Antwort
Nach § 5 Abs. 5 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) sind Personen, die hauptberuflich eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausüben, nicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig. Dies gilt auch für Personen, die aufgrund einer gleichzeitig ausgeübten abhängigen Beschäftigung nach § 5 Abs. 1 oder nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 bis 12 SGB V gesetzlich versicherungspflichtig wären. Die von Ihnen beabsichtigte Aufnahme einer angestellten Teilzeittätigkeit steht somit einer Versicherung in der Privaten Krankenversicherung grundsätzlich nicht im Wege.
Eine hauptberuflich ausgeübte selbstständige Erwerbstätigkeit wird nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 16. November 1995, Az.: 4 RK 2/94) angenommen, wenn sie bei einer Gesamtschau von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt. Der Erhalt eines Existenzgründungszuschusses ist hingegen kein berücksichtigungsfähiger Umstand für die Einschätzung als hauptberufliche selbstständige Erwerbstätigkeit.
Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Bedeutung der selbstständigen Erwerbstätigkeit wird das Arbeitsentgelt aus der abhängigen Beschäftigung dem Arbeitseinkommen aus der selbstständigen Tätigkeit gegenübergestellt. Ab dem Zeitpunkt des Zusammentreffens von abhängiger und selbstständiger Tätigkeit müssen die aus selbstständiger Tätigkeit erzielten Einnahmen entscheidend zur Bestreitung des Lebensunterhalts beitragen. Bei Selbstständigen, die über einen längeren Zeitraum hinweg keine oder nur so geringe Einkünfte erzielen können, dass sie für Jahre auf die Inanspruchnahme sonstiger Mittel bzw. auf die zusätzliche Ausübung einer abhängigen Beschäftigung zur Deckung ihres Lebensunterhaltes angewiesen sind, kann eine hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit fraglich sein. Allerdings kommt in solchen Fällen dem Zeitaufwand eine größere Bedeutung zu, da allein der Umstand, dass aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten, besonders bei Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit (Anlaufphase), keine Gewinne erwirtschaftet werden, nicht zwangsläufig gegen die Annahme einer hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit spricht. Wird hingegen der Lebensunterhalt über Jahre oder auf unabsehbare Zeit vollständig aus der Ausübung einer zusätzlichen abhängigen Beschäftigung erstritten, wird eine hauptberuflich selbstständige Tätigkeit regelmäßig zu verneinen sein. Der Zeitraum für die Gegenüberstellung der Einkünfte aus abhängiger und selbstständiger Tätigkeit ist nicht gesetzlich festgelegt. Es kommt unter Heranziehung der angeführten Kriterien jeweils auf die Ausgestaltung im Einzelfall an.
Im Hinblick auf den zeitlichen Umfang ist bei einer ausgeübten selbstständigen Erwerbstätigkeit von mindestens 18 Wochenstunden von einer hauptberuflichen selbstständigen Tätigkeit auszugehen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 29. April 1997, Az.: 10/4 RK 3/96) ist beim Zeitaufwand auch der Einsatz für die Betriebsführung zu berücksichtigen. Darunter fallen die kaufmännische und organisatorische Betriebsführung, insbesondere die laufende Verwaltung, die Buchhaltung, Behördengänge, Geschäftsbesorgungen sowie Personaleinweisungen.
Es kommt letztlich auf die tatsächlichen Verhältnisse und die Bedeutung der selbstständigen Erwerbstätigkeit im konkreten Einzelfall an. Ihrer Darstellung ist zu entnehmen, dass auf Dauer von einem wirtschaftlichen und zeitlichen Überwiegen Ihrer selbstständigen Tätigkeit auszugehen ist. Für die ersten Monate der Aufnahme Ihrer selbstständigen Erwerbstätigkeit nehmen Sie an, dass die wirtschaftliche Bedeutung Ihrer selbstständigen Tätigkeit gegenüber der abhängigen Teilzeitbeschäftigung nicht überwiegen wird. Nach Ihrer Ausführung soll die beabsichtigte abhängige Teilzeitbeschäftigung jedoch lediglich der Überbrückung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten in der Anlaufphase dienen. Nach den dargestellten Maßgaben, spricht der Umstand, dass Sie zur Deckung Ihres Lebensunterhaltes für einen Zeitraum von nur einigen Monaten eine zusätzliche abhängige Beschäftigung aufnehmen, nicht zwangsläufig gegen die Annahme einer hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit. Es wird in Ihrem Fall entscheidend darauf ankommen, wie der zeitliche Umfang der selbstständigen Erwerbstätigkeit gegenüber der abhängigen Teilzeitbeschäftigung zu beurteilen ist.
Bitte haben Sie Verständnis, dass eine abschließende Beurteilung der wirtschaftlichen und zeitlichen Bedeutung Ihrer selbstständigen Tätigkeit gegenüber Ihrer Teilzeitbeschäftigung mangels näherer Sachverhaltsangaben zu Ihren konkreten Einkommensverhältnissen und zum zeitlichen Umfang Ihrer Tätigkeiten nicht möglich ist. Wir empfehlen Ihnen, die konkreten Einzelumstände durch Ihren Versicherer prüfen zu lassen. Entscheidend wird sein, dass Sie Ihre selbstständige Tätigkeit mindestens 18 Wochenstunden ausüben. Für den Fall, dass Sie im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Erwerbstätigkeit beabsichtigen sollten, regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig zu beschäftigen, gilt nach der gesetzlichen Vermutung in § 5 Abs. 5 Satz 2 SGB V, dass sie hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind.
Quelle: Angela Vosberg
Verband der Privaten Krankenversicherung e.V.
Dezember 2015
Tipps der Redaktion:
GKV-Spitzenverband: Grundsätzliche Hinweise zum Begriff der hauptberuflichen selbstständigen Erwerbstätigkeit vom 11. Juni 2013