Antwort
In der Wohlverhaltensphase gibt es keine insolvenzrechtlichen Probleme einen selbstständigen Nebenerwerb zu gründen. Eine grundsätzliche Pflicht, Buchhaltungsunterlagen der Selbstständigkeit dem Treuhänder zur Verfügung zu stellen, haben Sie nicht. Die „pfändungsrechtlichen“ Konsequenzen sind allerdings kompliziert.
Zunächst ist klarzustellen, dass der Treuhänder in der Wohlverhaltensphase nicht pfändet. Dieses Recht hat er nicht. Die pfändbaren Beträge aus Ihrem laufenden Einkommen erhält er durch die Abtretungserklärung, die Sie seinerzeit mit Ihrem gerichtlichen Antrag unterschrieben und eingereicht haben. Diese Abtretung bezieht sich nicht auf Einkommen aus wirtschaftlich selbstständiger Tätigkeit. Welchen Betrag Sie aus dieser Tätigkeit abführen müssen, ergibt sich aus dem § 295 Abs. 2 InsO.
Hiernach haben Sie den Betrag abzuführen, der bei einer fiktiven angemessenen abhängigen Beschäftigung als pfändbarer Betrag anfallen würde. Die Frage wäre also, was würden Sie mit Ihrer Qualifikation und Berufserfahrung, unter Berücksichtigung Ihres Alters sowie gesundheitlicher und sozialer Aspekte als Nettoeinkommen erzielen. Unter Berücksichtigung Ihrer Unterhaltspflichten würde dann der pfändbare Betrag aus der Pfändungstabelle ermittelt werden. Dieser Betrag wäre dann abzuführen.
Sie merken, meine Sätze bestehen aus vielen Konjunktiven. Diese Regelung bezieht sich an sich auf Schuldner, die Ihr Haupteinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit erzielen. Wenn Sie das selbstständige Einkommen als Nebentätigkeit erzielen, dann wird es unklar und auf den Einzelfall spezialisiert. Ich würde vorschlagen, dass Sie mir noch folgende Fragen beantworten und schon mal bei Ihrem Treuhänder nachfragen, wie er es mit der Abführungsobliegenheit bei einer möglichen Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit handhaben möchte.
- Arbeiten Sie aktuell in Vollzeit?
- Welche Ausbildung besitzen Sie und welche Berufserfahrung?
- Wie alt sind Sie und liegen gesundheitliche Einschränkungen vor?
Nach Übermittlung der entsprechenden Informationen würde ich Ihnen Weiteres mitteilen.
Quelle: Frank Wiedenhaupt
Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e. V. (BAG-SB)
August 2017