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Schulbegleiter: selbständige Tätigkeit?

Frage

Ich habe eine lange Zeit als Schulbegleitung gearbeitet und jetzt gekündigt. Meine Frage ist nun, ob ich als Schulbegleiter auch freiberuflich arbeiten kann bzw. darf.

Antwort

Als Schulbegleiter/in sind Sie Beschäftigte/r eines Schulträgers, eines Dienstes der Behindertenhilfe oder von Eltern (Elternarbeitgebermodell). In der Praxis werden überwiegend freie Träger beauftragt, die Schulbegleitung oder Integrationshilfe zu leisten. Zahlen zu Beschäftigungsformen gibt es kaum. Die so genannte „Göttinger Schulbegleitungsstudie GötS“ aus dem Jahr 2017 gibt an, ein Viertel der dort Befragten sei auf Honorarbasis beschäftigt gewesen, also offenbar selbstständig.

Das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst äußert sich hierzu wie folgt: „In der Regel wird der Integrationshelfer als Arbeitnehmer einzuordnen sein, da er zumeist eine nichtselbstständige Tätigkeit ausüben wird. In Betracht kommt auch eine selbständige Tätigkeit des Integrationshelfers (als Unternehmer). Es ist für den jeweiligen Einzelfall zu prüfen, wie die Einordnung tatsächlich zu erfolgen hat. Entscheidend sind dabei zum Beispiel die persönliche Abhängigkeit des Integrationshelfers, die Weisungsgebundenheit und der zeitliche Umfang seiner Tätigkeit. Zu empfehlen ist in diesem Zusammenhang ein persönliches Gespräch mit dem zuständigen Finanzamt. Dieses kann beratend zur Seite stehen und darüber Auskunft geben, wie die Einordnung zu erfolgen hat.“

Tatsächlich kommt es hier wohl nicht selten zu unterschiedlichen Auffassungen in Bezug auf arbeitsrechtliche Fragen. So hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen in einem Fall festgestellt, der jeweilige „Vertragstyp ergäbe sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt“ (in der hier verhandelten Sache wurde die Arbeitnehmereigenschaft verneint - Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 03.03.2011; 7 Sa 1370/10). Zu einem anderen Urteil kam etwa das Arbeitsgericht Würzburg: „Vorliegend sei allein entscheidend, ob und wie intensiv die Schulbegleiterin in die Betreuungsorganisation des Schulträgervereins integriert ist und in welchem Umfang sie den Inhalt ihrer Tätigkeit, die Art und Weise der Durchführung ihrer Arbeitszeit und die sonstigen Umstände ihrer Dienstleistung unter Berücksichtigung der Besonderheiten der geschuldeten Tätigkeit als Schulbegleiterin beeinflussen könne. Danach sei die Schulbegleiterin als Arbeitnehmerin einzustufen. Sie ist weisungsabhängig in die Arbeitsorganisation des Schulträgervereins eingegliedert. Sie könne ihre Tätigkeit als Betreuerin für JB im Wesentlichen nicht frei gestalten: Der Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit ist mit 25 Stunden fest vereinbart. Er entspricht der vorgegebenen Unterrichtszeit an der Schule des Schulträgers. Auch Beginn und Ende der Arbeitszeiten der Schulbegleiterin seien vorgegeben. Sie richten sich nach dem Stundenplan. Auch bezüglich des Orts ihrer Arbeitsleistung steht ihr kein Freiraum zu. Sie erbringt ihre Tätigkeit in den Schulräumen und damit in den Einrichtungen des Schulträgers (Arbeitsgericht Würzburg, Urteil vom 28.07.2010; 1 Ca 2108/09).

Für die Frage der Beschäftigungsform von Schulbegleitern hat die arbeitsrechtliche Situation große Bedeutung. In der Praxis werden dadurch die Möglichkeiten der Beauftragung von Selbstständigen erheblich eingeschränkt. Auch ist die selbstständige Tätigkeit im Rahmen von einzelnen Schulbegleitungen mit größerem zeitlichem Umfang problematisch. Hier kann sich das Problem der Scheinselbstständigkeit oder der arbeitnehmerähnlichen Selbstständigkeit ergeben. Was darunter zu verstehen ist, erklärt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) unter http://www.existenzgruender.de/DE/Unternehmen-fuehren/Personal/Personal-einstellen/Scheinselbstaendigkeit/inhalt.html.

Viele Schulen und freie Träger machen die Abschlüsse von Honorarverträgen davon abhängig, ob im Einzelfall beurteilt wurde, dass es sich bei der auszuübenden Tätigkeit um eine selbstständige Tätigkeit handelt.

Wenn die Auftraggeber und Sie selbst arbeitsrechtliche und rentenversicherungsrechtliche Probleme vermeiden, wird sich für Sie wohl die Situation ergeben, mehrere Schulbegleitungen zu führen. Damit haben Sie auch eine deutliche Abgrenzung zu sozialversicherungspflichtig angestellten Schulbegleitern, denn Sie sind immerhin flexibler und unabhängiger. Bei der Honorierung müssen Sie unbedingt berücksichtigen, welches Mindesteinkommen auf der Grundlage Ihrer Kostenkalkulation erforderlich ist. Da Sie kaum Verhandlungsspielräume haben, müssen Sie hier eine klare Linie bestimmen, ab welchem Einkommen die Selbstständigkeit für Sie finanziell einen Anreiz bietet.
Beachten Sie bitte die „GründerZeiten“ des BMWi zu Existenzgründungen im sozialen Bereich: GründerZeiten Nr. 22: Existenzgründungen im sozialen Bereich (PDF, 1  MB)

Wie melden Sie Ihre selbstständige Tätigkeit an? Sie können davon ausgehen, im Sinne des Einkommensteuergesetzes erzieherisch tätig zu sein. Als erzieherische Tätigkeit wird hier definiert die planmäßige körperliche, geistige und sittliche Formung junger Menschen. Voraussetzung jeder erzieherischen Tätigkeit ist, dass die ganze Persönlichkeit geformt wird. Eine Gewerbeanmeldung wäre also nicht erforderlich, Sie zeigen die Tätigkeit in der Schulbegleitung lediglich dem Finanzamt als freiberuflich an (im Steuerdeutsch selbstständig im Gegensatz zu gewerblich).

Quelle: Dr. Willi Oberlander M.A.
Unternehmensberatung
Januar 2018

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