Navigation

09.09.2014 -

Interview mit Yousef El-Dada und Asmaa Aldaher
„Besondere Herausforderungen erfordern kreative Lösungen“

Einleitung

Das arabische Wort fekra bedeutet Idee – und an ausgezeichneten Ideen fehlt es den Gründern Yousef El-Dada und Asmaa Aldaher nicht. 2018 gründeten sie gemeinsam eine Sprachschule für Hocharabisch, die für alle Kinder offen ist, unabhängig von kulturellen, religiösen und gesellschaftlichen Hintergründen.

Porträt von Yousef El-Dada und Asmaa Aldaher

© Jimmi Schlemmer

SUYF: Wie habt ihr euch auf eure Gründung vorbereitet?

Asmaa: Wir wollten von Anfang an alles richtig machen und haben einen Kurs zum Thema Steuern absolviert. Den Businessplan haben wir dann allein geschrieben. Ein Jahr haben wir gebraucht, um das Konzept zu schreiben, den Businessplan fertigzustellen und das Geld zu sammeln. Die größte Schwierigkeit war allerdings die Suche nach geeigneten Räumen.

SUYF: Kannst du das genauer erläutern?

Asmaa: Natürlich, wir wollten einen Ort finden, der sauber ist, zentral liegt und so gut angebunden ist, dass ihn auch Menschen von weiter außerhalb gut erreichen können. Unser Angebot soll für möglichst viele Menschen verfügbar sein.

Yousef: Wir haben viel Misstrauen gegenüber der arabischen Sprache erlebt und mussten unser Konzept immer detailliert erklären und hervorheben, dass wir anders als andere Schulen sind. Die Leute verstehen das häufig nicht, wenn Geflüchtete Arabisch unterrichten möchten. Sie haben Angst davor und wollen das lieber nicht. Nach sechs Monaten Suche haben wir dann in Berlin Charlottenburg Räume zur Untermiete in einer Schule für Tourismus gefunden.

SUYF: Ihr habt nur mit Eigenkapital gegründet?

Asmaa: Genau, wir haben Geld gespart. Um unsere Kosten während der Gründung gering zu halten, haben wir immer nach Alternativen gesucht und kreativ gedacht. Statt eigener Räume haben wir Räume zur Untermiete gefunden. Am Wochenende stehen die Räume der Schulen häufig leer. Das haben wir für uns genutzt.

Yousef: Nach der Gründung habe ich einen Vollzeitjob als Architekt gefunden. Wenn es bei FEKRA Verluste gibt, kann ich sie ausgleichen. Unter der Woche studieren und arbeiten wir, am Wochenende betreiben wir unsere Sprachschule.

SUYF: Habt ihr damals auch über Kredite oder anderes Fremdkapital nachgedacht?

Yousef: Es gibt zwar Mikrokredite, die auch für Flüchtlinge zugänglich sind. Aber sie sind schwer zu bekommen, selbst mit guten Ideen. Viele geflüchtete Unternehmerinn

en und Unternehmer, die ich kenne, haben den Kredit nicht bekommen. Anderen wurde geraten, lieber private Investoren zu suchen. Für unsere Unternehmensgründung hat unser Eigenkapital ausgereicht. Meiner Erfahrung nach gründen viele Flüchtlinge mit ihrem Eigenkapital und Know-how, das sie aus ihren Herkunftsländern mitbringen.

SUYF: Habt ihr beide einen Flüchtlingsstatus?

Asmaa: Ich hatte einen Flüchtlingsstatus, bin aber mittlerweile eingebürgert.

Yousef: Ich bin seit weniger als drei Jahren in Deutschland und habe subsidiären Schutz bekommen. Mein entsprechender Aufenthaltstitel ist noch gültig, ich muss ihn bald verlängern.

SUYF: Hatten eure Aufenthaltstitel Einfluss auf eure Gründungsfinanzierung?

Yousef: Ja, und sie haben bis heute starken Einfluss auf unser Unternehmen. Ich kann beispielsweise keinen Kredit aufnehmen und auch keine Produkte auf Raten finanzieren. Das führt unter anderem dazu, dass wir für unsere Arabischschule bisher keine modernere technische Ausstattung anschaffen konnten. Wir brauchen die Ausstattung für die Verbesserung unseres Unterrichts, aber mit circa 2.000 Euro pro Klassenraum ist sie wirklich teuer.

SUYF: Was hat dein Aufenthaltstitel mit einer Finanzierung auf Raten zu tun?

Yousef: Der Mitarbeiter des Geschäfts schaute sich meinen Pass an und lehnte meinen Ratenkauf daraufhin ab. Auf Nachfrage erklärte er mir, dass es dabei nicht um die Laufzeit meines Aufenthaltstitels oder um meine finanzielle Situation gehe. Es gehe dabei einzig und allein um den Paragrafen meines Aufenthaltstitels. Es gäbe eine Liste, auf der die Paragrafen vermerkt seien, mit denen keine Ratenkäufe möglich seien. Ich finde das sehr unfair, denn es schränkt uns und die Entwicklung unseres Unternehmens enorm ein. Und es kostet uns viel Zeit und bringt uns nicht weiter. Besonders unfair finde ich, dass Menschen mit anderen Paragrafen Ratenkäufe gestattet bekommen, selbst wenn sie sich im Jobcenter befinden. Wir haben daraufhin schon gescherzt, dass es sich für uns ja fast lohnen würde, wieder ins Jobcenter zu gehen. Das ist natürlich nicht ernst gemeint (beide lachen). Dennoch finde ich es ungerecht und widersprüchlich. Es macht einfach keinen Sinn.

SUYF: Woran liegt das?

Yousef: Das Jobcenter wird als sicher eingeschätzt. Ich hoffe, dass ich bald meinen Aufenthaltstitel ändern kann, damit ich mehr Möglichkeiten habe. Solange müssen wir uns kreative Lösungen überlegen. Aktuell weichen wir auf andere Lernmethoden aus, für die wir die technische Ausstattung nicht benötigen. Die Kinder lernen gerne mit arabischsprachigen Filmen und anderen Medien.

SUYF: Was ist aus eurer Sicht notwendig, um diese Umstände zu verbessern?

Asmaa: Ich habe im September 2019 am Unternehmerinnen Lunch mit der Staatsministerin Annette Widmann-Mauz im Bundeskanzleramt teilgenommen. Thema war die Förderung migrantischer und geflüchteter Gründerinnen. Dort wurden wir gefragt, wo unsere zentralen Probleme bei der Gründung lagen. Für viele war die Finanzierung das größte Problem. Häufig ging es dabei um den Zugang zu Krediten, aber auch um Themen wie die Schwierigkeit, als Geflüchtete ein Geschäftskonto zu eröffnen. Wir hoffen mit Frau Widmann-Mauz eine Fürsprecherin für diese Problematik gefunden zu haben und das Thema damit sichtbarer zu machen. Hoffentlich kann damit etwas zur Lösung beigetragen werden.

SUYF: Wie geht es für euch im kommenden Jahr weiter?

Asmaa: Die Schule ist wie unser erstes Kind. Wir möchten unser Unternehmen vergrößern, vielleicht sogar einen zweiten Standort aufmachen. Die Nachfrage ist momentan so groß, dass wir nicht alle Kinder aufnehmen können. Wenn wir uns vergrößern wollen und unsere hohen Qualitätsstandards beibehalten möchten, brauchen wir mehr Klassenräume und mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Vielleicht starten wir eine Crowdfunding Kampagne dafür.

SUYF: Könnt Ihr beim Thema Gründungsfinanzierung anderen Gründerinnen und Gründern etwas mit auf den Weg geben?

Yousef: Wir teilen unsere Erfahrungen regelmäßig mit anderen Gründerinnen und Gründern, damit sie unsere Fehler nicht nochmal machen. Das hat uns damals gefehlt und wir möchten es anderen ersparen.

Interview: Pia Voelker
Stand: 2019

Hotline 030-340 60 65 60 Für allgemeine Fragen
Montag bis Donnerstag: 8:00 - 18:00 Uhr
Freitag: 8:00 - 12:00 Uhr
nach oben