Antwort
Der Berufszugang für Insolvenzberater ist nicht klar geregelt. Das Bundesverfassungsgericht hat Regeln für die Bestellung des Insolvenzverwalters formuliert (BVerfG, Beschluss vom 3. August 2004, Az. 1 BvR 135/00). In Regel sind jedoch Rechtsanwälte mit Schwerpunkt Insolvenzrecht, Absolventen von wirtschaftswissenschaftlichen Hochschulen, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer mit den Aufgaben des Insolvenzverwalters betraut. Die Auswahl des Insolvenzverwalters obliegt dem zuständigen Insolvenzrichter, der gehalten ist, „geeignete Personen“ zu bestellen. Im Jahr 2006 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass es sich bei der Tätigkeit des Insolvenzverwalters um einen eigenständigen Beruf handelt.
Die langjährige Forderung nach einem geregelten Berufszugang, einheitlichen Bestellungskriterien in Verbindung mit einer Kontrolle der Berufsausübung haben ihren Niederschlag in der aktuellen Koalitionsvereinbarung gefunden: „Wir werden gesetzliche Rahmenbedingungen für die Berufszulassung und -ausübung von Insolvenzverwalterinnen und Insolvenzverwaltern sowie Sachwalterinnen und Sachwaltern regeln, um im Interesse der Verfahrensbeteiligten eine qualifizierte und zuverlässige Wahrnehmung der Aufgaben sowie effektive Aufsicht zu gewährleisten.“ (Zeile 6196)
Auch die EU arbeitet an einer Richtlinie über „präventive Restrukturierungsrahmen, die zweite Chance und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie 2012/30/EU (COM/2016/0723)“.
Verbände wie der VID haben freiwillige Selbstverpflichtungen auf Qualitätsstandards eingeführt, die als Vorgaben für die Gesetzgebung dienen könnten.
Der Bundesfinanzhof hat festgestellt, dass Einkünfte aus einer Tätigkeit als Insolvenzverwalter, auch wenn sie von Rechtsanwälten erzielt werden, grundsätzlich den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzurechnen, neben der gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit als dritter Kategorie selbstständiger Berufsausübung. Dies gilt auch dann, wenn der Insolvenzverwalter oder Zwangsverwalter die Tätigkeit unter Einsatz vorgebildeter Mitarbeiter ausübt, sofern er dabei selbst leitend und eigenverantwortlich tätig bleibt (BFH, Urteil vom 15.12.2010 - VIII R 50/09).
Was ist nun eine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit des Insolvenzverwalters? (Zitat) Festlegung der Grundzüge der Organisation und der dienstlichen Aufsicht … durch Planung, Überwachung und Kompetenz zur Entscheidung in Zweifelsfällen … und die Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Maße …. Nur dann gibt der Berufsträger der Arbeitsleistung den erforderlichen Stempel der Persönlichkeit, selbst wenn er in einzelnen Routinefällen nicht mitarbeitet. Zentrale Aufgaben des Insolvenzverfahrens sind im Wesentlichen selbst wahrzunehmen, etwa die Erstellung des Insolvenzplans, die Entlassung von Arbeitnehmern und die Verwertung der Masse. Die kaufmännisch-technische Umsetzung kann er dann auf Dritte übertragen. Damit kann der Berufsträger insbesondere die Verwertung der Masse seinen Angestellten überlassen (Zitatende - BFH 15.12.10, VIII R 50/09).
Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter nicht als Freiberufler und auch nicht als Gewerbetreibender, sondern als sonstiger Selbstständiger angesehen werden nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Liegt keine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit vor, so ist von einer Einordnung als Gewerbetreibender auszugehen. Das gilt etwa auch für Rechtsanwälte, die überwiegend in Insolvenzverfahren tätig sind. Wie so oft in freien Berufen muss von einer Einzelfallprüfung ausgegangen werden. Die enge Abstimmung mit dem Finanzamt ist zu empfehlen.
Die getroffenen Feststellungen stehen unter dem Vorbehalt der zu erwartenden rechtlichen Neuregelungen im Bund und in der EU (siehe oben).
Quelle: Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Juli 2018