Antwort
Wenn Berufe wie Make-up Artist in den einschlägigen Gesetzen (Einkommensteuergesetz, Partnerschaftsgesellschaftsgesetz) nicht ausdrücklich genannt sind, sucht man nach einem so genannten "ähnlichen Beruf". Dieser Referenzberuf wäre in Ihrem Fall wohl Visagist bzw. Visagistin. Hierzu gibt es auch ein Urteil:
Ein(e) Visagist*in kann demzufolge eine künstlerische Tätigkeit ausüben. Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine Visagistin, die für Modejournale oder gewerbliche Auftraggeber Fotomodelle für Fotoaufnahmen schminkte und frisierte, dabei im Team bestehend aus Fotograf und Modestylisten zusammenwirkte, ohne bei ihrer Arbeit konkreten Weisungen bezüglich Schmink- und Frisierstylings zu unterliegen. Sie war also bei ihrer schöpferischen Tätigkeit nicht weisungsgebunden. In so einem Fall kann eine künstlerische Tätigkeit i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorliegen.
Für die Einstufung der Tätigkeit als künstlerisch ist erforderlich, dass die Arbeit nicht einfach das Produkt handwerksmäßig erlernt bzw. erlernbarer Tätigkeiten darstellt, sondern, dass der Visagistin im Rahmen des von den Auftraggebern vorgegebenen Rahmens Raum für eine eigenschöpferische Tätigkeit verbleibt und die Werke den Stempel ihrer Persönlichkeit tragen. (Quelle: Finanzgericht - FG - Hamburg Urteil vom 19.08.1992 - III 374/88)
Unter welchen Voraussetzungen Ihre Tätigkeit als Make-up Artist als freiberuflich anzusehen ist, kann diesem Urteil entnommen werden. Beim Wimpernlifting scheint es sich weniger um eine künstlerische, sondern um eine kosmetische Behandlung zu handeln. Mit dieser Argumentation Ihres Finanzamtes müssen Sie rechnen. Sollte Lashlifting im Rahmen einer Schwerpunkttätigkeit als Make-up Artist vorgenommen werden, könnte hier eher ein Element freiberuflicher Tätigkeit vorliegen. Wenn Sie für Raumnutzung bezahlen, sollten Sie nicht von Provision sprechen, sondern von Raumkosten.
Sollten Sie sich trotz dieser Feststellungen entschließen, dem Finanzamt einen freien Beruf anzuzeigen, so beachten Sie bitte noch das Folgende: Nach vorliegenden Erfahrungen kommt es häufig vor, dass selbstständige Dienstleister dem Finanzamt einen freien Beruf anzeigen und dabei von einer Freistellung vom Gewerbe ausgehen. Oft werden Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) beim Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt. Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte "verbindliche Auskunft" des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit hohen Anforderungen und mit Kosten verbunden.
Unabhängig davon können Sie sich mit dem Finanzamt in Verbindung setzen, das auch eine beratende Funktion hat. Sollten Sie sich auf eine gewerbliche Betätigung verständigen, so hilft Ihnen ein Hinweis auf die Gewerbesteuer: Als Einzelunternehmer*in wird Ihnen bei der Gewerbesteuer ein jährlicher Freibetrag von 24.500 € auf den Gewinn gewährt.
Quelle:
Dr. Willi Oberlander
Unternehmensberatung
Stand:
Mai 2021