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„Am Ende machen die Motivation und die Hartnäckigkeit den Erfolg aus.“
Einleitung
An der TU Bergakademie Freiberg in Sachsen arbeiten vier junge Wissenschaftler/-innen derzeit daran, künftig mit einem innovativen Produktionssystem hochqualitative Edelmetallnanopartikel herzustellen. Ziel ist es, Tinten in verbesserter Qualität für den Inkjet-Druck von elektronischen Bauteilen zu produzieren.
Wir haben mit der Geschäftsführerin Nadja Lumme (31) über die Pläne und die Gründung gesprochen.
Frau Lumme, Sie entwickeln Edelmetallnanopartikel, die Sie später zur Herstellung spezieller Tinten verwenden. Um welche Anwendungsgebiete geht es dabei vorrangig?
Nadja Lumme: Es handelt sich dabei um Tinten, die mit einem speziellen Inkjet-Drucker verdruckbar sind. Dabei handelt es sich nicht um die normalen Drucker, die man im Büro stehen hat. Das sind sehr komplexe Geräte, mit denen man Leiterbahnen auf verschiedene Substrate drucken kann. Grob gesagt ersetzt man damit Kabel – natürlich keine beliebig dicken, sondern diejenigen Anwendungen, in denen die elektrische Leitfähigkeit durch einen geringeren Querschnitt ausreichend ist. Bisher war der Siebdruck im Bereich der gedruckten Elektronik vorherrschend, doch für den Inkjet-Druck braucht man viel weniger Masse und kann die Tinte durch die Druckerdüsen ganz gezielt dort platzieren, wo man das Material braucht. Vor allem die Wahl des Tintenmaterials und des Substrates bestimmt dabei den Anwendungsbereich. Hier werden aktuell zum Beispiel Tinten für gedruckte Sensoren gesucht, die z. B. in Flugzeugen verbaut eine Gewichts- und damit auch Treibstoffeinsparung mit sich bringen. Es ist also auch eine sehr nachhaltige Entwicklung.
Wie ist diese Idee entstanden?
Lumme: Es hat während meines ESF-Promotionsstipendiums begonnen. Ich sollte ein System aufbauen, um Goldnanopartikel selber herzustellen. Das lief erstaunlich gut. Dann kam meine Chefin eines Tages ins Labor und fragte mich, was ich davon hielte, ein Unternehmen zu gründen und die hergestellten Partikel zu vertreiben. Ich war zugegeben zuerst recht perplex, aber die Idee gefiel mir unglaublich gut. Die Partikel wurden damals schon vergleichsweise umweltfreundlich, mit geringem und gezieltem Materialeinsatz hergestellt. Da wir als Institut für Elektronik- und Sensormaterialien natürlich konkrete Anwendungsmöglichkeiten im Haus haben, drängte sich der Gedanke zur Weiterentwicklung der Partikel in leitfähige Tinten förmlich auf.
Welche Technologie liegt Ihrer Methode zugrunde?
Lumme: Das ist ein Betriebsgeheimnis. Aber alles steht und fällt mit der Herstellung der Nanopartikel. Das sind ja sehr kleine, feine Partikel, die mit bloßem Auge nicht sichtbar sind, 1 bis 100 Nanometer groß. Die Synthese zu beherrschen ist die Kunst, denn sie reagieren auf minimale Temperaturunterschiede oder Chemikalien, die hinzugefügt werden, ganz enorm. Solche Systeme bleiben nicht lange stabil, wenn die Partikel unterschiedlich groß oder nicht ausreichend stabilisiert sind. Und genau da setzen wir an: Wir wollen homogene und stabile, reproduzierbare Tinten entwickeln und produzieren, um damit beim Kunden verschiedene Probleme zu lösen. Dazu gehören zum Beispiel verstopfte Druckköpfe durch instabile Tinten, Chargenunterschiede bei vermeintlich gleichen Tinten und sogar gedruckte Schichten, die sich einfach wieder von ihrem Substrat ablösen.
Wer sind denn Ihre potentiellen Kunden?
Lumme: Allgemein kann man sagen, unsere potentiellen Kunden sind in erster Linie Unternehmen, die Inkjet-Tinten verdrucken: kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), Forschungseinrichtungen, aber auch größere Konzerne. Wir hatten im März einen Artikel über den Start von NaPaGen für die Webseite unserer Uni veröffentlicht. Dieser Beitrag wurde im Netz verbreitet, teilweise auch leicht verfälscht. Dennoch: Daraufhin haben uns zahlreiche Anfragen erreicht. Obwohl wir noch gar keine eigene Webseite haben. Die Unternehmen, die uns angesprochen haben, hatten schon ganz konkrete Vorstellungen davon, was sie von uns wollen. Das war wirklich erstaunlich. Der Markt für gedruckte Elektronik ist in den letzten Jahren enorm gewachsen. Er umfasst inzwischen smarte Systeme, Wearables, die Mobilitäts- und die Unterhaltungsindustrie, um nur einige Bereiche zu nennen.
Haben Sie auch schon Investoren?
Lumme: Das ist noch zu früh. Wir haben schon ein, zweimal vorgefühlt. Aber konkrete Gespräche gab es noch nicht. Wenn wir jetzt schon erste Kunden gewinnen können, werden die Gespräche mit potentiellen Investoren zumindest dahingehend etwas einfacher, da sich unser Vorhaben nicht einfach so raufskalieren lässt, wie Investoren das gerne sehen.
Sie bekommen seit November 2020 EXIST-Forschungstransfer. Wie hat das die Entwicklung von NaPaGen beeinflusst?
Lumme: Ich würde mal sagen: Luxuriöser als mit EXIST-Forschungstransfer kann man nicht gründen. Schon vor der Gründung erfährt man eine unschätzbare Unterstützung. Das gibt es so ja sonst nicht. Man erhält mit der Förderung finanzielle Hilfen in Form von Gehältern und Sachmitteln, um sich in Ruhe auf das Unternehmen konzentrieren zu können sowie Materialien und Geräte zu beschaffen. Wir brauchen für unsere Arbeit zum Beispiel viel Gold. Das ist natürlich nicht gerade billig. Ebenso zum Beispiel der Inkjet-Drucker, den wir brauchen, um die Tinten hausintern zu testen. Das wäre ohne EXIST nicht zu realisieren gewesen. Neben den Mitteln für Coachings haben wir auch einen unternehmerischen Mentor an unserer Seite, der wiederum über ein großes Netzwerk verfügt. Und auch Professorin Joseph, die ja mit uns gegründet hat, ist eine große Stütze, genauso wie das Gründungsnetzwerk SAXEED. Mit EXIST kommt man in ein hervorragendes, gut funktionierendes Netzwerk. Das macht unheimlich viel aus.
War die Aufgabenverteilung bei Ihnen im Team von vornherein klar?
Lumme: Als wir EXIST-Forschungstransfer beantragt haben, hatten wir uns alle schon gefunden. Dr. Maik Gerwig ist Chemiker, ich habe Angewandte Naturwissenschaft studiert, mich aber schon immer besonders für Chemie interessiert. Frederic Güth ist unser Automatisierungsingenieur und Druckspezialist, er betreut die ganze Anlagentechnik. Bedia Jüttner ist unsere Betriebswirtin, die sich um die Zahlen außerhalb des Labors kümmert. Das ist eine gesunde Mischung, denke ich. Und durch diese unterschiedlichen Qualifikationen war die Aufgabenverteilung von Anfang an irgendwie klar. Das Ganze ging ja von meiner Forschung aus. Deshalb habe ich auch die Geschäftsführung übernommen, weil ich wohl am tiefsten im Thema stecke und auch den Vertrieb übernehme.
Was waren für Sie die größten Herausforderungen bei der Gründung?
Lumme: Das kann ich jetzt noch gar nicht sagen. Wir sind noch ganz am Anfang, noch nicht einmal richtig auf dem Markt. Im Moment läuft alles nach Plan. Wir sind noch in den schützenden Kokon der Universität eingebettet. Das Interesse potentieller Kunden ist schon größer, als wir zu diesem Zeitpunkt erwartet hätten. Wir haben einige Prozesse etwas vorgezogen, wegen der ersten Anfragen von Kunden. Aber wir forschen ja auch noch. Dabei sind wir schon einige Schritte weiter als gedacht. Und wir sind besser geworden im Lösen von Problemen. Also im Moment ist vieles gut. Fragen Sie mich noch einmal, wenn wir auf dem Markt sind.
Was würden Sie Gründern raten? Welche Fähigkeiten muss man – unabhängig von der fachlichen Qualifikation – mitbringen?
Lumme: Sich nicht entmutigen zu lassen. Dann braucht es auch Beharrlichkeit und ohne eine gewisse Neugierde geht es nicht. Mut gehört auch dazu, denn man wird hier und da an Grenzen stoßen oder kurzzeitig überfordert sein. Das darf einen nicht kaputt machen. Am Ende machen die Motivation und die Hartnäckigkeit den Erfolg aus.
Hat die Corona-Pandemie den Start von NaPaGen beeinflusst?
Lumme: Ja, natürlich. Vom operativen Ablauf her ging es noch. Bedia und ich haben so viel es ging in Homeoffice gearbeitet. Maik und Frederic konnten meistens mit entsprechenden Vorkehrungen im Labor arbeiten. Aber beispielsweise der Drucker, den wir bekommen haben, war nicht der, den wir ursprünglich haben wollten. Er ist zwar letztlich viel besser für uns geeignet, war aber auch deutlich teurer. Es hat zudem länger gedauert als geplant, bis er endlich hier war. Auch die Beschaffung von Materialien war schwieriger als sonst, dort ist es zu teils erheblichen Zeitverzögerungen gekommen. Aber mit den potentiellen Kunden hat es sich trotzdem überraschend gut entwickelt, wenngleich auch einigen Unternehmen anzumerken ist, dass die Pandemie sie wirtschaftlich sehr getroffen hat. Vielleicht haben wir trotzdem Glück gehabt, dass wir gerade in dieser Phase mit NaPaGen begonnen haben.
Das komplette Interview lesen Sie auf der Webseite von EXIST. Einer Seite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz.