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Onlinehandel mit Spielwaren: Haftung?

Frage

Wir planen eine GbR und wollen im Onlinehandel nun Spielwaren verkaufen. Nun kam bei uns die Frage auf: Welche Versicherungen sind sinnvoll für unsere GbR? Im Internet findet man zwar viel Material, allerdings auch sehr unterschiedliche Meinungen.

Antwort

Gerne gebe ich Ihnen ohne Anspruch auf Vollständigkeit erste Hinweise zu möglichen Themenkreisen, zu denen Sie sich bei der von Ihnen geplanten Geschäftsart des Verkaufs von Spielwaren einschließlich zur Versicherung des Online-Handels im Vorfeld sinnvollerweise von einer Anwaltskanzlei ausführlich beraten lassen sollten.

Ein Verkäufer haftet nach den §§ 437 ff. BGB für die von ihm verkauften Sachen und nach den §§ 823 ff. BGB für fahrlässig und vorsätzlich herbeigeführte Schäden an Personen und Sachen durch diese Sachen gemäß den in diesen Normen genannten Voraussetzungen. Ob ein reiner Verkäufer, der die Ware nicht selbst produziert hat, auch nach dem Produkthaftungsgesetz haftet, hängt davon ab, ob er unter § 4 Produkthaftungsgesetz fällt:

§ 4 Produkthaftungsgesetz - Hersteller
(1) Hersteller im Sinne dieses Gesetzes ist, wer das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat. Als Hersteller gilt auch jeder, der sich durch das Anbringen seines Namens, seiner Marke oder eines anderen unterscheidungskräftigen Kennzeichens als Hersteller ausgibt.

(2) Als Hersteller gilt ferner, wer ein Produkt zum Zweck des Verkaufs, der Vermietung, des Mietkaufs oder einer anderen Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit in den Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einführt oder verbringt.

(3) Kann der Hersteller des Produkts nicht festgestellt werden, so gilt jeder Lieferant als dessen Hersteller, es sei denn, dass er dem Geschädigten innerhalb eines Monats, nachdem ihm dessen diesbezügliche Aufforderung zugegangen ist, den Hersteller oder diejenige Person benennt, die ihm das Produkt geliefert hat. Dies gilt auch für ein eingeführtes Produkt, wenn sich bei diesem die in Absatz 2 genannte Person nicht feststellen lässt, selbst wenn der Name des Herstellers bekannt ist.“

(Hervorhebung durch die Unterzeichnerin, Gesetzstand 17.11.2019)

Das bedeutet vereinfacht gesagt folgendes: Eine Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz trifft regelmäßig nur den Hersteller, nicht jedoch den Verkäufer, es sei denn, dieser ist Quasi-Hersteller, indem er die Ware erstmals in den EU-Wirtschaftsraum importiert und dort verkauft. Sie sollten daher ganz grundsätzlich genau überlegen, ob Sie Importware aus dem Nicht-EU-Wirtschaftsraum verkaufen möchten oder ob Sie aus anderweitigen Gründen bei der Verkaufsware als Hersteller im oben beschriebenen Sinn eingeordnet werden können, zumal die Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz nicht durch Vereinbarungen mit dem Kunden ausgeschlossen werden kann. Die Produkthaftung ist nämlich ein sehr umfangreicher Bereich, der (Quasi-)-Hersteller haftet danach für Konstruktionsfehler, Fabrikationsfehler, Instruktionsfehler (Fehler in der Bedienungsanleitung oder unzureichende Warnhinweise), Betriebsorganisationsfehler (fehlende Ausgangskontrollen) und Produktbeobachtungsfehler (unterlassene weitere Verfolgung der Entwicklung von Wissenschaft und Technik sowie von Verbraucherbeanstandungen). Hersteller müssen die Produkte sicher konstruieren und in beigefügten Bedienungsanleitungen über alle damit verbundenen Gefahren, auch im Bereich des naheliegenden Fehlgebrauchs, aufklären. Diese Bedienungsanleitungen sollten Sie auf jeden Fall prüfen und bei Bedenken den Hersteller um Verbesserung der Bedienungsanleitungen bitten oder notfalls eigene Verkäufer-Hinweisblätter mit Warnhinweisen den Kunden aushändigen. Wichtig ist - gerade auch beim Verkauf von Spielwaren - nicht nur, dass der offensichtlichen Fehlgebrauch durch konstruktive Maßnahmen verhindert ist, sondern auch der nahe liegende Missbrauch. Im Grunde muss das zu verkaufende Spielzeug daher auch so sicher wie möglich für Kinder unter drei Jahren gefertigt sein, auch wenn diese bei bestimmten Spielwaren möglicherweise nicht die Zielgruppe sind, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass jüngere Kinder, z.B. im Kindergarten oder Geschwister, das Spielzeug in den Mund nehmen. Sind die konstruktiven Maßnahmen im Sinne bestmöglicher Sicherheit ausgeschöpft, sind im zweiten Schritt die Bedienungsanleitungen und Warnhinweise entsprechend umfassend zu gestalten.

Weitere gesetzliche Vorschriften wie das Produktsicherheitsgesetz können je nach Spielzeugart zur Anwendung kommen.

Mögliche Versicherungen wie

  • eine Produkthaftpflichtversicherung, die etwaige von den verkauften Produkten ausgehende Personen- und Sachschäden abdecken kann,
  • eine Betriebshaftpflichtversicherung,
  • eine Inhalts-, Inventar- bzw. Lagerwareversicherung für die eingelagerte Ware gegen Brand, Diebstahl, Vandalismus, Elementarschäden etc.,
  • eine Betriebsunterbrechungsversicherung,
  • eine Transport- und Versendungsversicherung,
  • eine Firmenrechtschutzversicherung für den Handelsbetrieb,
  • eine spezielle Versicherung für den Online-Handel
  • und ggf. weitere Versicherungsarten

sind empfehlenswert, wobei Sie sich am Besten in einer Anwaltskanzlei konkret zu den von Ihnen zu verkaufenden Spielwaren und den möglichen dadurch verursachten Risiken beraten lassen und dann sich Angebote von Versicherungsmaklern geben lassen, denen die Art und Weise und der Inhalt des Online-Handels mit Spielwaren, wie Sie ihn geplant haben und ausführen möchten, genau beschrieben wird. Versicherungen für den Online-Handel sollten unbedingt auch Schäden und Kostenaufwand durch Abmahnungen bei Markenrechtsverletzungen, Urheberrechtsverletzungen (unerlaubte Verwendung von Produktfotos etc.), Verletzung von Datenschutzbestimmungen (EU-DGSVO aktuell sowie ab Inkrafttreten die zukünftige ePrivacy-Verordnung (Gesetzstand dieser Auskunft 17.11.2019) etc.), Wettbewerbsrecht etc. sowie Eigen- und Kundenschäden durch Cyberkriminalität und Nichterreichbarkeit der eigenen Plattform abdecken.

Beim Vergleich der Angebote sollten Sie vor allem darauf achten, wie hoch der zu vereinbarende Maximalleistungsumfang der Versicherungsgesellschaft pro Schadensfall ist, wie viele Schadensfälle pro Jahr überhaupt abgedeckt sind, für welche Konstellationen und für welche gegebenenfalls Ihnen als Versicherungsnehmer zuzurechnende Verantwortung (wissentliche Pflichtverletzung, Vorsatz o.ä.) ein Leistungsausschluss besteht. Sollten das Fallgestaltungen sein, die bei der von Ihnen geplanten Online-Handelstätigkeit eine Rolle spielen können, lohnt es sich, wenn Sie auch über diese Ausschlüsse verhandeln und versuchen, insoweit zusätzlich die individuelle Deckung durch die Versicherung, wenn möglich, zu erhalten. Das müsste man Ihnen schriftlich in der Versicherungspolice bestätigen.

Welcher Versicherungsschutz in welchem Umfang zu welchen Kosten „sinnvoll“, wie Sie fragen, und gegebenenfalls notwendig ist, kann nur im Rahmen einer individuellen Bedarfs- und Kostenanalyse zum von Ihnen geplanten Online-Handel mit Spielwaren festgestellt werden und sollte vorsorglich alle sechs Monate überprüft und an die tatsächliche Entwicklung Ihres Handelsgeschäfts angepasst werden.

Um die persönliche Haftung weitgehend auszuschließen, wäre auch zu überlegen, statt in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, bei der alle Gesellschafter mit dem gesamten Privatvermögen im Außenverhältnis haften, den Handel über eine GmbH oder eine sogenannte Mini-GmbH, eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit frei in ganzem Euro-Betrag wählbarem Geschäftskapital beim Start zwischen 1,00 Euro bis EUR 24.999,00 Euro anzubieten.

Viel Erfolg beim Verkauf der Spielwaren.

Quelle: Dr. Babette Gäbhard
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Mitglied der Rechtsanwaltskammer München
November 2019

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