Antwort
Sie möchten gerne wissen, wie Sie für ein Neugründungsunternehmen einen einzelnen finanzkräftigen stillen Gesellschafter finden können, der hilfsweise für den Fall, dass Kapital benötigt wird, Ihre „Liquidität absichern“ soll. Der Investor soll also nur im Hintergrund bereitstehen.
Praktische Investorensuche
Ihre praktische Frage, wie Sie einen risikobereiten Investor finden können, kann im Rahmen dieses Angebotes nicht individuell für Ihr Geschäftsfeld und Ihre Gründungsidee beantwortet werden. Unter den möglichen Suchbegriffen „Existenzgründer-Förderung“, „Investorensuche“, „Venture Capital-Gesellschaften“ oder „Business Angels“ finden Sie allerdings sehr viele Angebote im Internet. Auch gibt es Spezialangebote wie u.a. das Programm „EXIST“ des Bundeswirtschaftsministeriums für Wirtschaft und Energie für die Unterstützung von Existenzgründungen aus der Wissenschaft. Oft macht es auch Sinn, erst einmal die eigene Hausbank auf die Möglichkeit eines individuellen Existenzgründerdarlehens anzusprechen und/oder sich allgemein über Gründerdarlehen und/oder Gründungszuschüsse zu informieren.
Stille Gesellschaft
Die rechtliche Frage, was bei der Finanzierung durch konkret von Ihnen überlegt - einen „stillen Gesellschafter“ zu beachten sei, ist dahingehend zu beantworten, dass die stille Gesellschaft als gesellschaftsrechtliche Rechtsform in den §§ 230 ff HGB (Handelsgesetzbuch) geregelt ist. Danach wird ein Gesellschaftsvertrag zwischen Ihrer Handelsunternehmung und dem Investor über die Gründung einer stillen Gesellschaft abgeschlossen und der Investor ist dann als stiller Gesellschafter verpflichtet, die vertraglich vereinbarte Gesellschaftseinlage an Ihre Handelsunternehmung zu leisten, so dass das eingezahlte Kapital Ihrer Handelsunternehmung voll und ganz rechtlich und praktisch zur Verfügung steht und in die Geschäftstätigkeit einfließt. Im Außenverhältnis Ihrer Handelsunternehmung tritt der stille Gesellschafter nicht auf, er wird also nicht auf den Geschäftspapieren Ihrer Handelsunternehmung genannt, obgleich er sich bereit erklärt hat, das unternehmerische Risiko Ihrer Handelsunternehmung mitzutragen. Im Gesellschaftsvertrag sind alle wichtigen Themen zu regeln. So ist sinnvollerweise u.a. zu vereinbaren, in welcher Höhe der stille Gesellschafter am Gewinn Ihrer Handelsunternehmung beteiligt wird. Wird dazu keine Größenordnung vereinbart, gilt nach § 231 Absatz 1 HGB „ein angemessener Teil“ als vereinbart. Ob auch eine Beteiligung an einem Verlust der Unternehmung stattfinden soll, kann zum Vorteil des stillen Gesellschafters abgedungen, also ausgeschlossen werden, so dass das Ergebnis erreicht wird, dass der stille Gesellschafter ausdrücklich nur am Gewinn teilhaben kann, vergleiche § 231 Absatz 2 HGB.
In § 232 Absatz 1 HGB ist dann kraft Gesetzes geregelt, dass zum Ende des Geschäftsjahres der Gewinn und der Verlust der Handelsunternehmung ermittelt wird und der auf den stillen Gesellschafter entfallende Anteil am Gewinn auszuzahlen ist. An einem Verlust ist der stille Gesellschafter nur bis zur Höhe seiner eingezahlten oder rückständigen (falls nicht sofort voll eingezahlten) Einlage beteiligt. Die Verlustbeteiligung kann vertraglich ausgeschlossen werden, vergleiche § 231 Absatz 2 HGB. Einzelheiten zum Gewinn- und Verlustthema regelt § 232 Absatz 2 HGB und diese ergeben sich auch aus der juristischen Fachliteratur und der Rechtsprechung.
Wichtig ist es zu wissen, dass die stille Gesellschaft gemäß § 235 BGB beim Ende z.B. durch Zeitablauf oder durch Kündigung etc., zu einer Auseinandersetzung führt. Das bedeutet, dass der stille Gesellschafter nicht seine Einlage zum Nominalwert einfach zurückerhält, sondern dass auf den Stichtag des Ausscheidens des stillen Gesellschafters der Wert Ihrer Handelsunternehmung ermittelt wird und darauf basierend unter Berücksichtigung aller Vereinbarungen im Vertrag über die stille Gesellschaft und unter Berücksichtigung aller einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen dann festgestellt wird, welche Ansprüche wechselseitig oder einseitig bestehen.
Partiarisches Darlehen
Wenn Sie gar kein Gesellschaftsverhältnis mit dem Investor haben möchten, sondern nur einen reinen Geldgeber suchen, wonach Ihre Frage eher klingt, gäbe es auch die Möglichkeit eines sogenannten partiarischen Darlehens. Dabei würde der Investor Ihrer Handelsunternehmung ein Darlehen im Sinne der § 488 ff BGB(Bürgerliches Gesetzbuch) zur Verfügung stellen, wobei die Besonderheit gelten würde, dass u.a. a) vereinbart wird, ob, wann und gegebenenfalls in welchen Tranchen das Darlehen von Ihrer Handelsunternehmung in Anspruch genommen werden kann, b) welches Einzelhandelsgeschäft betroffen sein soll (Bauteile über Euro 5.000,00, die Sie in Ihrer Fragestellung angesprochen haben) und c) welche Gewinn- oder Umsatzbeteiligung der Darlehensgeber erhält. Im Gegensatz zu einem klassischen Bankdarlehen oder Avalkredit besteht das Kennzeichen eines partiarischen Darlehens nämlich darin, dass keine festen Zinssätze für die Überlassung des Kapitals vereinbart werden bzw. dass gegebenenfalls ein Minimalzinssatz nur eine untergeordnete Rolle spielen würde. Stattdessen würde als zentrales Überlassungsentgelt eine anteilige Beteiligung am Gewinn (oder Umsatz, je nach Vereinbarung) Ihrer Handelsunternehmung oder auch nur am betroffenen Einzelhandelsgeschäft (Bauteile über Euro 5.000,00, die Sie in Ihrer Fragestellung angesprochen haben) vereinbart werden. Vorteil wäre dabei für Sie u.a., dass Sie – wenn eine reine Gewinn- oder Umsatzbeteiligung und kein minimaler Grundzinssatz vereinbart wird - nur bei einer tatsächlichen Gewinn- oder Umsatzerzielung ein Überlassungsentgelt bezahlen müssen und dass am Ende der Inanspruchnahme der Finanzmittel nicht der Wert Ihrer Handelsunternehmung für die Bezifferung des sogenannten Auseinandersetzungsanspruchs ermittelt werden müsste, sondern dass Sie dann das Darlehen zurückzahlen würden und dazu den partiarisch angefallenen Gewinn- oder Umsatzanteil (wobei monatliche oder jährliche Abschlagszahlungen auf den Gewinn oder Umsatz vereinbart sein können). Einzelheiten des konkreten partiarischen Darlehens können im Rahmen der Vertragsfreiheit unter Beachtung der zwingenden gesetzlichen Regelungen verhandelt und im Darlehensvertrag über das partiarische Darlehen vereinbart werden. Normal ist bei partiarischen Darlehen allerdings die Stellung banküblicher Sicherheiten, um den Darlehensgeber vor dem Verlust seines Darlehensbetrags abzusichern. Bei der stillen Gesellschaft, siehe oben, werden üblicherweise keine Sicherheiten gestellt, bei der stillen Gesellschaft ist der Investor am unternehmerischen Risiko bis hin zum Totalverlust der Einlage also sehr stark beteiligt, beim partiarischen Darlehen besteht das Risiko des Investors üblicherweise nur hinsichtlich der Überlassungsentgelthöhe, weil er bei einer Krise des Darlehensnehmers, also Ihrer Handelsunternehmung, dann sich an den banküblichen Sicherheiten außerhalb Ihrer Handelsunternehmung schadlos halten könnte.
Am besten lassen Sie sich in einer auf Bank- und Kapitalmarktrecht und auf Handels- und Gesellschaftsrecht spezialisierten Kanzlei individuell beraten, damit die für Ihre Ziele bestmögliche Gestaltung realisiert werden kann. Sofern Sie dann auch einen Geldgeber gefunden haben, kann eine den beiderseitigen Interessen entsprechende individuelle vertragliche Regelung von der Anwaltskanzlei unterschriftsfertig konzipiert werden.
Quelle: Dr. Babette Gäbhard
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Mitglied der Rechtsanwaltskammer München
Juni 2019
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