Abmahnungen durch Wettbewerber und andere Unternehmen sowie durch Verbraucherschutzvereine verursachen nicht nur Kosten, sondern können auch zu Rechtsstreitigkeiten führen. Um beides zu vermeiden, sollten sich Existenzgründer und Unternehmer daher frühzeitig informieren. Nur so können sie sicherstellen, dass ihre Marketingmaßnahmen und Angaben auf der Internetseite bzw. im Online-Shop sowie die Verwendung von Marken, Namen und Unternehmenskennzeichen und der Einsatz urheberrechtlich geschützter Werke im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften stehen und keine Rechte Dritter verletzen.
Beim Thema „Abmahnung“ geht es nicht nur um die Frage, wie man das eigene Unternehmen vor Abmahnungen schützen kann, sondern auch darum, inwieweit man andere Unternehmen durch eine (eigene) Abmahnung zwingen kann, ein rechtswidriges Verhalten am Markt (z.B. Verstöße gegen Wettbewerbsrecht) oder die Verletzung eigener Rechte (z.B. Marken-, Namens-, Urheberrechte) für die Zukunft zu unterlassen.
So funktioniert eine Abmahnung
Um bestimmte Rechtsverletzungen außergerichtlich geltend zu machen und zu verbieten, gilt im Wirtschaftsleben die Abmahnung als probates Mittel. Sie kann sich unter anderem auf folgende Rechtsbereiche beziehen:
- Wettbewerbsrecht und Werberecht
- Urheberrecht
- Namens- und Markenrecht
- Gebrauchs- und Geschmacksmusterrecht
- Internetrecht
- Zivilrecht
Das „Verfahren“ der Abmahnung läuft dabei in der Regel folgendermaßen ab:
- Das Unternehmen (Rechtsverletzer) erhält vom Rechtsanwalt der abmahnenden Partei (z.B. Unternehmen, Verbraucherschutzzentrale) eine schriftliche Abmahnung, in dem die Rechtsverletzung im Einzelnen beschrieben wird.
- Das Unternehmen wird aufgefordert, zur außergerichtlichen Streitbeilegung innerhalb einer bestimmten Frist eine (oftmals vorformulierte) Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben. Darin verpflichtet sich das Unternehmen, zukünftig ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen. Dies kann zum Beispiel der unerwünschte Versand von Werbe-E-Mails sein oder die Verwendung eines bestimmten Produktnamens. Anderenfalls muss es eine Vertragsstrafe an die abmahnende Partei bezahlen.
- In der Unterlassungserklärung verpflichtet sich das Unternehmen darüber hinaus zumeist, die anwaltlichen Gebühren, die der abmahnenden Partei entstanden sind, zu übernehmen und binnen einer bestimmten Frist auszugleichen.
Sofern die abgemahnte Partei die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgibt und die anwaltlichen Gebühren übernimmt, kann sie dadurch in der Regel einen Gerichtsprozess vermeiden. Je nach Fall können im Rahmen der Abmahnung aber noch weitere Handlungen vom Verletzer (z.B. Auskunft, Schadensersatz) gefordert werden.
Abmahnung prüfen lassen
Unternehmen, die eine Abmahnung erhalten, sollten sich von einem mit der Rechtsmaterie vertrauten Anwalt umgehend juristisch beraten lassen, um u.a. folgende Fragen zu prüfen:
- Ist der in der Abmahnung geltend gemachte Verstoß rechtlich haltbar und tatsächlich zutreffend? Anderenfalls könnte beispielsweise eine Gegenabmahnung erwirkt werden.
- Gibt der von der abmahnenden Partei vorgeschlagene Text für die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung den Verstoß richtig wieder oder beinhaltet er zusätzliche Risiken?
- Ist es im konkreten Fall möglich und ratsam, eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben, die für den Abgemahnten günstiger ist?
- Ist der vom gegnerischen Anwalt für die Gebührenbemessung angesetzte Streitwert überhöht?
Oftmals wird übersehen, dass die abmahnende Partei innerhalb bestimmter Fristen per Gerichtsverfahren kurzfristig eine einstweilige Verfügung gegen das Unternehmen (Rechtsverletzer) erwirken kann. Voraussetzung ist, dass die Rechtsverletzung dem Gericht glaubhaft gemacht werden kann. Die hierdurch entstehenden Gerichtskosten und Anwaltsgebühren können ein Vielfaches höher sein als die mit der Abmahnung geltend gemachten Forderungen. Auch hier sollte frühzeitig juristischer Rat eingeholt werden.
Hinweis
Seit 1. Februar 2017 müssen Unternehmen auf ihren Webseiten und in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ihre Kunden darüber informieren, ob und ggf. über welche Schlichtungsstelle sie am Schlichtungsverfahren teilnehmen. Grundlage ist das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz. Die Informationspflichten gelten auch dann, wenn das Unternehmen nicht am Schlichtungsverfahren teilnimmt. Bei einer Verletzung drohen kostspielige Abmahnungen. Bitte wenden Sie sich für weitere Informationen an Ihre Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer.
Beispiele aus der Praxis
1. Abmahnung von Verstößen gegen Wettbewerbsrecht
In vielen Fällen werden konkurrierende Unternehmen abgemahnt, weil sie gegen Wettbewerbsrecht verstoßen. Das Recht zur Bekämpfung unlauterer Wettbewerbshandlungen ist im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geregelt. Es dient unter anderem dem Schutz von Marktteilnehmern sowie dem Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. Abmahnungen von Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht können beispielsweise aus folgenden Gründen erfolgen:
a) unzulässige Werbung
In vielen Fällen ergehen Abmahnungen durch Mitbewerber oder Verbraucherschutzvereine, weil ein Unternehmen mit irreführenden Werbeangaben (z.B. Irreführung in der Art der Preisangaben oder bei der Darstellung von Produktvorteilen) um Kunden wirbt. Um Abmahnungen vorzubeugen, sollten Unternehmen daher prüfen, ob ihre Angaben in Werbebroschüren und -anzeigen, auf Internetseiten oder in sonstigen (Medien)veröffentlichungen und Außendarstellungen im Sinne des Wettbewerbsrechts korrekt sind. Dabei kann die Grenzziehung zwischen einer zulässigen werbewirksamen Produkt- oder Leistungsbeschreibung und einer unzulässigen irreführenden Angabe im Einzelfall mit Schwierigkeiten verbunden sein.
b) unzumutbare Belästigung
Beispiel 1: Unverlangte E-Mail-Werbung (Spam)
Bei über 60 Prozent des gesamten E-Mailverkehrs handelt es sich um Werbung. Allerdings ist die Versendung unverlangter E-Mail-Werbung rechtswidrig, wenn - wie in den meisten Fällen - keine Einwilligung der Betroffenen vorliegt. Es handelt sich um eine unzumutbare Belästigung, die mit einem erheblichem Schaden verbunden sein kann. Unterstellt man einmal hypothetisch, dass ein Mitarbeiter mit eigenem E-Mail-Konto in einem mittelständischen Unternehmen jeden Tag nur rund 5 Minuten seiner Arbeitszeit mit dem Sichten und Aussortieren von unerwünschten Werbe-E-Mails verbringt, addiert sich diese Zeit bei angenommenen 200 Arbeitstagen auf rund 16,7 Vollzeitstunden pro Jahr und Mitarbeiter. Aus diesem Grunde nutzen immer mehr Unternehmen die Möglichkeit, die Versender dieser lästigen Werbe-E-Mails abzumahnen. Die von den Gerichten im Falle der unerwünschten E-Mail-Werbung angesetzten Streitwerte liegen zumeist in einem Bereich zwischen 3.000 und 10.000 Euro. Dies wird auch damit begründet, dass dem Versender von E-Mail-Werbung aufgrund der zum Teil beträchtlichen Kosteneinsparung für seine Werbung ein konkreter Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Unternehmen entsteht. Nach dem Gesetz ist eine unverlangte Werbe-E-Mail ohne vorherige Einwilligung unzulässig. Im Streitfall muss der Versender die Einwilligung nachweisen.
Beispiel 2: Telefax-Werbung
Auch eine unverlangte Telefax-Werbung ist unzulässig und kann von den betroffenen Unternehmen abgemahnt werden. Hier kommen zu den Personalkosten, die durch das Sichten und Aussortieren entstehen, noch die Kosten für Faxpapier bzw. Verbrauchsmaterialien des Faxgerätes hinzu.
c) Verstöße gegen wettbewerbsbezogene Vorschriften
Insbesondere Unternehmen, die über eine eigene Homepage verfügen sowie Betreiber von Online- und eBay-Shops wissen oftmals nicht, dass sie auch im Internet eine Vielzahl von gesetzlichen Vorschriften beachten müssen und eine Abmahnung erhalten, wenn sie sich nicht entsprechend verhalten.
Dazu einige typische Beispiele:
Beispiel 1: Verstoß gegen die gesetzliche Impressumspflicht
Nach den Vorschriften des Telemediengesetz (TMG) haben Diensteanbieter, zu denen auch die Betreiber von geschäftlich genutzten Internetseiten und Online-Shops zählen, bestimmte Informationen auf ihren Seiten leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten. Hierzu zählen beispielsweise Angaben wie
- der Name des Unternehmens
- der Name des Vertretungsberechtigten
- die Anschrift des Unternehmens
- Angaben zur schnellen Kontaktaufnahme, z.B. Telefon-, Faxnummer, E-Mailadresse
- Umsatzsteueridentifikationsnummer und Registernummer
Sind die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben für das Impressum einer Internetseite, eines Online-Shops oder eBay-Shops gar nicht oder nicht vollständig enthalten, kann der Diensteanbieter abgemahnt werden. Auch die von den Gerichten in diesen Fällen zugrunde gelegten Streitwerte sind erheblich und können ohne weiteres 5.000 Euro pro Fall betragen. Entsprechend hoch sind die anwaltlichen Kosten. Unternehmen, die im Internet auftreten, sollten daher sicherstellen, dass ihr Impressum den gesetzlichen Vorschriften genügt. Um welche es sich dabei handelt, finden sie in § 5 Allgemeine Informationspflichten, Telemediengesetz.
Beispiel 2: Verstoß gegen die Vorschriften zum Fernabsatz
Auch so genannte „Fernabsatzverträge“, also Kauf- oder Dienstverträge sowie Finanzdienstleistungen, die zwischen Verbrauchern und Unternehmern per Telefon, per Internet oder über andere Fernkommunikationsmittel abgeschlossen werden, unterliegen gesetzlichen Vorschriften.
Bei Fernabsatzverträgen muss der Verbraucher beispielsweise über Möglichkeiten des Widerrufs- und Rückgaberechts informiert werden. Die Praxis zeigt allerdings, dass viele Betreiber von Online- und eBay-Shops ihren Belehrungs- und Informationspflichten nicht nachkommen und oftmals gar keine, nicht ausreichende oder falsche Angaben machen. Oftmals nutzen die Betreiber selbst gestrickte Widerrufsbelehrungen und AGB-Klauseln, die häufig gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen und das Risiko von Abmahnungen bergen. Eine anwaltliche Überprüfung kann auch hier vor Abmahnungen schützen. Eine genaue Übersicht zu den unternehmerischen Informationspflichten sowie zum Widerrufs- und Rückgaberecht und zu Fernabsatzverträgen allgemein befindet sich im Schuldrechtsmodernisierungsgesetz im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), Art. 240 ff. EGBGB sowie in der BGB-Informationspflichtenverordnung.
Darüber, wie der Verbraucher über sein Widerrufs- und Rückgaberecht sowie über die Widerrufsfrist belehrt werden kann, existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Meinungen in Rechtsprechung und Literatur. Es besteht selbst innerhalb der Rechtsprechung eine Kontroverse darüber, ob eine Belehrung im Angebotstext einer eBay-Auktion dem Verbraucher noch „vor“ dem Vertragsschluss „mitgeteilt“ worden ist (vgl. § 355 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Abs. 2 S. 2 BGB), so dass die Widerrufsfrist dann zwei Wochen betragen würde, oder ob bei eBay eine Belehrung grundsätzlich immer erst nach Vertragsschluss erfolgen kann, mithin die Widerrufsfrist einen Monat, beginnend mit dem Erhalt der Widerrufsbelehrung, betragen würde. Es ist daher wichtig, dass die Betreiber von Online- und eBay-Shops eine Widerrufs- und Rückgabebelehrung verwenden, die mit der aktuellen Rechtsprechung in Einklang steht. Darüber hinaus sollten auch keine selbst „gebastelten“ Geschäftsbedingungen verwendet werden. Vielmehr sollte eine anwaltliche Beratung in Anspruch genommen werden, da andernfalls jedes Angebot, das falsche Angaben enthält, das Risiko einer Abmahnung birgt.
2. Abmahnungen bei Verstößen gegen Markenrecht
Abmahnungen können auch bei Verstößen gegen Kennzeichenrechte (z.B. Markenrecht) erfolgen. Mit einer im Markenregister eingetragenen Marke können Unternehmen kraft Registereintragung das Monopol an einer Bezeichnung von Waren oder Dienstleistungen erlangen. Viele Unternehmer prüfen allerdings erst zu einem späten Zeitpunkt oder möglicherweise nie, ob die von ihnen gewählte Unternehmens- oder Produktbezeichnung schon „besetzt“ ist und sie mit deren Verwendung die Rechte Dritter verletzten. Eine spätere Kollision zwischen mehreren Kennzeichen (Marken, geschäftliche Bezeichnung, Firmennamen etc.) kann jedoch Existenz gefährdend sein. Es drohen Auskunfts-, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche (z.B. bei Verwechslungsgefahr). Es empfiehlt sich daher, bereits zu einem frühen Zeitpunkt zu prüfen, ob die verwendete Bezeichnung Rechte Dritter verletzt, beispielsweise durch eine Markenähnlichkeitsrecherche beim Deutschen Patent- und Markenamt. Sinnvoll ist in jedem Fall, die Bezeichnung als Marke registrieren zu lassen, wenn diese noch frei ist.
3. Abmahnung bei Verstößen gegen das Urheberrecht
Auch bei Urheberrechtsverletzungen kommt es häufig zu einer Abmahnung des Verletzers durch den Rechteinhaber. Das Urheberrecht (UrhG) schützt den Urheber in seiner geistigen und persönlichen Beziehung zum Werk sowie in der Nutzung seines Werkes. Zu den Werkarten zählen beispielsweise Sprach-, Musik-, Lichtbild-, Filmwerke, Werke der bildenden und angewandten Kunst. Das Urheberrecht sorgt außerdem für eine angemessene Vergütung für die Nutzung des Werkes. Bei Verletzungen stehen dem jeweiligen Rechteinhaber abhängig von den Umständen des Einzelfalls unter anderem Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Vernichtung und Schadensersatz zu.
Bei der Erstellung von Werbeprospekten, Logos, Internetseiten usw. sollte mit der beauftragten Agentur daher immer vereinbart werden, in welchem Umfang die Nutzungs- und Verwertungsrechte an den Arbeitsergebnissen auf den Auftraggeber übertragen werden. Verwendet das Unternehmen Grafiken und Fotos, zum Beispiel auf der Internethomepage oder bei eBay-Auktionen, sollte es in jedem Fall prüfen, bei wem die Urheberverwertungsrechte liegen und ob durch die Verwendung Rechte Dritter verletzt werden. Das gleiche gilt für den Einsatz von Musik, die zum Beispiel auf Internetseiten oder in Verkaufsräumen abgespielt wird. Wichtig ist, mit dem Urheber bzw. dem Rechteinhaber rechtssichere Vereinbarungen zu treffen, um Abmahnungen und / oder Nachforderungen durch den Urheber zu vermeiden.
In jedem Fall: Beratung
Unabhängig davon, ob das Unternehmen selbst abmahnt oder aber abgemahnt wird, sollte immer der Rat eines spezialisierten Anwalts eingeholt werden. Vor allem sollten bereits zum Zeitpunkt der Gründung kritische Punkte auf das Risiko einer Abmahnung hin geprüft werden. Dazu gehören
- der Name des Unternehmens
- der Name des Produkts oder der Marke
- Angaben in Geschäftsbriefen
- Impressumsangaben in Printmedien
- Angaben auf Internetseiten und Online-Shops
- Angaben in den Werbebotschaften des Unternehmens
Autor: Martin Walzer, LL.M., Rechtsanwalt
Kreuzkamp & Partner, Düsseldorf