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Importgeschäft gründen trotz negativer SCHUFA: Gründungskredit?

Frage

Ich hatte einen Kiosk, bin zurzeit arbeitslos und habe eine negative Schufa. Ein Partner und ich haben jetzt die Gelegenheit, uns durch Importe aus der Türkei selbständig zu machen. Wir planen dies als Online-Verkauf, Einzelhandel und Märkte. Wir wollen als Existenzgründer einen Kredit beantragen. Haben wir überhaupt eine Chance und welche Wege müssen wir gehen?

Antwort

Ob Ihr Gründungsvorhaben eine Chance hat oder nicht, kann auf der Basis dieser wenigen Informationen nicht eingeschätzt werden. Grundsätzlich ist eine negative Schufa für die Gründung eines eigenen Unternehmens kein absolutes Ausschlusskriterium. Aber: Wenn für die Umsetzung des Gründungsvorhabens Fremdkapital notwendig ist und dieses Fremdkapital bei der Hausbank bzw. bei einer Förderbank beantragt werden soll, dann ist eine negative Schufa meistens ein No-Go. Auch manche Vertragspartnerinnen und Vertragspartner (Lieferantinnen und Lieferanten, Zahlungsabwicklerinnen und Zahlungsabwickler etc.) überprüfen vor Vertragsabschluss die Bonität des künftigen Vertragspartners und bewerten dann intern anhand der Schufa-Auskunft ihr Risiko. Wenn ausreichend Sicherheiten (Eigenkapital, Bürgschaften, Lebensversicherungen, Immobilienbesitz oder Abtretungen von Warenlagern) angeboten werden können, dann kann auch eine negative Schufa in den Hintergrund treten. In ganz seltenen Fällen entscheidet sich die Hausbank trotz negativer Schufa für ein Darlehen – Voraussetzung dafür wäre ein absolut schlüssiger Business- und Finanzplan und die Branchenexpertise der Gründerin oder des Gründers.

Das heißt, man benötigt als Gründerin und Gründer immer einen banktauglichen und tragfähigen Business- und Finanzplan.

Banktauglich bedeutet:

  • Der Businessplan ist vollständig und schlüssig
  • Die Gründer zeigen im Rahmen der Businessplanung eine klare sowie realistische Markteintrittsstrategie (Marketing und Vertrieb) auf.
  • Der Businessplan wurde von der Gründerin bzw. dem Gründer selbständig erarbeitet (Stichwort: Authentizität).
  • Der Businessplan ist nachvollziehbar und realistisch umsetzbar.

Tragfähig bedeutet:

  • Es wurden alle notwendigen Investitionen und alle erforderlichen Betriebsausgaben berücksichtigt.
  • Die geplanten Umsätze wurden auf der Basis eines realistischen Absatzplanes berechnet.
  • Die Rentabilität des Vorhabens (Gewinn- und Verlustrechnung) verläuft positiv oder eine ggf. anfängliche Verlustphase ist zeitlich überschaubar (eine Verlustvorfinanzierung über mehrere Monate oder gar Jahre hinweg ist ein Indiz, dass das Vorhaben nicht oder nur mit erhöhtem Risiko / Engagement tragfähig ausgebaut werden kann; eine zu lange Verlustvorfinanzierung ist meist ein Ablehnungsgrund bei der Bank).
  • Die Liquidität des Unternehmens ist sichergestellt.
  • Der gesamte Finanzmittelbedarf kann durch Eigen- und/oder Fremdkapital gedeckt werden.

Einzelne Ausgabepositionen können durch Fördermittel (im Sinne von nicht-rückzahlbaren Zuschüssen) „subventioniert“ werden. Zum Beispiel:

  • Die Höhe der notwendigen Privatentnahmen für die Gründerinnen und Gründer kann durch den sog. Gründungszuschuss reduziert werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Gründung (im Vollerwerb) aus der Arbeitslosigkeit heraus erfolgt und dass die Gründerin und der Gründer zum Zeitpunkt der Antragstellung noch einen Anspruch von mindestens 150 Tagen ALG I hat. Dann kann der sog. Gründungszuschuss beantragt werden. Der Gründungszuschuss entspricht dem ALG I zzgl. eine monatliche Pauschale i.H.v. 300 Euro; er wird zunächst gewährt für sechs Monate und kann für die monatliche Pauschale um weitere neun Monate verlängert werden. Allerdings handelt es sich dabei um eine sog. Ermessensleistung, d.h. man hat keinen Rechtsanspruch auf diesen nicht-rückzahlbaren Zuschuss.
  • Für ggf. notwendige Beratungskosten (Gründungsberatung zur Unterstützung bei der Erarbeitung eines Business- und Finanzplanes sowie bei der Beantragung von Gründungszuschuss und/oder Fremdkapital) kann in einigen Bundesländern ein Zuschuss zu den Beratungskosten beantragt werden (in Bayern: 70 Prozent im Rahmen des Vorgründungscoachings). Über die Agentur für Arbeit kann sogar eine Gründungsberatung zu 100 Prozent bezuschusst werden; das AVGS-Coaching (zur Heranführung an eine selbständige Tätigkeit) kann entweder als Gruppenmaßnahme oder als individuelle Einzelmaßnahme beantragt und genehmigt werden.

Mein Praxistipp 1: Unabhängig ob eine Finanzierung erforderlich ist oder nicht, egal ob Fördermittel beantragt werden sollen oder nicht – bevor man mit der Umsetzung des Gründungsvorhabens beginnt, sollte man für sich selber einen Business- und Finanzplan erarbeiten. Erst wenn man als Gründerin oder als Gründer sein Gründungsvorhaben komplett zu Ende gedacht und den wirtschaftlichen Erfolg berechnet hat, sollte man loslegen. Genauso wie ein Bergsteiger, sollte man sich seine individuelle Route aussuchen, seine Fähigkeiten und Ressourcen einschätzen und sich ein klares Bild der Chancen und Risiken machen. Ohne Plan losrennen führt häufig zum Scheitern.

Mein Praxistipp 2: Die Gründung eines Online-Shops wird von vielen Gründerinnen und Gründern unter- oder überschätzt. Viele schätzen die erforderlichen Kosten (für Marketing und Vertrieb bzw. SEO, SEA und SMM) viel zu niedrig ein bzw. im Umkehrschluss, sie schätzen die Umsatzerlöse viel zu hoch ein und gehen meist von einer zu geringen Anlaufphase aus. Ohne ausreichende SEO, SEA und SMM-Kenntnis benötigt man dafür externe Experten (spezielle SEO-Agenturen) und das dafür notwendige Kapital.

Zu Ihrer Frage „welche Wege müssen wir gehen“?

  1. Business- und Finanzplan erarbeiten (ggf. rechtzeitig die Beratungsförderung beantragen).
  2. Realisierungszeitplan erstellen.
  3. Mit der Agentur für Arbeit abklären ob bzw. wie viel Tage Restanspruch auf ALG I noch bestehen und die Chancen auf Gründungszuschuss besprechen.
  4. Gewerbeanmeldung / Klären der Rechtsform (Einzelunternehmen, GbR, UG etc.).
  5. Darlehensantrag bei der Hausbank.
  6. Sofern die Hausbank bereit ist, das Gründungsvorhaben zu begleiten, kann die Gründerin und der Gründer gemeinsam mit der Hausbank einen Antrag auf z.B. eine Haftungsfreistellung durch die KfW beantragt werden.
  7. Erst nach der Finanzierungszusage durch die Hausbank dürfen erste verbindliche Rechtsgeschäfte (z.B. Beauftragung von externen Dienstleistern/Agenturen oder Kauf von Waren) vorgenommen werden (Stichwort: Vorhabensbeginnklausel)

Quelle:
Wolfgang Dykiert
Gründungs- und Mittelstandsberatung
dykiert beratung

Stand:
Februar 2020

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