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Pfändungsfreibetrag reicht nicht für Krankenkassenbeitrag aus: was tun?

Frage

Ich bin selbständig (Gewerbetreibender) und habe erhebliche Steuerschulden, die ich monatlich tilge, indem ich alles was über den Pfändungsfreibetrag in Höhe von gegenwärtig 1045,04 Euro hinausgeht (Konto wurde in ein Pfändungsschutzkonto umgewandelt) an das Finanzamt überweise. (Es gibt eine entsprechende Pfändungsverfügung des Finanzamtes).

Nun reicht der Pfändungsfreibetrag nicht, um meinen Krankenkassenbeitrag (ca. 435 Euro) zu zahlen, so dass ich derzeit keinen Versicherungsschutz habe (nur Notfälle) und darüber hinaus Rückstände bei der Krankenkasse habe. Ich habe gelesen, dass man den Pfändungsfreibetrag auf Antrag erhöhen lassen kann. An wen muss ich mit welcher Begründung diesen Antrag stellen? Die Bank meinte, das Finanzamt selber sei zuständig. Ist die Abteilung Erhebung zuständig?

Antwort

Zur Beantwortung Ihrer Frage, wie auch zur weiteren Situationsanalyse muss ich einige Annahmen treffen, jedoch hoffe ich, dass ich Ihre spezielle Situation dennoch gut treffe. Zunächst schließe ich aus Ihren Worten, dass seitens des Finanzamtes eine Kontenpfändung erwirkt wurde, die nun zulasten des Pfändungsschutzkontos ausgeübt wird. Des Weiteren nehme ich an, dass sie gewerblich eine Gaststätte betreiben und daraus auf dem Pfändungsschutzkonto regelmäßige, aber der Höhe nach variierende Zuflüsse erhalten, die jedoch nicht den Betrieb der Gaststätte selbst, sondern nur Ihren Unterhalt selbst betreffen.

Grundsätzlich trifft Ihre Annahme zu, wonach die Pfändungsfreigrenze nach Abzug der Kosten für Sozialversicherungsausgaben und einer angemessenen Krankversicherung festgesetzt wird. Dabei wird jedoch auf den Regelfall des abhängig Beschäftigten abgestellt, dass SV-Kosten vorab durch den Arbeitgeber abgeführt werden. Sie als selbstständig Gewerbetreibender fallen sozusagen in eine "praktische Lücke" der Regelung. Es bedarf einer Verhandlungslösung mit dem Finanzamt, die ich nachfolgend grob skizzieren möchte.

Das Finanzamt kann und wird die Pfändungsmaßnahme einstweilen einstellen, beschränken oder aufheben, soweit die Pfändung im Einzelfall unbillig ist. Eine Pfändung bis hinab zur Pfändungsfreigrenze trotz Kenntnis der Nichtzahlung der Krankversicherungskosten ist sicherlich als unbillig anzusehen. Sie sollten daher mit dem Finanzamt in Kontakt treten und die wirtschaftliche Situation konkret schildern, um eine Beschränkung der Pfändungsmaßnahme um die benötigten zusätzlichen 435 Euro zu erreichen. Dies sollten Sie durch Dokumente der GKV, aus denen die monatliche Belastung hervorgeht, belegen.

Sollte das Finanzamt hier kein Entgegenkommen zeigen, versuchen Sie eine Einigung zu erzielen und machen Sie ggf. deutlich, dass Ihnen womöglich keine andere Wahl bleibt, als die selbstständige Tätigkeit aufzugeben, das Gewerbe abzumelden und einen Antrag auf Arbeitslosengeld II zu stellen, mit der Folge, dass Sie in diesem Fall überhaupt keine Raten auf die Steuerschulden mehr zahlen können.

Ansprechpartner für diese Verhandlung ist der Ihnen zugeordnete Sachbearbeiter im Finanzamt, der auf der FA-Korrespondenz im oberen rechten Bereich der Schreiben aufgeführt ist.

Ich hoffe, Ihnen eine übersichtliche erste Orientierung verschafft zu haben und wünsche Erfolg bei der Verhandlung mit dem Finanzamt!

Quelle: Dr. Justus Gotthardt
Wirtschaftsjurist
Mai 2015

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