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Freischaffender Autor mit einem Auftraggeber: scheinselbständig?

Frage

Beim Finanzamt bin bereits gemeldet für meine Tätigkeit als freischaffender Autor. Nun hätte ich die Möglichkeit, zusätzlich für EINEN Auftraggeber (eine Literatur-Agentur) als externer, selbständiger Literatur-Agent zu arbeiten. Da die Einkünfte aus der Tätigkeit als Agent vorerst deutlich höher ausfallen würden (ca. 70/30) als die aus der Autoren-Tätigkeit, frage ich mich, ob ich dann in die Scheinselbständigkeit abrutsche. Beziehungsweise: Gelte ich sowieso als scheinselbständig, weil ich im Bereich der Agenten-Tätigkeit nur einen Auftraggeber hätte?

Antwort

Ob die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht, ist für beide von Ihnen ausgeübten Tätigkeiten getrennt zu beurteilen:

Für die neue Tätigkeit als Literatur-Agent wäre tatsächlich zunächst zu prüfen, ob es sich hierbei um eine selbständige Tätigkeit oder um eine sog. Scheinselbständigkeit, tatsächlich also um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handelt. Dass Sie hierbei nur für einen Auftraggeber tätig sind, kann auf eine abhängige Beschäftigung hindeuten, entscheidend aber sind die tatsächlichen Verhältnisse unter denen Sie diese Tätigkeit ausüben.
Ein Kriterium zur Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung (d.h. versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung als Arbeitnehmer) und Selbständigkeit ist die Eingliederung in den „Betrieb“, das heißt eine Bindung an Art, Ort und Zeit der Arbeitsausführung. Die vertragliche Unterstellung in das Weisungsrecht des Auftraggebers kann auf eine abhängige Beschäftigung hindeuten. Andererseits ist die Rechtsfigur eines „Freien Mitarbeiters“ seit langem bekannt, der zwar langfristig für einen Auftraggeber eingesetzt werden kann, aber dieser persönlichen Abhängigkeit gerade nicht unterliegt. Hierbei kommt es nicht nur auf die Vertragsgestaltung, sondern - wie gesagt - auf die tatsächlichen Verhältnisse an, deren Beurteilung im Einzelfall ausschlaggebend sein kann.

Soweit zu dieser Abgrenzung Zweifel bestehen, empfehlen wir Ihnen die Durchführung einer Statusfeststellung (Clearingverfahren). Nähere Informationen und den Antragvordruck finden Sie hier:
www.deutsche-rentenversicherung.de

Sofern sich hiernach eine Selbständigkeit bestätigt, ist im zweiten Schritt zu prüfen, ob Sie zum Kreis der Selbständigen gehören, die kraft Gesetz in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sind.

Dies sind u.a. Selbständige, die auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind. Man ist dann im Wesentlichen von einem Auftraggeber abhängig, wenn mindestens fünf Sechstel der gesamten Einnahmen allein von einem Auftraggeber bezogen werden. Für die Prüfung dieser wirtschaftlichen Abhängigkeit von einem Auftraggeber wird jedoch auf alle selbständigen Tätigkeiten abgestellt. Das heißt, für die 5/6-Prüfung sind die Betriebseinnahmen aus allen Tätigkeiten (Autor und Literatur-Agent) zu betrachten und ins Verhältnis zu setzen. Im Ergebnis hieße dies, dass die Versicherungspflicht als selbständiger Literatur-Agent bei der von Ihnen genannten Verteilung von 70/30 für diese Tätigkeit nicht eintreten würde.

Die Versicherungspflicht tritt überdies ebenfalls dann nicht ein, wenn Sie selbst im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen oder wenn die selbständige Tätigkeit als geringfügig anzusehen ist, d.h. wenn der monatliche steuerrechtliche Gewinn nicht mehr als 450 Euro beträgt.

Unabhängig davon ist auch die selbständige Tätigkeit als Autor versicherungsrechtlich zu bewerten. So gehören auch selbständige Künstler und Publizisten zum Kreis derer, die kraft Gesetz der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen, sofern sich diese Tätigkeit nicht im Rahmen der genannten Geringfügigkeitsgrenze bewegt. Die besonderen Modalitäten der Versicherungspflicht selbständiger Künstler und Publizisten regelt das Künstlersozialversicherungsgesetz. Weitere Einzelheiten hierzu, können Sie bitte direkt den Informationen der Künstlersozialkasse (KSK) entnehmen: www.kuenstlersozialkasse.de

Die Versicherungspflicht nach dieser Vorschrift beginnt jedoch erst mit dem Tag, an dem Sie diese Tätigkeit der KSK oder einem anderen Sozialversicherungsträger melden. Somit können die Vorteile, welche die Künstlersozialversicherung hinsichtlich der anteiligen Beitragszahlung bietet erst ab dem Zeitpunkt in Anspruch genommen werden, wenn eine solche Meldung bei der KSK erfolgt ist, wozu gemäß §11 KSVG auch eine Verpflichtung besteht.

Sofern Sie weitere Fragen zu diesem komplexen Sachverhalt haben oder Hilfe benötigen, empfehlen wir Ihnen eine Beratung in einer unserer Auskunfts- und Beratungsstellen in Anspruch zu nehmen. Bitte vereinbaren Sie einen Termin (Suche unter www.deutsche-rentenversicherung.de)

Darüber hinaus besteht in der Auskunfts- und Beratungsstelle die Möglichkeit, im Rahmen eines gesonderten Termins ihre Altersvorsorgesituation grundsätzlich zu analysieren und sich anbieter- und produktneutral über staatliche Fördermöglichkeiten zu informieren. Allgemeine Informationen darüber finden Sie hier: www.deutsche-rentenversicherung.de

Quelle: Carsten Schulz
Deutsche Rentenversicherung Bund
Mai 2016

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