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Minderjähriger gründet Unternehmen: Zustimmung des Familiengerichts?

Frage

Ich bin 17 Jahre alt und will mich im Bereich Softwareentwicklung selbständig machen. Ich habe mir das Programmieren in den letzten sieben Jahren selbst beigebracht und kann dies sehr gut. Ich verkaufe dann Apps an andere Unternehmen. Ich weiß, dass meine sorgeberechtigten Eltern zustimmen müssen. Welche Rolle spielt dabei das Vormundschaftsgericht und warum?

Antwort

Wenn ein Minderjähriger, also eine Person vor ihrem 18. Geburtstag, welche ja beschränkt geschäftsfähig ist, ein selbständiges Erwerbsgeschäft betreiben möchte, benötigt sie die Ermächtigung, also die Erlaubnis der Eltern und die Genehmigung dieser Ermächtigung der Eltern vom Familiengericht. Geregelt ist dies in § 112 Absatz 1 Satz 1 BGB. Grund ist, dass sichergestellt werden soll, dass die minderjährige Person die für die Führung eines Unternehmens erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse besitzt und die volle Verantwortung für alle ihre rechtsgeschäftlichen Entscheidungen übernehmen kann.

Wird diese Genehmigung vom Familiengericht nach sorgfältiger Prüfung des Einzelfalles erteilt, kann die minderjährige Person mit voller rechtlicher Verantwortung die üblichen nach der Verkehrsauffassung mit einem Unternehmen verbundenen Geschäfte für das Unternehmen ausführen, sofern es sich gemäß § 112 Absatz 1 Satz 2 BGB nicht um Geschäfte handelt, für die auch der gesetzliche Vertreter, also die Eltern, die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes benötigen würde. Dies wäre beispielsweise bei der Aufnahme eines Kredites, beim Kauf einer Immobilie oder beim Kauf eines Unternehmens oder bei der Erteilung von Prokura der Fall. Konsequenz der Genehmigung durch das Familiengericht ist, dass der Minderjährige dann selbst für Steuer, Gewerbeerlaubnis und alle Rechtsgeschäfte seines Unternehmens wie Mietverträge, Arbeitsverträge, Kaufverträge, Lieferverträge etc. voll rechtlich verantwortlich ist und sich nicht darauf berufen kann, er sei minderjährig und die Geschäfte und die Willenserklärungen von ihm seien deswegen rechtlich schwebend unwirksam.

Ob bei Ihnen ein selbständiges Erwerbsgeschäft im Sinne von § 112 BGB vorliegt, kommt auf die Umstände Ihres Einzelfalles an. Am besten lassen Sie sich vom Rechtspfleger des Familiengerichts und/oder von einem Rechtsanwalt beraten.

Quelle: Dr. Babette Gäbhard
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Mitglied der Rechtsanwaltskammer München
Juni 2018

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