projektbezogene“ Versicherungsverträge abschließen können, ist zu bejahen. Sie würden in Betracht kommenden Versicherungsgesellschaften mitteilen, worum es geht und was Sie in welchem Umfang gegen welche Risiken versichern wollen würden und Sie erhalten dann Angebote und können entscheiden, was Sie zu welchem Preis abschließen möchten. Die Einzelheiten werden dann im Vermögenshaftpflichtversicherungsvertrag explizit vereinbart.
Im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten und der Rechtsprechung kann in gewissen Grenzen der Umfang der Haftung eingeschränkt werden. Es gibt dabei unterschiedliche rechtliche Regelungen einerseits für formularmäßige Haftungsbeschränkungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in Musterverträgen und andererseits bei individuell mit dem Kunden verhandelten Einzelvereinbarungen zur Haftungsbeschränkung. Da hierzu eine umfangreiche Rechtsprechung, die sich ständig fortentwickelt, existiert, ist eine rechtswirksame Gestaltung rechtlich anspruchsvoll und durch eine erfahrene Anwaltskanzlei durchzuführen und durch Rechtsprüfungen auch anschließend ständig auf dem aktuellen Stand zu halten.
Zu den Haftungsgefahren für Betriebswirtinnen und Betriebswirte gibt es sehr viel Rechtsprechung, wobei das Meiste sich auf Berufsbilder wie Wirtschaftsprüferinnen und Steuerberaterinnen bzw. Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bezieht. Diese Rechtsprechung ist jedoch auch auf Betriebswirtinnen und Betriebswirte übertragbar, die kein klassisches Berufsbild ausüben, sondern als „Consultant“ oder „Experte“ ihre Tätigkeit ausüben.
Meine Empfehlung wäre, dass Sie sich an eine Rechtsanwaltskanzlei wenden, die Sie speziell zu der geplanten Berufsausübung in den von Ihnen überlegten Geschäftsfeldern berät, für Sie Musterverträge mit den Kundinnen mit Haftungsbeschränkungen und den Kunden mit Haftungsbeschränkungen gestaltet und Sie dabei unterstützt, einen geeigneten Berufshaftpflichtversicherungsschutz zu finden und Ihnen auch erläutert, wie Sie den Beruf so ausüben, dass Sie nicht in den Bereich von Ausschlüssen des Schutzes Ihrer Berufshaftpflichtversicherung geraten können.
Quelle:
Dr. Babette Gäbhard
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Mitglied der Rechtsanwaltskammer München
Stand:
Juli 2020