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Schriftstellerin plus ein Auftraggeber plus Minijob: Scheinselbständigkeit?

Frage

Ich bin Schriftstellerin und habe daher ein unregelmäßiges Einkommen - investiere aber den Großteil meiner Arbeitszeit darin. Zudem habe ich einen Auftraggeber, für den ich arbeite und von dem ich den Großteil meines Einkommens beziehe (wird besser bezahlt als meine Bücher). Bei einem weiteren Auftraggeber beziehe ich nur geringes Einkommen, da dieser nicht viel bezahlt. Ist dies Scheinselbständigkeit, wenn ich mich selbst krankenversichere? Was passiert, wenn ich zusätzlich noch einen 451 Euro-Job habe?

Antwort

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass jede Tätigkeit oder Beschäftigung separat zu betrachten ist.

Für die Tätigkeit als Schriftstellerin sollte geprüft werden, ob eine Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz infrage kommt. Die Versicherungspflicht in der Künstlersozialkasse (KSK) würde erst mit Ihrer Meldung dort beginnen, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind. Auf der anderen Seite könnte eine frühzeitige Meldung bei der KSK für Sie vermutlich sinnvoll sein, da Sie zwar Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung zahlen (ähnlich wie ein Arbeitnehmer nur den halben Beitragssatz von derzeit 9,45 %), aber gleichzeitig einen Anspruch auf einen "Beitragszuschuss" zur gesetzlichen oder sogar privaten Krankenversicherung erwerben. Dabei ist es in der Zeit des Berufsanfanges in einer künstlerischen Tätigkeit unproblematisch, wenn bestimmte Mindestverdienstgrenzen aus der künstlerischen Tätigkeit nicht überschritten werden. Für weitere Fragen verweise ich auf die Internetseite der KSK, wo Sie auch FAQs finden und die Antragsformulare herunterladen können: www.kuenstlersozialkasse.de (www).

Für die - vermutlich nicht künstlerische bzw. publizistische - andere Tätigkeit wäre die Versicherungspflicht für Personen zu prüfen, die selbständig sind, aber auf Dauer und im wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind und keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen.

Vor dieser Prüfung ist ggf. noch die Problematik der "Scheinselbständigkeit" abzuklären, da hier gar keine Selbständigkeit vorliegt. Ein Kriterium zur Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung (d.h. versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung als Arbeitnehmer) und Selbständigkeit ist die Eingliederung in einen Betrieb, das heißt eine Bindung an die Art, Ort und Zeit der Arbeitsausführung. Die vertragliche Unterstellung in das Weisungsrecht des Arbeitgebers kann auf eine abhängige Beschäftigung hindeuten. Andererseits ist die Rechtsfigur eines "Freien Mitarbeiters" seit langem bekannt, der zwar langfristig für einen Auftraggeber eingesetzt werden kann, aber dieser persönlichen Abhängigkeit gerade nicht unterliegt. Hierbei kommt es nicht nur auf die Vertragsgestaltung, sondern auch die tatsächlichen Verhältnisse an, deren Beurteilung im Einzelfall ausschlaggebend sein kann. Da von Arbeitnehmern - im Gegensatz zu Selbständigen - kein unternehmerisches Risiko (z.B. Verlust des eingesetzten Kapitals) getragen wird, ist dies als weiteres Abgrenzungsmerkmal geeignet.

Sollte hieran noch Zweifel bestehen, können Sie eine Statusfeststellung (Clearingverfahren) durchführen lassen, für die die Deutsche Rentenversicherung Bund zuständig ist. Auf diese Weise können Sie - aber in erster Linie der für eine etwaige Beitragszahlung haftende Auftraggeber - das Risiko einer nachträglichen Beitragsnachforderung als Ergebnis von Betriebsprüfungen u.ä. vermeiden (das Verwaltungsverfahren ist kostenfrei). Nähere Informationen und den Antragvordruck finden Sie hier
www.deutsche-rentenversicherung.de (www).

Wenn die Tätigkeit zweifelsfrei im Rahmen der Selbständigkeit erbracht wird, ist die Versicherungspflicht (nur in der Rentenversicherung) für Personen zu prüfen, die selbständig sind, aber auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind und keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Ein Selbständiger ist dann im Wesentlichen von einem Auftraggeber abhängig, wenn er mindestens fünf Sechstel seiner gesamten Betriebseinnahmen aus den zu beurteilenden Tätigkeiten allein aus der Tätigkeit für einen Auftraggeber bezieht. Soweit sich die Betriebseinnahmen auf die verschiedenen Auftraggeber so verteilen, dass nicht mehr als fünf Sechstel von einem Auftraggeber kommen, besteht keine Versicherungspflicht. Die Versicherungspflicht tritt für den Selbständigen mit einem Auftraggeber ebenfalls nicht ein, wenn im Rahmen der Selbständigkeit ein Arbeitnehmer mit einem monatlichen Entgelt oberhalb von 400 Euro beschäftigt wird. Zur Erläuterung ein Link zu einer weiterführenden Broschüre:
www.deutsche-rentenversicherung.de (www).

Falls aufgrund einer Tätigkeit im Wesentlichen für einen Auftraggeber dem Grunde nach Versicherungspflicht besteht (oft in der Startphase der selbständigen Tätigkeit), kann eine Befreiung für Existenzgründer für die Dauer von drei Jahren beantragt werden (verspätete Antragstellung führt zur Verkürzung des Befreiungszeitraumes). Nach Ablauf der drei Jahre tritt Versicherungspflicht ein, es sei denn, nun wird entweder ein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt oder die Betriebseinnahmen verteilen sich so auf die verschiedenen Auftraggeber, dass nicht mehr als fünf Sechstel von einem Auftraggeber kommen.

Unabhängig von der Beurteilung der selbständigen Tätigkeit(en) wäre die Aufnahme einer mehr als nur geringfügigen versicherungspflichtigen Beschäftigung (mehr als 451 Euro), so dass durchaus Versicherungspflicht aus verschiedenen Rechtsgrundlagen entstehen kann.

Da es hier also Gestaltungsmöglichkeiten und eine befristete Befreiungsmöglichkeit für Existenzgründer gibt, wäre in jedem Fall kurzfristig eine Beratung in einer unserer Auskunfts- und Beratungsstellen, Suche unter www.deutsche-rentenversicherung.de (www), anzuraten, da im Beratungsgespräch auf die individuelle Situation besser eingegangen werden kann.

Quelle:
Nico Höxbroe
Deutsche Rentenversicherung Bund
Oktober 2013

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