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Zwei Einzelunternehmer: sich gegenseitig beauftragen?

Frage

Ich (Mediengestalter) und ein Freund (Webentwickler) sind beide als nebenberuflich selbständig tätig. Da sich unsere Arbeiten gut ergänzen, möchten wir in Zukunft hauptsächlich gemeinsam Aufträge annehmen und eine gemeinsame Homepage erstellen. Wäre es eine Scheinselbständigkeit, wenn ich dem Kunden eine gemeinsame Rechnung stelle und mir wiederum eine Rechnung vom Freund gestellt wird? Oder andersrum - mal so oder so? Die Zeiteinteilung, Honorar etc. würden wir gemeinsam mit dem Kunden besprechen. Die persönliche Zeiteinteilung obliegt jedem selbst. Als letzte Lösung haben wir überlegt, eine GbR zu gründen. Wir wohnen beide in Mietwohnungen mit jeweils einem Arbeitszimmer. Könnte man wie gehabt je 1.250 Euro für ein Arbeitszimmer geltend machen? Wie müsste der Vertrag gestaltet werden, dass die Bezahlung je nach Arbeitsaufwand erfolgt?

Antwort

Gerne beantworte ich Ihre Fragen, erlaube mir aber folgende Vorbemerkung: Sie skizzieren Ihre verschiedenen Überlegungen in abstrakter Form, ohne dass die konkreten Einzelheiten erkennbar sind. Offen ist für mich auch, ob Sie beide, Sie und Ihr Freund, anderweitige Tätigkeiten ausüben und zukünftig weiterhin ausüben möchten. Mir ist auch nicht klar, was Sie genau gemeinsam für Dienstleistungen und Endprodukte anbieten wollen. Daher kann nachfolgend nur auf einzelne Teilaspekte, die Sie ansprechen, jeweils allgemein eingegangen werden, dies ohne Anspruch auf Vollständigkeit und Einschlägigkeit, und ich wähle mögliche allgemeine Beispiele zur Veranschaulichung, die Sie dann auf Ihre tatsächlichen angebotenen Tätigkeiten übertragen können.

Wenn Sie jeweils im Außenverhältnis als Einzelanbieter auftreten mit einem Einzelunternehmen mit eigener Einzelwebsite und Ihr Freund macht dies mit seinem separaten Einzelunternehmen mit separater Einzelwebsite genauso und Sie beauftragen sich wechselseitig als Subunternehmer für bestimmte Tätigkeiten im Rahmen einer dauerhaften Zusammenarbeit, haben Sie möglicherweise nicht nur einen direkten Wettbewerb, weil Sie gegebenenfalls das gleiche gemeinsame „Endprodukt“ bzw. die gleiche gemeinsamen „Gesamtdienstleistung“ anbieten möchten und es könnte Streit wegen der Abrechnung geben, vor allem bei Folgekunden, sondern es ist auch - wie Sie richtig vermuten - die Gefahr der Situation einer Scheinselbständigkeit gegeben, sofern nicht jeder für sehr viele eigene andere Auftraggeber zusätzlich selbständig tätig ist und viele Rechnungen auch an viele andere Auftraggeber schreibt. Ob eine Scheinselbständigkeit vorliegt, hängt von einer Vielzahl von Kriterien ab, und es kommt immer auf alle Umstände im konkreten Einzelfall an.

Wenn Sie, was Sie als nächste Überlegung schreiben, eine gemeinsame Webseite betreiben möchten, haben Sie ein hohes Risiko, dass Sie ohnehin als gemeinsame Anbieter und damit als Außen-GbR wahrgenommen werden, d.h. dass der Geschäftsverkehr aus dem gemeinsamen Geschäftsauftritt schließt, dass Sie gemeinsam die Waren und Dienstleistungen anbieten und gemeinsam für alles haften. Sie entscheiden also mit der Form und dem Inhalt Ihres Auftretens selbst wesentlich über die Frage, ob der Rückschluss auf eine GbR gezogen werden kann oder nicht. Gerne erläutere ich dies nachfolgend: Wenn Sie eine Webseite gemeinsam betreiben möchten, wie Sie schreiben, gleichzeitig aber deutlich machen möchten, dass Sie keine Außen-GbR oder Innen-GbR sind, müssten Sie eine sehr klare Unterscheidbarkeit für beide Geschäftsauftritte schaffen und die juristisch richtigen Fachbegriffe verwenden. Möglich ist es z.B., von einem „Netzwerk“ oder „Kooperationspartnern“ zu sprechen. Es genügt allerdings nicht nur die richtige Wortwahl zu verwenden, sondern es muss auch aus dem Gesamtauftritt mit getrennten Geschäftsnamen, Logos, Anschriften, Kontaktdaten, Mailadressen, Geschäftsräumen und mit allen Texten auf der Webseite und in Ihren Angeboten etc. deutlich gemacht werden, dass Sie voneinander unabhängige Dienstleistungen/Verkaufsprodukte jeweils einzeln auf eigene Verantwortung und eigenes Risiko und eigene Haftung anbieten. Wenn das Endergebnis dann jedoch ein Gesamtprodukt ist, dass der Kunde als werkvertragliche Leistung „abnimmt“, z.B. eine perfekt grafisch und designmäßig programmierte neue Webseite nach individuellen Kundenwünschen, wird es schwierig sein, hier in der Praxis eine Unterscheidung zu machen. Dazu wäre eine fachanwaltliche Beratung sinnvoll, vergleiche dazu noch unten.

Möglich wäre somit zur Vereinfachung der Rechtssituation die Gründung einer Gesellschaft, z.B. einer GbR oder einer GmbH oder einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung nach dem PartGG oder einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) (= Mini-GmbH mit der Höhe nach frei wählbaren Stammkapital), bei welcher Ihre Kunden dann alle Waren und Dienstleistungen im Paket von der Gesellschaft einkaufen können und dann ist die Gesellschaft die Auftragnehmerin und haftet für alles. Mit dem Privatvermögen würden Sie allerdings auch haften, wenn Sie sich für eine GbR entscheiden. Sicherer wäre eine der anderen vorgenannten Gesellschaftsrechtsformen.

Wenn Sie eine Gesellschaft gründen, benötigen Sie einen Sitz für die Gesellschaft mit Briefkasten, Geschäftsschild, Klingel und Kontaktdaten. Ob dies in der privaten Mietwohnung möglich ist, müsste zunächst mit der Vermieterin bzw. mit dem Vermieter geklärt werden. Wenn der Mietvertrag zum Wohnraum dann auf einen gemischten Wohn- und Geschäftsraummietvertrag umgestellt wird, können Sie anteilig die auf die Geschäftsraumfläche entfallenden Ausgaben steuerlich absetzen. Es handelt sich dann nicht mehr um ein „häusliches Arbeitszimmer“, denn das Unternehmen hat ja dann seinen Hauptsitz in den Räumen. Eine Ausnahme könnte nur dann gelten, wenn Sie zusätzlich noch woanders eine Hauptberufstätigkeit haben und bezogen auf diese Hauptberufstätigkeit ein separates „häusliches Arbeitszimmer“ steuerlich zusätzlich geltend machen können. Dies alles besprechen Sie am Besten im Vorfeld mit Ihrer Steuerberaterin oder Ihrem Steuerberater.

Wenn Sie, wie Sie schreiben, „gemeinsam mit den Kunden alles besprechen“, stellen sich die oben genannten Themen stets in der Weise, was Sie den Kunden mitteilen zu a) Ihrer Form des Rechtsauftritts, b) wer was anbietet und c) wer welchen Erfolg schuldet und d) wer wofür haftet, e) wie von wem wann nach welchem Leistungsfortschritt abgerechnet werden darf und f) was bei Schadensfällen oder Leistungsverzug gelten soll, um einige Aspekte anzusprechen, es gibt natürlich noch viel mehr zu beachten und zu regeln, auch zum Beispiel Versicherungsfragen. Sie benötigen also ein rechtssicheres Konzept, das Sie in die Wirklichkeit umsetzen und dann Ihren Kunden entsprechend schriftlich und mündlich erläutern.

Sie fragen, wie der Vertrag gestaltet werden muss, damit Sie nach Arbeitsaufwand abrechnen können? Es kommt darauf an, was Sie überhaupt für Dienstleistungen und Endergebnisse mit Ihrem Freund den Kunden anbieten, ob Hardware und Software verkauft wird, ob Lizenzen für Designs und/oder Software benötigt werden und welche Service-, Wartungs- und Social-Media- bzw. Newsblog-Pflegetätigkeiten Sie z.B. neben dem möglichen Webseitenprogrammieren, Webseitenentwickeln, Medienberatung etc. anbieten wollen. Grundsätzlich sind Verträge im IT- und Webdesign- und Entwicklungsbereich gemischttypische Verträge und es kommt auf den Einzelfall an, ob kaufvertragsrechtliche, dienstvertragliche oder werkvertragliche Elemente schwerpunktmäßig betroffen sind. Bei der Medienberatung ist eine reine Dienstleistung mit der Abrechnung nach Stunden eher vorstellbar. Am besten wenden Sie sich an eine Fachanwaltskanzlei für Informationstechnologie-Recht (IT-Recht), die Sie zu allen oben genannten Themen individuell berät und Ihnen die passenden Musterverträge für Ihre Kundinnen und Kunden erstellt.

Quelle:
Dr. Babette Gäbhard
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Mitglied der Rechtsanwaltskammer München

Stand:
September 2020

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