Navigation

Freiberufliche Tätigkeit nur mit Hochschulabschluss?

Frage

Seit rund 20 Jahren arbeite ich als Grafikerin. Zu meinen Kernkompetenzen gehören Idee, Illustration, Text, Corporate-Design, Verpackungsdesign, Webdesign, Fotografie/-bearbeitung. Nun heißt es beim Finanzamt: Nach § 18 EStG kann nur freiberuflich tätig sein, wer einen Hochschulabschluss hat. Dem Gesetzestext entnehme ich, dass die tatsächliche Tätigkeit über die freie oder gewerbliche Tätigkeit entscheidet. Viele der aufgeführten Katalogberufe selbst bedürfen nämlich keines Hochschulstudiums. Laut IHK heißt es im Gewerberecht, dass freie Tätigkeiten „eine höhere Bildung erfordern“. Weder im EStG noch in der GewO finde ich eine Bestätigung hierfür. Meine geplante Tätigkeit entspricht einigen der „Liste der [...] Tätigkeitsberufe“, die hier vom BMWi als PDF angeboten wird. Was ist nun zu tun?

Antwort

Bei der Einstufung einer Tätigkeit als Freier Beruf oder Gewerbe, müssen Sie jede einzelne Tätigkeit (Idee, Illustration, Text, Corporate-Design, Verpackungsdesign, Webdesign, Fotografie/-bearbeitung u.a.) für sich einer Prüfung unterziehen. Soll die Freiberuflichkeit im einkommensteuerlichen Sinne geklärt werden, so ist der § 18 EStG heranzuziehen. Der § 18 EStG unterscheidet zwischen den sog. Katalogberufen, den ähnlichen Berufen und den Tätigkeitsberufen. Der § 18 EStG setzt nicht pauschal einen Hochschulabschluss voraus. Allerdings wird mittlerweile auch bei den Tätigkeitsberufen zunehmend gefordert, dass es sich bei der jeweiligen Tätigkeit um eine Dienstleistung höherer Art handelt. Dies ist der Fall, wenn hierfür eine „höhere Bildung“ erforderlich ist. Unter „höherer Bildung“ sei grundsätzlich ein abgeschlossenes Hochschul- oder Fachhochschulstudium zu verstehen (vgl. zur Yoga-Schule, OVG NRW, Beschluss v. 29.03.2001, Az.: 4 A 4077/00).

Worauf sich die Aussage Ihres Finanzamts konkret bezieht, ist leider nicht nachvollziehbar. Möglicherweise vertritt Ihr Finanzamt diese - in der Praxis zunehmend strenge - Sichtweise.

Im Ergebnis ist nun eine Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der Sichtweise des Finanzamts notwendig. Wir empfehlen Ihnen, hierfür die Unterstützung eines/r Steuerberaters/in in Anspruch zu nehmen.

Sollten Sie vom Finanzamt einen Bescheid erhalten haben, so beachten Sie die ggfs. beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung und die darin enthaltende Frist.

Quelle: Hamid Rezai
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
Gründungsberatung
September 2019

Tipps der Redaktion:

Hotline 030-340 60 65 60 Für allgemeine Fragen
Montag bis Donnerstag: 8:00 - 18:00 Uhr
Freitag: 8:00 - 12:00 Uhr
nach oben