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21.06.2017 -

Arbeitnehmer mit Behinderung

Einleitung

Etwa drei Millionen Deutsche mit Behinderungen sind im erwerbsfähigen Alter. Die meisten von ihnen sind gut ausgebildet und hoch motiviert.

Ein Mann sitzt im Rollstuhl mit anderen Personen an einem Tisch in einem Seminarraum.

Viele Unternehmen stellen nicht zuletzt aus diesem Grund Menschen mit Behinderungen ein. Unternehmen mit mindestens 20 Beschäftigten sind ohnehin gesetzlich verpflichtet, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen zur Verfügung zu stellen. Arbeitgeber, die dieser Vorgabe nicht nachkommen, müssen eine Ausgleichsabgabe zahlen.

Arbeitgeber unterstellen Menschen mit körperlicher oder psychischer Beeinträchtigung häufig eine verminderte Leistungsfähigkeit. Zu Unrecht: Entscheidend für die Leistungsfähigkeit jedes Arbeitnehmers – ob behindert oder nicht – ist, ob sein Arbeitsplatz zu ihm passt oder nicht. Auf den Arbeitgeber kommen dadurch womöglich Umbaumaßnahmen zu. Das bringt zwar zunächst einen gewissen Aufwand mit sich. Allerdings können barrierefreie Gebäude oder Kennzeichnungen in Braille-Schrift auch den Zugang für weitere Kunden erweitern.

Die weitaus meisten Behinderungen (96 Prozent) treten erst im Laufe eines Lebens auf. Nur etwa vier Prozent sind angeboren. Stattdessen führen vor allem Krankheiten zu Behinderungen – in mehr als 80 Prozent der Fälle. Die am häufigsten vorkommende Behinderung ist eine Funktionsstörung der inneren Organe. Erst an zweiter und dritter Stelle folgen Funktionseinschränkungen von Gliedmaßen und der Wirbelsäule bzw. des Rumpfes.

Behinderungsgrade

Es werden verschiedene Grade der Behinderung unterschieden. Diese sollen die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen messen. Der Grad der Behinderung muss durch ärztliche Gutachter festgestellt werden, damit die betreffenden Personen bestimmte Rechte geltend machen können und um bestimmte Teilhabeleistungen und Nachteilsausgleiche zu erhalten. Die Einstufung nehmen die Landkreise und kreisfreie Städte vor.

Die Ausprägung einer Behinderung wird in Zehnerschritten abgestuft. Diese Schritte reichen von 20 bis 100. Ein Grad der Behinderung wird dabei immer unabhängig vom ausgeübten Beruf festgestellt. Dieser Grad sagt daher nichts darüber aus, wie leistungsfähig ein Mensch mit Behinderung in Bezug auf einen konkreten Arbeitsplatz ist. Aus arbeitsrechtlicher Sicht werden Menschen mit Behinderung in folgende Gruppen unterschieden:

  • Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen: Zu dieser Gruppe zählen Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 20 bis unter 50 sowie Personen, bei denen eine Beeinträchtigung zu erwarten ist.
  • Menschen mit einer Schwerbehinderung: Ab einem Grad der Behinderung von mindestens 50 gelten Menschen als schwerbehindert.
  • Gleichgestellte Personen: Behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber mindestens 30, sollen schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können. Die Gleichstellung wird auf Antrag durch die zuständige Agentur für Arbeit festgestellt. Gleichgestellte behinderte Menschen sind nicht schwerbehindert.
  • Behinderte Jugendliche und junge Erwachsene: Sie können für die Zeit der Berufsausbildung in einem vereinfachten Verfahren durch die Agentur für Arbeit gleichgestellt werden.

Für alle oben genannten Personenkreise können Arbeitgeber Hilfe und Förderung erhalten.

In Zusammenarbeit mit Patricia Leister, Inklusionsberaterin der IHK Chemnitz

Arbeitgeber sind nach § 81 SGB IX verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit einem schwerbehinderten Menschen besetzt werden können. Einige Unternehmen sprechen darüber hinaus aktiv Bewerber mit Behinderungen in ihren Stellenausschreibungen an, weil sie deren Anzahl im Unternehmen erhöhen möchten. Ein möglicher Grund: ihr Engagement im Rahmen einer verantwortlichen Unternehmensführung.

Die Frage nach einer bestehenden Behinderung ist übrigens im Bewerbungsverfahren grundsätzlich unzulässig. Ein Bewerber muss eine solche Frage nicht wahrheitsgemäß beantworten.

In Zusammenarbeit mit Patricia Leister, Inklusionsberaterin der IHK Chemnitz

Die Probebeschäftigung ist für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein beliebtes Instrument, um jeweils zu prüfen, ob die beruflichen Anforderungen zu den vorhandenen Fähigkeiten passen. Dabei trägt die Agentur für Arbeit für ein bis maximal drei Monate die vollen Lohnkosten.

Es erweist sich oft als vorteilhaft, alle beteiligten Mitarbeiter bei der Einstellung behinderter Kollegen einzubeziehen. Ein offener Umgang mit dem Thema Behinderung macht es leichter, individuelle und gute Lösungen für eventuelle Probleme zu finden. Wenn die Kollegen das Gefühl haben, durch den behinderten Mitarbeiter mehr Arbeitsaufwand zu bekommen, sollten Sie ein Gespräch zum Beispiel mit dem Inklusionsberater der Kammer oder mit dem zuständigen Integrationsamt bzw. Integrationsfachdienst vereinbaren. Gemeinsam mit den Experten kann man darüber nachdenken, ob und wie man Arbeitsabläufe verbessern oder welche anderen entlastenden Maßnahmen man ergreifen könnte.

In Zusammenarbeit mit Patricia Leister, Inklusionsberaterin der IHK Chemnitz

Die Entlohnung des Mitarbeiters richtet sich stets nach der zu besetzenden Stelle. Existieren tarifliche Regelungen, so sind diese nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz ebenso bindend. Behinderte Menschen dürfen beruflich nicht benachteiligt werden.

In Zusammenarbeit mit Patricia Leister, Inklusionsberaterin der IHK Chemnitz

Die Fördermöglichkeiten sollen eventuelle Nachteile, die durch die Beschäftigung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Behinderungen auftreten können, ausgleichen.

  • Lohnkostenzuschüsse- bzw. Eingliederungszuschüsse: auch für die Ausbildungsvergütung, als Ausgleich von Minderleistung
  • Zuschüsse und Darlehen: zur Schaffung neuer Arbeits- und Ausbildungsplätze, behindertengerechter Einrichtung von Arbeitsplätzen, inklusive technischer Ausstattung u.a.
  • Probebeschäftigung: ggf. Kostenübernahme der kompletten Lohnkosten für bis zu drei Monate
  • Beratung und Information: für Betriebe zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen und zur Arbeitsmarktsituation, Schulungen von sämtlichen Mitarbeitern sowie Aufklärungsmaßnahmen bieten u.a. die Integrationsämter an.

Arbeitgeber können sich vor und nach der Einstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Behinderungen vom Inklusionsberater ihrer Kammer, dem Integrationsamt oder dem Integrationsfachdienst beraten lassen. Dazu gehören u.a. Fragen zur Ausgestaltung eines behindertengerechten Arbeitsplatzes.

In Zusammenarbeit mit Patricia Leister, Inklusionsberaterin der IHK Chemnitz

Für schwerbehinderte Menschen existiert eine ganze Reihe gesetzlicher Regelungen. Beispiele:

  • Arbeitsplatz: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitsplatz für schwerbehinderte Menschen so zu gestalten, dass sie die geforderte Leistung erbringen können. Dabei werden technische Arbeitshilfen, Maschinen und die Arbeitsumwelt an die Bedürfnisse des Einzelnen angepasst. Dies kann auch die Anpassung von Arbeitsorganisation, Arbeitsplänen, Arbeitsabläufen und das Zerlegen von Aufgaben einschließen.
  • Arbeitszeit: Auf Verlangen müssen Schwerbehinderte und Gleichgestellte von Mehrarbeit freigestellt werden, wenn diese über die normale gesetzliche Arbeitszeit von acht Stunden werktäglich hinausgeht.
  • Urlaub: Ihnen steht Zusatzurlaub von fünf weiteren Urlaubstagen pro Jahr zu.
  • Schwerbehindertenvertretung: In Betrieben, in denen wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt werden, muss eine Vertrauensperson mit mindestens einem stellvertretenden Mitglied als Schwerbehindertenvertretung gewählt werden.
  • Kündigung: Für schwerbehinderte und gleichgestellte Arbeitnehmer gilt ein besonderer Kündigungsschutz. Für das Unternehmen ist im Kündigungsfall wichtig, zunächst beim zuständigen Integrationsamt einen Antrag auf Kündigung zu stellen. Es prüft, ob die Kündigung im Zusammenhang mit der Behinderung steht. Ist dies nicht der Fall, stimmt es der Kündigung in der Regel zu.

In Zusammenarbeit mit Patricia Leister, Inklusionsberaterin der IHK Chemnitz

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