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Yoga-Seminare zu zweit anbieten: GbR gründen?

Frage

Ich plane mit einer Partnerin eine Ferien-Retreat-Woche, in einem Seminarhaus mit Yoga und Kinderprogramm anzubieten. Wir sind beide in Teilzeit in anderen Berufen tätig und möchten dieses Angebot zunächst einmalig – evtl. danach regelmäßig (nur gelegentlich) – anbieten. Müssen wir ein Gewerbe anmelden oder kann die Organisation der Reise freiberuflich angeboten werden? Sollten wir eine GbR gründen oder können wir als Einzelpersonen die Verträge mit den Teilnehmern schließen? Handelt es sich bei der (einmaligen/gelegentlichen) Reiseorganisation um eine Reiseveranstaltung – mit entsprechenden Konsequenzen für die Haftung? Insbesondere, wenn die Teilnehmer die Unterkunft nicht selbst buchen. Macht es Sinn, einen Verein zu gründen und die Reise/n als Verein anzubieten?

Antwort

Sie möchten wissen, ob die auf Gewinnerzielung gerichtete Durchführung von Yoga-Wochenend-Seminaren, bei denen Sie und Ihre Partnerin die Organisation mit Buchung der externen Seminarräumlichkeiten am Urlaubsort/Seminarort sowie die Erteilung von Yoga-Unterricht anbieten und ggfs. auch noch für die Übernachtungsmöglichkeiten und die Verpflegung sorgen, unter den Begriff einer „Reiseveranstaltung“ fällt oder nicht. Offen ist, ob Sie auch die Anreise der Seminarteilnehmerinnen und Seminarteilnehmer zum externen Seminarort durchführen.

Ein Reisevertrag ist ein schuldrechtlicher Vertrag, der dem Werkvertrag angenähert ist, weil der Erfolg beziehungsweise der Nutzen einer gelungenen Reise wie angeboten geschuldet wird und der Reisende verpflichtet ist, den Reisepreis als Gegenleistung zu bezahlen. Reiseveranstalterinnen und Reiseveranstalter ist nach der Rechtsprechung und der Kommentarliteratur, wer in eigenem Namen auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko touristische Dienstleistungen anbietet. Besondere Regelungen speziell zu Pauschalreisen sind in den §§ 651 a ff. BGB im Bürgerlichen Gesetzbuch zu finden. Nach der Definition in § 651 a Absatz 1 bis Absatz 3 BGB liegt eine Pauschalreise vor, wenn mindestens zwei touristische Dienstleistungen von einem Veranstalter zu einem Pauschalpreis angeboten werden, dabei kann die Pauschalreise auch modular-artig zusammengesetzt werden. Liegt keine Pauschalreise vor, dürfte meist ein Reisevertrag über einzelne touristische Dienstleistungen vorliegen. Es kommt also immer auf den Einzelfall an, was Sie konkret anbieten wollen.

Wenn Sie das gesamte Wochenende organisieren und durchführen und die vollständige Verantwortung für die sichere Durchführung mit Übernachtung, ggfs. vollständiger Verpflegung und die Verantwortung auch für das entsprechende „Urlaubsgefühl“ der Teilnehmerinnen und Teilnehmer tragen, dürfte eine Reiseveranstaltung, eventuell sogar mit Pauschalcharakter vom Begriff her, vorliegen, bei der Sie als touristische Dienstleistungen die Planung und Reisedurchführung sowie ggfs. die kulinarische Verpflegung ihrer Kundinnen und Kunden mit Speisen und Getränken anbieten. Sofern jedoch alle Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 651 a Absatz 4 oder des Absatz 5 BGB vorliegen, wären allerdings die Vorschriften für Pauschalreisen nicht anwendbar. Das wäre z.B. dann der Fall, wenn die Veranstaltung weniger als 24 Stunden dauert, keine Übernachtung umfasst und der Reisepreis nicht EUR 500,00 übersteigt (Gesetzesstand Mai 2020), wobei Sie keinen Angaben zu Ihrer Preisgestaltung gemacht haben. Kommt das Pauschalreiserecht der §§ 651 a ff. BGB nicht zur Anwendung, gelten für den Reisevertrag ersatzweise die allgemeinen bürgerlichen Regelungen des Dienstvertrags, des Werkvertrags, des Unterrichtsvertrags, des Übernachtungsvertrags und weiterer Vertragsarten je nach dem konkreten Inhalt der angebotenen Einzelleistungen.

Da standardmäßiger Yogaunterricht überwiegend in der Rechtsprechung nicht als „persönliche Dienstleistungen höherer Art“ angesehen wird und dieser Form des Unterrichts auch keine heilbehandelnde Wirkung im Sinne des Steuerrechts zugeschrieben wird, liegt bei der üblichen Ausführung normalerweise kein freier Beruf vor, vorsorglich sollten Sie daher ein Gewerbe anmelden. Gute Ausführungen zum Einstieg in dieses Thema hat Herr Dr. Willi Oberlander hier im Expertenforum vorgenommen.

Sofern Ihr Angebot auf hochwertige Seminarqualität von studierten Sozialpädagoginnen abstellt, könnte je nach der Ausgestaltung auch eine freiberufliche Tätigkeit vorliegen. Wenn allerdings die Reisedurchführung mit im Angebot enthalten ist und durchgeführt wird, liegt schon allein deswegen ein Gewerbe vor.

Vertragspartner Ihrer Kundinnen und Kunden können Sie und Ihre Partnerin getrennt sein und jeweils Einzelverträge mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern schließen oder Sie können als Gesellschaft des bürgerlichen Recht die Reisen anbieten und durchführen. Sofern Sie gemeinsam die Reisen anbieten, liegt ohnehin die Außenhaftung einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts vor, wenn die Kundinnen und Kunden Sie beide als gemeinsame Reise- und Seminarveranstalter erleben und wahrnehmen. Mit Ihrem persönlichen Vermögen haften Sie (und Ihre Partnerin) sowohl als Einzelperson, die den Vertrag mit den Kundinnen oder Kunden abschließt, als auch als Gesellschafterin einer GbR. Sie können auch eine andere Rechtsform für das Angebot wählen, z.B. eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), also eine Mini-GmbH, oder einen Verein.

Wenn Entgelt verlangt wird, liegt ab dem ersten Geschäft eine Gewinnerzielungsabsicht vor, dies unabhängig davon, ob nur ein Seminarwochenende angeboten wird oder weitere Tätigkeiten folgen.

Für die Beurteilung des Vorliegens einer Haftung macht es keinen Unterschied, ob Sie den Yoga-Unterricht einmal oder oft, entgeltlich oder unentgeltlich, für viel Vergütung oder für wenig Vergütung oder auf Spendenwunsch-Basis anbieten. Generelle Gefahren und Haftungsrisiken im Bereich von Personenschäden, die sich im Yogaunterricht typischerweise realisieren können, sind beispielsweise - wie ich auch schon in früheren Antworten von derartigen Anfragen hier im Expertenforum ausgeführt habe - Rücken-, Genicks-, Gelenks-, Kopf- und sonstige Körperverletzungen, Überanstrengungen und die klassischen körperlichen Schäden bei sportlicher Tätigkeit. Ursachen können eine falsche Übungsanleitung von der Yogaunterrichtsperson sein, eine falsche Übungsausführung durch den Yogaschüler oder die Yogaschülerin, ein rutschiger Boden, eine unbekannte Disposition für eine Schadensfolge beim Yogaschüler oder der Yogaschülerin, Stolpern von Schülern über einen herumliegenden Gegenstand uvm. Ob auch seelische Schäden durch den Unterricht durch philosophische Aussagen oder persönliche Beratungsleistungen in Betracht kommen, hängt vom Einzelfall des Angebotes ab. Folgekosten sind je nach Sachlage beispielsweise Arztkosten, Gutachterkosten, Schmerzensgeld, Therapiekosten, Kosten für Medikamente, Arbeitsausfall, Berufsunfähigkeit beim Yogaschüler oder der Yogaschülerin bei krassen Schadensverläufen (z.B. Querschnittslähmung), Prozesskosten, wenn es zum Streitfall kommt uvm. Auch Sachschäden können sich realisieren, z.B. die Zerstörung oder Beschädigung einer Brille oder eines Hörgerätes, eines Übungsgerätes, von Kleidung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und vieles mehr. Hier empfiehlt sich eine umfassende Berufshaftpflichtversicherung, denn eine private Haftpflichtversicherung deckt nach den üblichen Versicherungsbedingungen nicht die Schäden aus der professionellen Erteilung von Unterricht ab. Mithin benötigen Sie also eine Berufshaftpflichtversicherung, die die oben dargestellten Themen absichert. Sofern Sie mit besonderen Risikogruppen arbeiten wie Kindern, Schwangeren, erkrankten Personen o.ä. lassen Sie dies ausdrücklich in den Versicherungsumfang aufnehmen. Für Unterricht im Freien kommen zusätzliche und anderweitige Risiken hinzu, die sich aus der Situation im freien Gelände ergeben können, z.B. Rutschgefahren, Stolpergefahren, kein Schutz vor angreifenden frei herumlaufenden Hunden o.ä. Ob Sie in einem solchen Fall haftbar gemacht werden können, wird je nach dem Einzelfall zu beurteilen sein. Auf jeden Fall ist es gut, wenn Sie beim Abschluss Ihrer Berufshaftversicherung diese spezielle Form der Unterrichtsgestaltung und somit der Berufsausübung ausdrücklich so umfangreich wie nötig und möglich mitversichern.

Sofern Sie Unterricht außerhalb von Deutschland anbieten sollten, wäre zusätzlich ein Auslandsschutz mit zu vereinbaren.

Am besten lassen Sie sich in einer Anwaltskanzlei konkret zu allen Einzelheiten beraten, zumal dann auch ein Mustervertrag zwischen einerseits Ihnen und Ihrer Partnerin und andererseits den Teilnehmern Ihrer Wochenend-Yogaseminare erstellt werden kann, der die angebotenen Leistungen genau beschreibt und gleichzeitig auch Ihre Haftung im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten gegenüber den Kundinnen und Kunden möglichst begrenzt.

Quelle:
Dr. Babette Gäbhard
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Mitglied der Rechtsanwaltskammer München

Stand:
Mai 2020

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